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Wer das Wollschwein retten will, der muss es essen
Das Mangalica-Schwein

Farmer und Feinschmecker lieben das Wollschwein

Biologisch gesehen sind sie Schweine. Trotzdem sehen sie eher aus wie Schafe und benehmen sich manchmal sogar wie Hunde. Die süßen Mangalica-Schweine überlebten den Kommunismus in Ungarn und erleben heute ihre Renaissance. Liebhaber wissen, warum das Wollschwein gerettet werden muss.

Es sieht schon merkwürdig aus: Das Mangalica-Schwein wirkt mit seinem lockigen Fell als hätte es zu nah an einem Genlabor genächtigt und wäre dabei versehentlich mit der DNA von einem Schaf in Berührung gekommen. Tatsächlich ist die Rasse aber im östlichen Ungarn beheimatet, wo sie als Nahrung für österreich-ungarische Herrscher aus den serbischen Sumadija-Schweinen gezüchtet wurde. Als der Kommunismus in Ungarn aufstieg, verschwand das Schwein beinahe völlig in seinem Heimatland und wurde erst nach dem Berliner Mauerfall von dem Tiergenforscher Peter Toth gerettet. Er kaufte die letzten Wollschweine und trug damit maßgeblich zu deren Erhalt bei. Heute zählen sie zum nationalen Kulturgut in Ungarn und leben dort wieder in Freiheit – Toth selbst ist Präsident der „Mangalica Breeders Association“.

Wer das Wollschwein retten will, der muss es essen!

Warum soll das mysteriöse Tier aber nun gerettet werden? Das Wollschwein braucht etwa 3-4x so lange bis es schlachtreif ist wie ein Schwein aus Intensivhaltung. Zudem bekommt es nur 5-6 Ferkel, eine Zuchtsau dagegen 9-10. Rein wirtschaftlich betrachtet gibt es wenig schlagende Argumente für den Erhalt der Tiere. Oder?

Das Mangalica-Fleisch gilt als Kobe-Fleisch unter den Schweinen. Es schmeckt saftig und ist nicht so trocken wie das Fleisch aus Massentierhaltungen. In den letzten Jahren wurden Schweine zunehmend so gezüchtet, dass sie kaum noch Fett haben, doch es stellte sich heraus: Ohne Fett wird das Fleisch geschmacklos. Das Mangalica-Schwein hat einen hohen Fettanteil und schmeckt dadurch einfach besser – wieder wie richtiges Fleisch! Das entspricht dem Wunsch der Menschen nach einer leckeren Alternative zu dem üblichen Schweinefleisch. Die Aufzucht der Wollschweine kommt außerdem der Forderung nach mehr Freilandhaltung entgegen – das Fleisch ist dafür generell teurer als jenes aus Massenproduktionen. Doch wer das Wollschwein erhalten will, der muss sein Fleisch essen, denn sein lockiges Fell sieht zwar flauschig aus, ist aber so rau wie ein Besen und wird deswegen bislang wenig genutzt.

Ein borstiges Haustier mit besonderen Eigenschaften

Obwohl das Mangalica-Schwein im Grunde ein Nutztier ist, haben viele Liebhaber seinen sozialen und freundlichen Charakter erkannt: Behandelt man die zahmen Tiere gut, dann werden sie so loyal wie ein Hund und folgen einem – man kann sogar mit ihnen spielen. Hört sich eigentlich nach einem perfekten Haustier an, oder? Einige Besitzer halten ihre Wollschweine bereits auf einem Stück Land mit Elektrozaun darum. Sie können ganzjährig draußen bleiben, brauchen keine spezielle Behandlung oder Hormone und suchen selbst nach Futter, graben z.B. Raupen aus und warten nicht darauf, dass man sie füttert.

Ein borstiges Haustier mit besonderen Eigenschaften

Die Mangalica-Schweine gelten als sehr robust und unabhängig, was ihre Gene umso interessanter macht. Sie geben uns eine Antwort auf die Frage, wie diese Fähigkeiten entstehen. Dafür muss der Genpool möglichst groß bleiben, die Population der Wollschweine muss eher steigen als fallen. Das Wollschwein präsentiert sich als eine schützenswerte und einzigartige Kreatur, von der wir in Zukunft vielleicht noch profitieren können. Viele Projekte in Europa setzen sich daher bereits für ihren Erhalt ein. Zuchtbedingungen verbessern und es sich schmecken lassen – das gelingt mit dem Wollschwein!

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Bild: depositphotos/Goldika/marclschauer, Text:  Isabel Binzer