Noch nachhaltig? Bundesregierung kappt Solarförderung

Solarförderung wird offenbar um bis zu einem Drittel gekappt. Die Solarlobby konnte sich aber dennoch mit wesentlichen Forderungen durchsetzen.

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Die Bundesregierung will die Solarförderung offenbar um bis zu ein Drittel kürzen. Große Freiflächenanlagen sollten ab April mehr als 30 Prozent weniger Vergütung für Strom bekommen. © Fotolia

Die Bundesregierung will die Solarförderung offenbar um bis zu ein Drittel kürzen. Große Freiflächenanlagen sollten ab April mehr als 30 Prozent weniger Vergütung für Strom bekommen, hieß es in Regierungs- und Branchenkreisen. Bei kleineren Anlagen soll die Kappung bei etwa 20 Prozent ansetzen, bei mittelgroßen soll sie etwa ein Viertel betragen.

Dazu soll die staatlich garantierte Vergütung auf den erzeugten Strom künftig auf maximal 90 Prozent begrenzt werden, was die Einschnitte noch tiefer macht. Was darüber hinaus produziert wird, muss der Anlagenbetreiber selbst vermarkten oder selbst verbrauchen.

Da dies für Eigenheimbesitzer mit kleineren Dachanlagen einfacher ist, soll die Begrenzung hier noch unter 90 Prozent bleiben. Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) wollen die Pläne an diesem Donnerstag gemeinsam vorlegen.

Verbraucherschützer für stärkere Kürzungen

Die Kürzung der Solarstromvergütung von Dachanlagen bleibt hinter dem zurück, was Verbraucherschützer gefordert hatten. Zur Jahresmitte wäre die Einspeisevergütung ohnehin nach den bestehenden Regelungen um 15 Prozent gesunken.

Eine vorgezogene Kürzung um weitere fünf Prozentpunkte würde bedeuten, dass der Verbraucher für eine Kilowattstunde Solarstrom vom Dach künftig 19 Cent statt 24 Cent bezahlt. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hatte jedoch schon 15 Cent als auskömmlich bezeichnet.

Tatsächlich hatten kürzlich sogar Solarfirmen selbst vorgeschlagen, die Vergütung auf 19 Cent zu senken und dabei die Förderdauer auch noch von bislang 20 Jahren auf 15 Jahre zu reduzieren. Gemessen daran dürfte der jetzige Kompromiss für die Solarbranche durchaus verkraftbar sein.

Dass zudem große Freiflächenanlagen sogar eine Extrakürzung um 15 Prozent auf nun 30 Prozent hinnehmen müssen, zeigt, dass sich innerhalb der Solarbranche die Hersteller von Aufdach-Anlagen wie etwa der deutsche Branchenführer Solarworld AG in der Politik durchgesetzt haben.

Der Kompromiss ging zum Nachteil solcher Hersteller aus, die eher für große Freiflächenanlagen produzieren, wie zum Beispiel die Firma Firstsolar. Der Vorteil von Freiflächenanlagen, nämlich dass sie leichter zu steuern sind und deshalb zur Netzstabilität beitragen können, wurde offenbar in den Kompromissgesprächen zwischen Wirtschafts- und Umweltministerium nicht besonders gewürdigt.

Die Förderkürzung ist möglich, weil die Kosten der Solarmodul-Produktion weiter dramatisch fallen. Der Wirtschaftsflügel der Unionsfraktion im Bundestag hatte sich für weitere Einschnitte starkgemacht, weil der Solarzubau im vergangenen Jahr alle Zielvorgaben gesprengt hatte. So wurden Module mit einer Leistung von mehr als 7500 Megawatt verbaut, obwohl die Bundesregierung eine Menge von maximal 3500 Megawatt angestrebt hatte.

Die Förderkosten des Solarstroms, die von den Verbrauchern 20 Jahre lang über ihre Stromrechung abzuzahlen sind, überstieg damit bereits den Wert von 100 Milliarden Euro. Solarstrom trägt allerdings insgesamt nur rund vier Prozent zur Deckung des Strombedarfs bei.

Diese Ökostrom-Art steht überdies in der Kritik, weil sie in jeder Nacht und über weite Teile des Winters komplett ausfällt und durch einen weiteren, „doppelten“ Kraftwerkspark ersetzt werden muss. Die Kosten der Solar-Energieversorgung spiegeln sich damit nicht allein in der Höhe der Einspeisevergütung.

Mehrheit der Deutschen ist für den Ausbau

Kritiker der Solarsubventionen, auch aus dem Sachverständigenrat der Bundesregierung, hatten zuletzt sogar eine Deckelung des Solarzubaus auf 1000 Megawatt pro Jahr gefordert. Diese Position hatte sich zeitweise auch Wirtschaftsminister Rösler zu eigen gemacht. Offenbar ist es der Solarlobby gelungen, diese strikte Obergrenze noch zu verhindern. Röttgen galt immer als Gegner einer solchen starren Regelung. Branchenbeobachter bezweifeln, dass sich mit der neuen Förderkürzung der Solarzubau in diesem Jahr in den gewünschten Grenzen halten lässt.

Unterdessen ist eine Mehrheit der Deutschen einer Umfrage zufolge für den weiteren raschen Ausbau der Solarenergie. Eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts TNS Emnid habe gezeigt, dass 69 Prozent der Befragten den bisherigen Ausbau dieser Energieform durch die Politik nicht für zu schnell halten, erklärte der Bundesverband Solarwirtschaft als Auftraggeber der Untersuchung. 60 Prozent der Befragten vertraten demnach sogar die Meinung, die Politik tue zu wenig zur Förderung des Solarstroms.

Nach Ansicht des Verbandes sprechen die Ergebnisse indirekt gegen die geplanten weiteren Einschnitte bei der Förderung. Er warnte erneut, dass die diskutierten Veränderungen bei der Einspeisevergütung die Solarwirtschaft und die gesamte Energiewende gefährdeten.

Quelle: Reuters/AFP/Welt, Text: Sarah Kern