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Plastik zerstört unsere Weltmeere - kann ein Bakerium uns davor bewahren?
Plastik-Problem gelöst?

Superhelden-Bakterium rettet unsere Weltmeere

Keine Frage, Plastik zerstört die Umwelt. Durch unser Konsumverhalten können wir im Alltag Plastik reduzieren - und möglicherweise können wir auf die Unterstützung kleinster Organismen zählen. Neue Forschungsergebnisse aus Japan geben Anlass zur Hoffnung. 

Bis sich eine Plastikflasche in der Natur zersetzt hat, kann es rund 450 Jahre dauern. Rechnet man diese Zeitspanne auf die Millionen Tonnen von Kunststoff hoch, die weltweit jährlich produziert werden, kann das schon mal zu leichtem Schwindel führen. Abgesehen davon, dass jeder von uns durch den bewussten Verzicht auf unnötiges Verpackungsmaterial dazu beitragen kann, dass langfristig weniger Plastik im Meer schwimmt, gibt es auch immer mal wieder hoffnungsvolle Nachrichten aus der Wissenschaft.

Bakterium zersetzt PET-Kunststoffe

Diesmal kommen die News aus Japan. Dort sind Forscher vom Kyoto Institute of Technology auf ein Bakterium gestoßen, das Kunststoff zersetzt. Sein Name lautet Ideonella sakaiensis 201-F6 und es hat sich offenbar auf Polyethylenterephthalat spezialisiert, den Kunststoff, den wir eher unter der Abkürzung PET kennen und der hierzulande häufig für Flaschen verwendet wird. Mithilfe von zwei Enzymen zerlegt das Bakterium das PET in mehreren Schritten in seine Einzelteile: Das Enzym PETase wandelt den Kunststoff in ein Zwischenprodukt um, welches wiederum von der MHETase weiter abgebaut wird. Übrig bleiben Terephthalsäure und Glykol, zwei für die Umwelt ungefährliche Bestandteile von PET.

Könnte Ideonella sakaiensis also einen lang ersehnten Durchbruch für den Umweltschutz bedeuten? Die Reaktionen auf die Entdeckung des japanischen Forscherteams fallen eher verhalten aus. Denn der Abbauprozess geht leider nur sehr langsam vonstatten. Im Laborversuch brauchte das Bakterium sechs Wochen und eine Umgebungstemperatur von 30 Grad Celsius, um eine 0,2 Millimeter dicke PET-Schicht vollständig abzubauen. Angesichts der riesigen Mengen an Plastik, die bereits jetzt die Weltmeere verschmutzen, klingt das zugegebenermaßen nicht sehr vielversprechend.

Weniger Plastik im Meer dank winziger Organismen?

Es könnte außerdem sein, dass es sich bei Ideonella sakaiensis (noch) um ein Unikum handelt oder dass das Bakterium zumindest nur selten vorkommt. Die japanischen Forscher konnten es nämlich nur in einer einzigen von 250 Bodenproben nachweisen, die sie gezielt auf spezialisierte Organismen untersucht haben. Wobei man der Natur in diesem Fall möglicherweise sogar nachhelfen und die Bakterien unter Laborbedingungen züchten könnte.

Dafür muss allerdings erst einmal geklärt werden, wie sie überhaupt entstanden sind. Die Forscher vermuten, dass es sich um einen evolutionären Vorgang handelt, bei dem sich die Organismen an die Nahrungsgegebenheiten angepasst haben, die in den letzten Jahrzehnten nun einmal verstärkt durch PET-Kunststoffe geprägt werden. Ein in einem solch kurzen Zeitraum voranschreitender Prozess ist zwar selten, aber durchaus möglich. Und es wäre nicht das erste Mal, dass ein Organismus sich der Plastiksituation anpasst: Schon 2013 haben Forscher im Nordatlantik die Entstehung regelrechter „Plastisphären“ beobachtet. Dabei handelt es sich um große Mengen an Kleinstlebewesen, die sich auf kleinen Plastikteilchen ansiedeln und diese in noch winzigere Teile zersetzen.

Neu entdecktes Bakterium hat Recycling-Potential

Bei aller Kritik an Ideonella sakaiensis sehen Wissenschaftler durchaus Potential im Bereich des Recyclings. Denn aus den chemischen Bausteinen, in die das PET von den Enzymen des Bakteriums zerlegt wird, lässt sich ein hochwertiger Recycling-Kunststoff herstellen, der fast die gleichen Eigenschaften wie Neu-Plastik und eine deutlich bessere Qualität als herkömmliches Recycling-Plastik aufweist. Ob die Entdeckung des neuen „Plastikfressers“ tatsächlich Auswirkungen hat, wird sich zeigen. Spannend ist in jedem Fall die Erkenntnis, dass bestimmte Organismen in der Lage sind, sich innerhalb kürzester Zeit an veränderte Bedingungen anzupassen und der Umwelt damit möglicherweise einen wertvollen Dienst zu erweisen.

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Quelle: 2016 American Association for the Advancement of Science (AAAS),  Bild: Text: Ronja Kiefer