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Nach Fukushima: Reaktorkatastrophe, Leid und Tier Gesundheit

Viel wurde über Fukushima, den verheerenden Tsunami und die folgende Reaktorkatastrophe sowie das Schicksal vieler Menschen gesprochen. Doch, wer sprach von den Tieren, deren Gesundheit und Überlebenschancen? (c) Thinkstockphotos

Nach Fukushima: Mutter und Kind wohlauf. Und die Tiere?

‚Der Mensch ist sich selbst am nächsten‘, ist ein Spruch, der zwar nicht neu, aber leider oftmals wahr ist. Dies bewies erneut die Katastrophe nach dem Tsunami und dem folgenden Reaktorunfall vor anderthalb Jahren im japanischen Fukushima. Denn, gemäß staatlichem Verbot, mussten die Besitzer von 15.000 Hunden und Katzen, 3.500 Kühen, 30.000 Schweinen und 440.000 Hühnern die Tiere in der Evakuierungszone zurücklassen. Studie belegt posttraumatisches Symptom bei Hunden.

Wohl nahezu jeder saß entsetzt vor dem Fernseher und betrachtete ungläubig die Folgen des verheerenden Tsunamis in Japan und die anschließende Reaktorkatastrophe in Fukushima. Was geschieht mit der Natur und den Menschen, fragten sich sicherlich viele. Aber, wer dachte eigentlich an die Tiere?

Am Anfang gingen die Menschen in der 20 bis 30 Kilometer messenden Evakuierungszone davon aus, dass sie das geliebte Haustier oder die Tiere ihres Bauernhofes nach wenigen Tagen retten könnten. Doch, aus Tagen wurden Wochen und das Verbot, Tiere aus der Evakuierungszone rund um den Fukushima Reaktor gilt bis heute. Weder TEPCO noch die japanische Regierung hat das Tierleid verhindert. Viele Tiere starben, was unausweichlich ist, sind sie im Haus, in einem Gatter im Stall oder in einer Koppel eingesperrt. Tote Katzen auf der Straße liegend, tote Hühner im Stall, tote Kühe im Gatter des Milchbetriebes – Aktivisten haben diese Szenerien festgehalten und veröffentlicht, viel genutzt hat es nicht. Denn: Viele Tiere starben an Hunger und Dehydrierung. Nur wenige haben halb verwildert überlebten, nur wenige konnten - übrigens unter Strafandrohungen - von Mitgliedern der Organisation Savefukushimaanimals gerettet werden; so auch 17 Hunde, die in einer Studie untersucht wurden.

Eine Studie belegt: Fukushima-Hunde leiden an posttraumatischem Stress-Symptom

Man nehme ein Mensch, der eine dramatische Situation hinter sich hat, ein großes Unglück erlebte oder Opfer einer Straftat wurde. Er bekommt sofort professionelle Hilfe, denn jeder weiß, die Mehrheit der Opfer leidet am posttraumatischen Stress-Symptom. So auch die 17 Hunde, die evakuiert und in einer Universitätsstudie untersucht wurden.

Die Fukushima-Hunde wurden mit einer Gruppe ebenfalls ausgesetzter oder entlaufener, herrenloser Hunde aus einem anderen Landesteil Japans verglichen. Das Ergebnis: ein fünf bis 10-fach höherer Cortisol-Wert wie bei der Vergleichsgruppe. Cortisol ist ein für höhere Tiere und auch den Menschen überlebenswichtiges Hormon für den Stoffwechsel. Es ist gleichzeitig, neben den Katecholaminen, aber auch ein Stresshormon. Damit ist rein hormonell belegt worden, dass die Tiere unter massivem Stress leiden.

Doch auch das Verhalten ist eindeutig vergleichbar mit dem, was bei Menschen mit posttraumatischem Stress-Symptom zu beobachten ist. Das Ergebnis: Die Hunde waren weniger aggressiv gegenüber fremden Menschen und Artgenossen, sie waren schlechter zu trainieren und zeigten weniger Zuneigung zu ihren Pflegern. Erst nach etwa 10 Wochen war eine Abnahme des Cortisol-Niveaus im Urin zu messen.

Die Wissenschaftler können nun nicht eindeutig belegen, warum der vergleichsweise hohe Stresshormon-Level ein Vielfaches höher lag, als bei der Vergleichsgruppe. Die Hauptursache sei das plötzliche Verlassenwerden, aber auch das auf der Richterskala mit 9,0 gemessene, starke Erdbeben kann ein Faktor sein, der den dramatischen Stress bei den Tieren selbst ein Jahr nach der verheerenden Katastrophe noch bewirkte.

Nur Geduld und behutsame Langzeitpflege kann helfen

Die Hunde benötigen eine Langzeit-Pflege und –Fürsorge, ganz wie ein Mensch in vergleichbarer Situation, resümieren die Forscher. Zumindest die 17 Hunde hatten daher Glück. Einige andere überleben wohl auch, da es immer wieder Aktivisten gibt, die in die Sperrzone unerlaubt eindringen und versuchen, die Tiere zu füttern. Für die meisten der fast 500.000 Tausend domestizierten, auf Anordnung zurückgelassenen Tiere ist das schreckliche Leid sowieso schon lange vorüber.

Es gab relativ früh nach der Katastrophe von Fukushima übrigens eine Tierschutzgruppe, die unter Savefukushimaanimals.com eine dringende Petition online stellte, die die verwaisten Tiere retten sollte. Genützt hat es scheinbar nicht viel und der Newskanal der Tierschützer auf Twitter schweigt seit dem 16. Juli. Diesen Jahres.

Fukushima - nicht nur eine Katastrophe für Mensch und die Umwelt.

Wer wirklich hart im nehmen ist und es lesen kann, ein paar beispielhafte Geschichten von den Entdeckungen verzweifelter Tierschützer... Manche mit gutem Ausgang: Stories von Savethefukushimaanimals. Hier kann man lesen, dass es zumindest nicht an den Tierbesitzern lag, dass die Tiere die Zone nicht verlassen konnten. Weltweit sieht übrigens kein Evakuierungsplan bei Großschadensereignissen vor, dass auch Tiere gerettet werden.

Quellen: news.sciencemag.org, savefukushimaanimals.com, nature.com, Text: Jürgen Rösemeier