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Das Bewusstsein für fair produzierte Kleidung nimmt stark zu
ecowoman-Interview

Der lange Weg der fairen Kleidung

Das Bewusstsein für fair produzierte Kleidung nimmt stark zu, sagt Barbara Engel. Sie ist bei der Triaz Group für den Bereich Nachhaltigkeit zuständig. Im ecowoman-Interview erzählt sie von ihrem Einsatz für faire Arbeitsbedingungen in der Textilbranche.

Die Freiburger Unternehmensgruppe Triaz, zu der die Versandhäuser Waschbär, Vivanda und Pranahaus gehören, ist eines der führenden Unternehmen der Öko-Branche und steht für ein nachhaltiges und menschengerechtes Wirtschaften. „Triaz“ steht für den Dreiklang aus sozialer, ökologischer und ökonomischer Verantwortung.

Als Mitglied der Fair Wear Foundation (FWF) setzt sich das Unternehmen für faire Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie ein. Im ecowoman-Interview erzählt Barbara Engel, wie das funktioniert, berichtet von Chancen und Herausforderungen und wirft einen Blick in die Zukunft fair produzierter Kleidung.

ecowoman: Die Triaz Group ist Mitglied der Fair Wear Foundation. Wofür steht diese genau?

Barbara Engel, sie ist bei der Triaz Group für den Bereich Nachhaltigkeit zuständig.

Barbara Engel, sie ist bei der Triaz Group für den Bereich Nachhaltigkeit zuständig.

Barbara Engel: Das Besondere an der Fair Wear Foundation ist, dass es sich um eine Multi-Stakeholder-Initiative handelt. Das bedeutet, dass NGOs, also Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften, Unternehmer-Initiativen und Mitarbeitervertretungen gleichermaßen vertreten sind und ein gut vernetztes Miteinander von Interessengemeinschaften bilden, das aus meiner Sicht einzigartig ist.

Warum hat sich die Triaz Group für eine Mitgliedschaft entschieden?

Es ist nicht so einfach, sich als Händler alleine für faire Arbeitsbedingungen einzusetzen. Wir haben schon immer soziale Arbeitsbedingungen bei unseren Partner eingefordert, aber für eine effektive Kontrolle braucht man Experten, die sich mit den Bedingungen in den jeweiligen Ländern auskennen und die Sprache der Menschen dort sprechen.

Die Fair Wear Foundation bietet diese professionelle Unterstützung. Uns hat deren Ansatz gut gefallen: Sie prüft strikt, vergibt aber keine Zertifikate. Man kann soziale Arbeitsbedingungen auch aus unserer Sicht nicht zertifizieren, es gibt keinen Stempel, der sagt: „hier läuft alles richtig“. Die vielen Bedingungen, die erfüllt werden müssen, können sich sehr schnell verschieben; ist ein Punkt erledigt, kommt ein neuer dazu und so weiter. Es gibt in diesem Bereich kein Zurücklehnen.

Wir sprechen von fairen Arbeitsbedingungen: Was bedeutet das eigentlich? Welche Aspekte spielen eine Rolle?

Es gibt acht Normen, zu deren Einhaltung sich unsere Partner bekennen und die im jeweiligen Unternehmen für alle Mitarbeiter sichtbar ausgehängt werden müssen:

1. Keine Kinderarbeit
2. Keine Diskriminierung am Arbeitsplatz
3. Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz
4. Bezahlung von existenzsichernden Löhnen
5. Betriebsrat oder Mitarbeitervereinigung
6. Vertraglich vereinbarte Arbeit (Kündigungsschutz etc.)
7. Keine Sklavenarbeit
8. Geregelte Arbeitszeiten (keine Überstunden)

Wir sprechen von fairen Arbeitsbedingungen: Was bedeutet das eigentlich? Welche Aspekte spielen eine Rolle?

Näherin in China - das Engagement für faire Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie gilt weltweit.

Wie sorgen Sie dafür, dass diese Normen eingehalten werden?

Zunächst einmal müssen sich unsere Lieferanten ganz klar zu den Bedingungen der Fair Wear Foundation bekennen. Von geschulten Experten lassen wir im Rahmen von Audits vor Ort prüfen, ob die Normen eingehalten werden. Danach wird ein Bericht erstellt, der abgesehen von einer genauen Beschreibung der Gegebenheiten auch eine Liste mit allen Punkten enthält, die verbessert werden müssen.

Daraus ergibt sich ein Maßnahmenplan, der mit Fristen für die Umsetzung versehen ist. Dafür sind wir bei Triaz zuständig. Wir bleiben am Ball, haken nach und veranlassen gegebenenfalls Schulungen, die dann in den entsprechenden Betrieben von den Teams der Fair Wear Foundation durchgeführt werden und bei denen die Menschen über ihre Rechte und Pflichten aufgeklärt werden. Das ist eine tolle Möglichkeit, die richtig was bringt. Außerdem sprechen wir natürlich mehrmals im Jahr mit unseren Lieferanten und es gibt kein Gespräch, bei dem die sozialen Arbeitsbedingungen nicht Thema wären.

Was passiert, wenn ein Partner die Bedingungen nicht mehr erfüllt?

Wir machen grundsätzlich keinen Haken an die Erfüllung der Bedingungen, denn es gibt immer etwas zu tun. Wenn wir feststellen, dass es in einem Betrieb nicht so läuft wie es sollte, verschärfen wir unsere Kontrollen, lassen den Partner aber nicht fallen, denn damit wäre niemandem geholfen.

Stellen Sie sich vor, in einer Näherei gäbe es Kinderarbeit. Wir kämen dahinter und beendeten die Zusammenarbeit. Dann änderte sich nichts und die Kinder müssten weiter in der Fabrik arbeiten, statt in die Schule gehen zu können. Anstatt dessen müssten klare Vorgaben gemacht und deren Einhaltung überprüft werden, damit die Kinder aus dem Arbeitsverhältnis gelöst werden. Nur wenn sich in diesem Prozess ein Lieferant absolut quer stellen würde, würden wir die Partnerschaft beenden. So lange ein jedoch Partner bereit ist, etwas zu ändern und dies auch in der Praxis zeigt, machen wir weiter. Und ein gewisses Vertrauen gehört natürlich auch dazu. Nicht umsonst arbeiten wir mit den meisten unserer Lieferanten schon lange zusammen.

Im Jahr 2015 haben 22 Lieferanten in 35 Fabriken Textilien für Triaz Eigenmarken produziert. Was heißt hier „lange Zusammenarbeit“ konkret?

Drei Viertel unserer Partner beliefern uns seit mehr als fünf Jahren, viele von ihnen sogar weit länger. Das ist ein typisches Phänomen der Öko-Industrie. Wir sind auf eine geringe Anzahl an zuverlässigen Lieferanten angewiesen, die sowohl die sozialen als auch die ökologischen Bedingungen erfüllen und außerdem noch relativ geringe Stückzahlen produzieren. Deshalb sind wir als Händler keineswegs in einer Machtposition, sondern auf das Wohlwollen und die Motivation unserer Partner angewiesen. Umso enger, partnerschaftlicher und langfristiger ist natürlich die Zusammenarbeit.

Haben Sie den Eindruck, dass sich in der Textilbranche im Hinblick auf die fairen Arbeitsbedingungen in den letzten Jahren etwas geändert hat?

Bei den Lieferanten gilt: Je länger man zusammen an bestimmten Themen arbeitet, desto stärker wächst das Bewusstsein. Und ja, sowohl bei den Herstellern als auch bei den Verbrauchern sind die sozialen Arbeitsbedingungen wesentlich wichtiger geworden, wichtiger manches Mal als die Ökologie. Das liegt auch daran, dass das Thema in den letzten Jahren in der Presse sehr präsent war.

Gibt es Überschneidungen in den Bereichen Öko und Fair Trade?

Es gibt Bereiche, in denen beide Themen Hand in Hand gehen, zum Beispiel Arbeitssicherheit und Gesundheit. Wenn die Öko-Richtlinien den Einsatz von bestimmten Chemikalien verbieten, dann verbessern sich automatisch auch die gesundheitlichen Bedingungen für die Arbeiter und andersherum. Grundsätzlich ist Bio aber nicht gleich Fair.  

Kümmert sich die Fair Wear Foundation auch noch um andere Bereiche?

Die FWF konzentriert sich bisher ausschließlich auf die Nähereien. Als die Organisation gegründet wurde, hat man sich diesen Fokus gesetzt um im ersten Schritt die Arbeitsbedingungen von möglichst vielen Menschen verbessern zu können. Und das gelingt nun einmal in den Nähereien, weil dort Einzelteile von Hand gefertigt werden und mit Abstand die meisten Arbeiter tätig sind. Die anderen Produktionsstufen in der Textilbranche sind wesentlich stärker industrialisiert.

Keine Diskriminierung am Arbeitsplatz

Bosnien gehört zu den Fertigungsländern der Triaz group.

Gibt es viele Nachfragen von Kunden, die sich für das Thema der sozialen Arbeitsbedingungen interessieren?

Wir haben sehr kritische Kunden, sodass es immer mal wieder Nachfragen gibt. Weil wir aber generell sehr transparent arbeiten, bleiben im Grunde wenige Fragen offen. Den aktuellen Stand und die Fortschritte in Sachen faire Arbeitsbedingungen kann man zum Beispiel sehr gut im jährlichen Sozialbericht nachvollziehen.

Die Kunden wollen uns als Händler vertrauen können und dieses Vertrauen wollen wir mit der Mitgliedschaft in der Fair Wear Foundation und auch mit der GOTS-Zertifizierung untermauern. Wir entwickeln uns kontinuierlich weiter und investieren stark in die Kontrolle von Nachhaltigkeit, fairen Arbeitsbedingungen und Ökologie.

Sie leiten den Nachhaltigkeits-Bereich bei der Triaz Group. Wie groß ist Ihr Team?

Wir sind zu fünft, haben also ein recht großes Team. Die intensive Arbeit an sozialen Arbeitsbedingungen und die Begleitung unserer Lieferanten nimmt sehr viel Zeit in Anspruch. Und je weiter wir vorankommen, desto intensiver wird die Arbeit, desto mehr gibt es zu tun. Auch die Kontrolle der ökologischen Qualitäten gehört natürlich zu unseren Aufgaben.  

Zeit für ein Zwischenfazit: Was konnte bisher erreicht werden? Was steht noch an?

Das Bewusstsein für die Thematik wächst und wir machen täglich Fortschritte. Aber wir werden nie an den Punkt kommen, dass wir uns zurücklehnen und sagen können: Jetzt haben wir es geschafft. Der Einsatz für faire Arbeitsbedingungen in der Textilbranche ist ein immerwährender Prozess und es gibt weltweit noch sehr viel zu tun. Verstärkt auch durch die rasant fortgeschrittene Globalisierung und den Wegfall vieler regionaler Produktionsstätten.

Und wir können nur etwas erreichen, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Das betrifft natürlich die Textilunternehmer, die alle in einem Boot sitzen, egal ob sie aus der Öko-Branche kommen oder nicht. Aber auch die Politik ist gefragt, denn nur mit ihrer Hilfe können bestimmte Bedingungen in den jeweiligen Ländern verankert werden. Es hört sich immer so einfach an, aber das ist es leider nicht – es ist ein langer Weg, auf dem jeder Schritt zählt.

Frau Engel, vielen Dank für das Gespräch!

Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz

Arbeiter in einer türkischen Näherei, in dem Kleidungsstücke für die Triaz group produziert werden.

Weitere Informationen zum Unternehmen und dessen Leitlinien finden Sie bei der Triaz Group. Alles Wichtige zum Thema faire Arbeitsbedingungen in der Textilbranche erfahren Sie bei der Fair Wear Foundation.

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Quellen: Triaz Group GmbH, Bild: Triaz Groupt/ depositphotos/nesharm, Text: Ronja Kieffer