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Pedelec: Elektrisch Rad fahren bald mit hohen Auflagen?

Pedelecs stehen hoch im Kurs. Alleine 2011 sind schätzungsweise 300.000 «Pedal Electric Cycles» in Deutschland eingeführt worden. Der Deutsche Verkehrsgerichtstag will die Vorteile nun zunichtemachen. Neue Regeln sollen her. Themen wie Helmpflicht, Tempolimit und Zusatzversicherung stehen auf der Tagesordnung.

Pedelec bald mit Helmpflicht?

Bald nur noch mit Helm auf dem Pedelec unterwegs? Foto: MTB Cycletech

Mit dem Elektrofahrrad fahren hat viele Vorteile. Unverschwitzt zum Job oder auch im Alter mobil sein sind Argumente, die den Markt wachsen lassen. Von den Umweltaspekten einmal ganz abgesehen. Geht es nach den Verantwortlichen aus dem Bereich Verkehrsrecht, so sollen ein Tempolimit, ein Führerschein und eine Helmpflicht eingeführt werden. Pedelecs sollen zu einer neuen Fahrzeugklasse ernannt werden, obwohl sie letztlich nur Fahrräder mit 250 oder 500 Watt elektronischer Akkuunterstützung sind. Auch eine bis dato nicht vorhandene Einführung eines Mindestalters von 15 Jahren zum Lenken eines Pedelecs soll eingeführt werden und eine Promillegrenze wie bei anderen Kraftfahrzeugen wird von Experten dringend gefordert.

Boom der Pedelecs nachhaltig gefährdet

Das würde den derzeitigen Boom drastisch stoppen. Viele würden davor zurückschrecken, sich ein Pedelec zu kaufen. Auch die innerstädtischen Leihstationen hätten das Nachsehen. Wer hat schon einen Helm dabei, wenn er mal kurz eine Stadtrundfahrt unternehmen will. Und wer will einen Führerschein für ein Elektrofahrrad machen und noch dazu eine Versicherung abschließen für ein Zweirad, dass genauso schnell ist wie der althergebrachte Drahtesel? Und: Was machen Eltern in bergigen Regionen in denen kein Schulbus fährt? Viele Eltern sind glücklich über die Erfindung des Pedelecs. Die Kinder sind mit den Elektrofahrrädern mobil und «Taxi Mama» kann zuhause bleiben. Auch ein nachhaltig umweltfreundlicher Aspekt, den Reglementierungen berücksichtigen sollten.

Grund zur Sorge: Die Unfallgefahr

Die Verantwortlichen des Deutschen Gerichtstages befürchten, dass das Unfallrisiko steigen wird, daher die Einführung der Helm- und Versicherungspflicht. Doch «die Unfallstatistiken sprechen dagegen», argumentiert die Pressesprecherin des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Clubs, ADFC, Bettina Cibulski. «Die aktuellste Unfallstatistik aus dem Jahre 2010 ist rückläufig. Mit 65.000 Unfällen in die ein Radfahrer verwickelt war, sank die Zahl um 5.000 und mit 381 Toten ist auch diese Zahl rückläufig». Eine gesonderte Unfallstatistik für Pedelecs gibt es übrigens nicht. Auch im Polizeibericht und bei den Statistikern gilt ein Pedelec als Fahrrad. Noch.

Pedelecs: So gefährlich oder ungefährlich wie ein Fahrrad

«Pedelecs sind wie Fahrräder. Die überwiegende Mehrheit ist nicht schneller als ein Fahrrad und hier gibt es auch weder Helm- oder Versicherungspflicht», argumentiert Bettina Cibulski. «Zudem: Warum sollte ein Pedelec-Fahrer gefährlicher im Straßenverkehr unterwegs sein, als ein konventioneller, strampelnder Fahrradfahrer. Wenn es zur Einführung einer Helmpflicht und auch der Versicherungspflicht käme, wäre das negativ. Denn der überwiegende Teil der Menschen kauft ein Pedelec, weil er sonst kein Fahrrad fahren würde. Auch sind es viele ältere Menschen, die sowieso nicht so schnell fahren.» Die meisten Pedelec-Fahrer sind über 55 Jahre alt.

Thema Fahrradhelm. Soll eine Helmpflicht eingeführt werden, so ist der Fahrradhelm nicht geeignet. Denn über Geschwindigkeiten von 20 Km/h ist keine 100-prozentige Sicherheit mehr gewährleistet. Mit einem Motorradhelm indes kann kein Mensch Fahrrad fahren, gibt Bettina Cibulski zu bedenken.

Pedelec bald mit Helmpflicht?

Auch der Allgemeine Auto Club Europa, ACE, warnt vor allzu rigorosen Regelungen für Pedelec-Fahrer. Foto: © MTB Cycletech

«Rechtlich den Menschen in die Speichen gegriffen»

Auch der Allgemeine Auto Club Europa, ACE, warnt vor allzu rigorosen Regelungen für Pedelec-Fahrer. «Wer den Leuten rechtlich in die Speichen greift, muss wissen, dass er damit eine Form der Mobilität behindert, die aus verkehrspolitischer, energiepolitischer, ökologischer und gesundheitspolitischer Sicht ideal und daher nur zu begrüßen ist», warnt der Sprecher des ACE, Rainer Hillgärtner.

Den Städten mit neuen Pedelec-Regelungen schaden?

Die Mobilität soll umweltbewusster und umweltschonender werden. Viele nutzen daher gerne das Pedelec für den Weg zur Arbeit. Der Grund, umweltfreundlich mobil, aber nicht verschwitzt zur Arbeit kommen. Die Zahl derer, die auch in Zukunft für den Weg zur Arbeit ein Pedelec kaufen wollen, würde durch neue Regelungen des Deutschen Verkehrsgerichtstages drastisch zurückgehen.

Ein weiteres Argument: Tourismus und Pedelecs in den Innenstädten ist eine ideale Verbindung. Viele Städte setzten mittlerweile auf Leih-Pedelecs, für die Stadtbewohner und die Touristen. Die umweltfreundlichen Mobilitätsvorteile würden so zunichte gemacht. Wer hat schon einen Helm dabei bei der spontan geplanten Stadtrundfahrt oder macht einen Führerschein, wenn er sich sonst auf dem elektrisch unterstützten Fahrrad nicht bewegt?

Mehr zum Thema Pedelec, E-Bike und Elektrofahrad, eine Übersicht und die Vorteile der Elektrofahrräder im Artikel:«Die leichte Art des Radfahrens mit Pedelec oder E-Bike».

Text: Jürgen Rösemeier