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»Jena Experiment«: Artenverlust zerstört Ökosystem
Das Jena Experiment

»Jena Experiment«: Artenverlust zerstört Ökosystem

Das weltweit größte Experiment zur Biodiversitätsforschung kommt zu unerwarteten Ergebnissen. 15 Jahre forschten Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) zu den Auswirkungen des globalen Artensterbens und präsentieren jetzt erstaunliche Ergebnisse.

2002 wurde das "Jena Experiment" etabliert, eines der größten Biodiversitätsexperimente weltweit. Koordiniert wurde das Langzeitprojekt von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Inwieweit sich der globale Artenverlust auswirkt und ob die Stoffkreisläufe in einem Ökosystem mit wenig Arten verändert sind, wurde in den 15 Jahren Forschungsarbeit geklärt. Professor Wolfgang Weisser von der Technischen Universität München (TUM) nennt zwei unerwartete Ergebnisse der Langzeitstudie: Biodiversität beeinflusse knapp die Hälfte der Prozesse im Ökosystem und intensive Grünlandbewirtschaftung erziele keinen höheren Ertrag als eine hohe Biodiversität. 

Intakte Ökosysteme sind für das Überleben aller Lebewesen notwendig. Sie sorgen für fruchtbare Böden, beeinflussen die Grundwasserqualität und tragen zur Produktion von Lebensmitteln bei, wie beispielsweise das Bestäuben durch Insekten, was essentiell für das Wachstum vieler Früchte ist. Welche Auswirkungen das weltweite Artensterben für die Ökosysteme hat, konnte durch die Besonderheit der Langzeitstudie im "Jena Experiment" verdeutlicht werden. Veränderungen in der Biodiversität zeigen sich meist erst nach vier oder fünf Jahren. Beobachtet wurde, dass in artenreichen Gemeinschaften die positiven Effekte wie etwa die Kohlenstoffspeicherung im Boden, die mikrobielle Atmung oder die Entwicklung der Bodenfauna erst mit der Zeit stärker wird. Umgekehrt werden aber auch die negativen Auswirkungen von Monokulturen erst später sichtbar. Schreitet das Artensterben voran, kann das dazu führen, dass Ökosysteme am Ende schlechter funktionieren, was laut Professor Weisser vom Lehrstuhl für Terrestrische Ökologie an der TUM, allerdings erst in ein paar Jahren in seinem gesamten Ausmaß erfassbar wird. 

Der Landwirt ist nicht erfolgreicher als die Natur

Die Ergebnisse von 80.000 Messungen auf mehr als 500 Versuchsparzellen führten unter anderem zu folgenden Schlussfolgerungen: 

  • Artenreichere Wiesen hatten über die gesamte Zeit des „Jena Experiments“ eine höhere Produktivität als artenarme Wiesen. Eine gesteigerte Bewirtschaftungsintensität durch zusätzliche Düngung und häufigeres Mähen erreichte denselben Effekt: Wenn ein Landwirt bestimmte Arten fördert und düngt, ist er im Durchschnitt betrachtet, folglich nicht erfolgreicher als die Natur. 
  • Die Energie der Biomasse (Bioenergiegehalt) von artenreichen Wiesen war deutlich höher, als der von artenarmen Wiesen, zugleich aber ähnlich hoch wie viele der heute stark subventionierten Arten wie etwa von Chinaschilf.   

Bessere Ökosystemdienstleistungen durch Biodiversität:

  • Artenreiche Flächen hatten eine bessere Kohlenstoffspeicherung.
  • Die Anzahl von Insekten und anderen Arten war deutlich höher. 
  • Wechselwirkungen zwischen Arten wie etwa Bestäubungen fanden häufiger statt. 
  • Artenreichere Wiesen transportierten Oberflächenwasser besser in den Boden.
  • Artenreiche Ökosysteme waren stabiler gegenüber Störungen wie Dürren oder Überschwemmungen als artenarme Ökosysteme.

Gewarnt wird daher, die Auswirkungen des Artensterbens nicht zu unterschätzen, insbesondere im Hinblick darauf, dass sich genaue Effekte erst in ein paar Jahren deutlich abzeichnen wird. Eines hat das "Jena Experiment" jedoch deutlich gemacht, dass globale Artensterben bedeutet nicht nur, dass ein Teil des evolutionären Erbes der Erde unwiederbringlich verloren geht und der Mensch seiner Fürsorgepflicht gegenüber anderen Geschöpfen nicht gerecht wird, sondern es hat direkte unangenehme Folgen für den Menschen.

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Quellen: Technische Universität München, Bilder: Technische Universität München, Text: Tine Esser