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Nicht böse gemeint, doch unterschiedliche Interpretationen bei Frau und Mann können Probleme in der Partnerschaft nach sich ziehen. ©iStockphoto

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Gesund im Geist

Welche Psychotherapie ist die richtige für mich?

Psychische Krankheiten und die sie auslösenden Krisen sind etwa ganz normales im Leben eines jeden Menschen. Doch Scham, Unwissenheit und zu wenig von der Krankenkasse zugelassene Psychotherapeuten verhindern oft eine rechtzeitige psychotherapeutische Behandlung. Welche Therapieformen es gibt, wie sie sich unterscheiden und wo man im Krisenfall Unterstützung bekommt, klärt dieser Artikel 

Depressionen, Panikattacken, Borderline, bipolare Störungen, generalisierte Angststörungen, ADHS: die Liste der seelischen Probleme ist lang und der Bedarf an Psychotherapie groß. Doch da die Zahl der von der Kasse zugelassenen Psychotherapeuten limitiert ist, dauert es in der Regel mehrere Monate, bis man ein Erstgespräch mit einem Psychotherapeuten führen kann. Und auch dann ist ja keineswegs gesichert, ob dieser Therapeut der richtige für einen ist.

Die Gruppentherapie ist unter Umständen erfolgsversprechend. ©iStockphoto

Die Gruppentherapie ist unter Umständen erfolgsversprechend. ©iStockphoto

Woran erkenne ich meinen Therapiebedarf?

Treten Verstimmungen, Beziehungskonflikte oder psychosomatische Beschwerden über einen längeren Zeitraum auf, sollte zunächst der Hausarzt konsultiert werden. Kann der keine organische Ursache feststellen, überweist er den Patienten mit einer Erstdiagnose zu einem Facharzt (Psychiater, Neurologe, Nervenarzt, Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Arzt für Psychosomatik). Dort können dann Art der Störung, geeignete Methode der Behandlung (stationär, medikamentös, psychotherapeutisch, kombiniert oder aber auch Zuweisungen zur Suchtambulanz, zu AA oder Blaukreuz, zu Partnerschaftsberatungen etc.), Eignung für die jeweilige Behandlung (z. B. Introspektion und Verbalisierungsvermögen) erarbeitet werden. Von dort aus sollten dann die entsprechenden Therapien eingeleitet werden.

Welche von der Kasse zugelassenen Therapieverfahren gibt es?

Die gesetzlichen Krankenkassen erstatten die Kosten für genau drei Verfahren, die sogenannten Richtlinienverfahren. Wer andere Methoden bevorzugt, muss entweder selbst in die Tasche greifen oder einen Antrag bei seiner Krankenkasse stellen. Bezahlt werden die psychoanalytische Psychotherapie, die tiefenpsychologische Psychotherapie und die Verhaltenstherapie. Diese Therapieangebote haben in Studien ihre Wirksamkeit bewiesen, unterscheiden sich aber nicht nur in Bezug auf ihre theoretischen Grundannahmen und ihre Methodik, sondern auch durch die Länge der Behandlung erheblich.

Die psychoanalytische Psychotherapie basiert auf  Sigmund Freuds Psychoanalyse. Die Grundannahme: Ungelöste Konflikte aus der Kindheit liegen den aktuellen psychischen Problemen zugrunde. Was in der Kindheit verdrängt wurde, prägt unser gesamtes Erleben und Fühlen. Zum Beispiel wird jemand durch eine Trennung vom Partner in eine Krise gestürzt, weil er in der Kindheit durch Trennung traumatisiert wurde. Ziel der Therapie ist es, diese unbewussten Konflikte und Traumata aus der Kindheit aufzuarbeiten, indem sie noch einmal durchlebt werden. Ein zentraler Begriff ist die Übertragung: Gefühle, die Personen in der Kindheit ausgelöst haben, werden auf den Therapeuten übertragen. Während der Therapie liegt man auf der Couch, der Therapeut sitzt hinter einem. Diese Therapieform ist die intensivste und langwierigste Form. Genehmigt werden bis zu 300 Stunden.

Die Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie hat dieselbe theoretische Basis wie die analytische Therapie – verzichtet aber auf die Couch. In dieser Therapieform geht es nicht so sehr um die allgemeine Aufarbeitung frühkindlicher Konflikte, sondern mehr um die gezielte Bearbeitung einzelner Probleme in der Gegenwart, etwa den Umgang mit Aggressionen, um psychisch bedingte körperliche Symptome oder Beziehungskonflikte. Die Kasse genehmigt zwischen 50 und 100 Stunden.

Die Verhaltenstherapie ist dagegen fast schon eine Kurzzeittherapie. Im Zentrum steht nicht die Aufarbeitung von Kindheitstraumata, sondern das Verhalten des Klienten, das sich aus seinen Erinnerungen und Emotionen, Wahrnehmungen und der Beurteilung eines Ereignisses zusammensetzt. In diesen Prozess schleichen sich im Lauf eines Lebens nur allzu leicht Wahrnehmungsstörungen ein. Das kann bei entsprechender Veranlagung zu einem verzerrten Welt- und Selbstbild führen und viel Kraft kosten. Plötzlich sieht sich jemand ständig persönlich attackiert, wo kein Angriff gemeint war oder gibt sich ständig die Schuld, obwohl er gar keinen Fehler gemacht hat. Es geht um die Bearbeitung konkreter Probleme, das kann der Stress am Arbeitsplatz sein oder die Höhenangst. Die Krankenkassen genehmigen in der Regel 25 bis 45 Stunden.

Viele weitere Fragen (etwa zum Ablauf einer Therapie, den Kosten oder den Patientenrechten) beantwortet die 40-seitige Broschüre Wege zur Psychotherapie. Man kann sie bei der Bundespsychotherapeutenkammer bestellen (Klosterstraße 64, 10179 Berlin) oder im Internet herunterladen.

Text: Oliver Bartsch
Quellen: Die Zeit, Brigitte, Bundespsychotherapeutenkammer
Bilder: iStockphoto