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Wie nachhaltig sind H&M, Mango, Zara und Adidas wirklich?
Nachhaltige Mode

Wie nachhaltig sind H&M, Mango, Zara und Adidas wirklich?

Obwohl die Baumwollpreise momentan steigen, wird Kleidung immer günstiger. Vielen Verbrauchern geht das zu weit, sie verlangen mehr Transparenz entlang der gesamten Textilproduktion. Modeketten, wie H&M und Mango reagieren und setzen auf nachhaltige Kollektionen. Doch wie nachhaltig sind diese wirklich?

Beim Gang durch die Fußgängerzone winken sie uns aus den Schaufenstern entgegen: Hosen für 10€, Shirts für 5€, selbst Schuhe sind in vielen Läden bereits zu Mini-Preisen erhältlich. Klamotten werden immer billiger und das auf Kosten von Mensch und Umwelt. Denn damit Kleidung so günstig verkauft werden kann, wird dort produziert wo Umweltauflagen und Arbeitsrecht praktisch nicht existieren. Staaten wie Indien, Bangladesch und Sri Lanka waren lange die Superbillig-Standorte der Textilindustrie. Jetzt hat es die Branche jedoch auf neue Niedriglohnländer abgesehen: Äthiopien, Haiti, Kambodscha und Myanmar.

Mode auf Kosten von Mensch und Umwelt

Dumpinglöhne und lange Arbeitszeiten machen das Leben der Textilarbeiter unerträglich. In viele Fabriken werden sogar Kinder geschickt, weil den Erwachsenen der Umgang mit Chemikalien zu gefährlich ist. Extrem hohe Schwermetallanteile landen in den Abwässern, Antischimmelmittel werden eingesetzt, die die Grenze um das 500-fache übersteigen und die Grundwasserbelastung durch die konventionelle Baumwollproduktion ist enorm hoch.

Während Textilarbeiter und die Umwelt einen hohen Preis für die Herstellung unserer Kleidung zahlen, sind vor allem Modeketten, wie H&M, Zara, Mango, Adidas und Co. die Gewinner. Und das stinkt vielen Menschen inzwischen gewaltig. Längst haben sich Initiativen, wie der Fashion Revolution Day gegründet, der auf die Missstände in der Textilproduktion aufmerksam macht. Kampagnen, Workshops und immer neue Fair-Fashion-Labels sorgen für mehr Bewusstsein. Eine Entwicklung, die auch an den großen Modeketten nicht spurlos vorbeigeht.

Wie nachhaltig sind H&M, Mango, Zara und Adidas wirklich?

In viele Textilfabriken werden sogar Kinder geschickt, weil den Erwachsenen der Umgang mit Chemikalien zu gefährlich ist

Wie nachhaltig sind die großen Modeketten wirklich?

Und so bringen H&M und Mango passend zum Fashion Revolution Day unter ökologischen Sublabels neue nachhaltige Kollektionen auf den Markt. Mit der H&M Conscious Collection und Mango Committed präsentieren die Modehäuser Kleidung, die aus nachhaltigen Materialien gefertigt ist und demonstrieren so ihr gestiegenes Bewusstsein für die Probleme in der Textilherstellung.

Doch der Schein trügt. H&M setzt zwar teilweise auf nachhaltige Materialien, lässt diese aber unter anderem in Myanmar – dem Billigsten der Billiglohnländer produzieren. Seit Anfang März kämpfen Gewerkschaften in Myanmar um eine Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns von 2,50€ auf 3,86€ pro Tag. Das Ergebnis: Ausschreitungen. Vor Kurzem gab es Aufstände in einer Fabrik, die exklusiv für H&M produziert. Geld für Überstunden (14 Stunden pro Tag an sechs Tagen die Woche) wurden nicht bezahlt, als der Gewerkschaftsvertreter auf die Zahlung hinwies, wurde er gekündigt.

Syrische Flüchtlingskinder in türkischen Textilfabriken

Der britische Sender BBC berichtet, dass syrische Flüchtlingskinder in türkischen Textilfabriken ausgebeutet werden. Sie arbeiten dort zum Teil zwölf Stunden am Tag bei geringem Lohn und unter unzureichenden Sicherheitsvorkehrungen mit gesundheitsgefährdenden Chemikalien. Neben Einzel- und Onlinehändlern wie Marks & Spencer und Asos, lassen auch Mango und Zara Jeans in jenen Fabriken herstellen.

Auf Missstände angesprochen, zeigten sich die Modefirmen teilweise besorgt und beteuerten bei früheren Kontrollen keinen Hinweis auf eine Beschäftigung von Flüchtlingen oder Kindern gefunden zu haben. Der Zara-Mutterkonzern Inditex erklärte, die Wäscherei, in der Flüchtlinge laut BBC-Beitrag ohne ausreichenden Schutz arbeiten, sei bereits vor den Filmaufnahmen von Inditex selbst überprüft worden. Daraufhin habe man Verbesserungsmaßnahmen eingefordert.

Der Baumwollanbau und die Folgen

Jährlich sterben ca. 10.000 Menschen an Vergiftungen, die durch die Pestizide beim Baumwollanbau zustande kommen

Der Baumwollanbau und die Folgen

Baumwolle steht für gute Hautverträglichkeit und hohen Tragekomfort und ist deshalb nach wie vor das weltweit führende Material in der Textilherstellung, doch der Anbau von Baumwolle gehört zu den schädlichsten Anbaumethoden weltweit.

Schätzungen zufolge sterben jährlich ca. 10.000 Menschen an Vergiftungen, die durch den ungeschützten Umgang mit Pestiziden beim Baumwollanbau zustande kommen. Der immense Gifteinsatz auf Baumwollfeldern vergiftet ganze Landstriche und das Grundwasser. Zudem schluckt der Anbau so viel Wasser, wie alle privaten Haushalte weltweit zusammen. Er ist mitverantwortlich für die fortschreitende Austrocknung des Aralsees und dafür, dass sich im Nahen Osten Länder um die Nutzung grenzüberschreitenden Flusswassers streiten. Der weltweite Baumwollanbau führt zur Versalzung und Erosion der Böden und vergiftet das Grundwasser.

Das Baumwollgeschäft wächst weiter

Doch das Geschäft mit der Baumwolle wächst weiter. Inzwischen steigen sogar immer mehr Bauern vom Getreideanbau auf Baumwolle um. Grund dafür ist die momentane Preisexplosion auf dem Weltmarkt, der mit der wachsenden Nachfrage in China und Indien, sowie dem Trend zur Investition in Rohstofffonds zusammenhängt.

Immer mehr Labels setzen auf „Better Cotton“

Da Nachhaltigkeit in den Industrienationen immer mehr zum Wettbewerbsfaktor im Kampf um die Kunden wird, entdecken zahlreiche Produzenten die Better Cotton Initiative (BCI) für sich. Die BCI wurde 2005 von H&M, Ikea, Migros, Adidas und dem WWF gegründet und hat einen nachhaltigeren und sozialeren Baumwollanbau zum Ziel. Das heißt: weniger Pestizide, weniger Wasserverbrauch, bessere Sicherheits- und Gesundheitsstandards, sowie bessere Löhne. Mit einem BCI-Zertifikat können sich Mitglieder aller Produktionsstufen die Nachhaltigkeit ihres Handelns bescheinigen lassen, vom Farmer über den Lieferanten bis hin zum Endabnehmer. Bis 2015 sollen vier Prozent der weltweiten Baumwollproduktion aus der BCI kommen.

„Better Cotton“ vs. Bio

Adidas und H&M möchten in den nächsten Jahren komplett auf „Better Cotton“ umsteigen, was aber auch bedeutet, dass es dann in diesen Läden kein oder nur noch ein ganz kleines Segment an Mode aus biologischem Baumwollanbau geben wird. Kirsten Brodde, die Autorin des Buches "Saubere Sachen" sieht im Umstieg auf „Better Cotton" einen schleichenden Ausstieg aus der Biobaumwolle. Und tatsächlich kann man fragen, warum nicht gleich der Anbau von Biobaumwolle gefördert wird. Ist es richtig, mit der Better Cotton Initiative kleine Schritte zu gehen oder sollte der Einsatz von Pestiziden im Baumwollanbau nicht besser ganz verboten werden? Lieber ein bisschen grün als gar nicht? Wie ist eure Meinung dazu?

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Quellen: Bilder: Depositphotos/paulmhill, paulprescott, urf, Text: Meike Riebe