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Nadine Schubert sagt Plastik den Kampf an
Nadines Erfahrungsbericht

Familienleben: Unser Leben ohne Plastik

„Was vermissen Sie an Ihrem alten Leben am meisten?“ Das ist eine Frage, die mir immer wieder gestellt wird, wenn ich erzähle, dass ich ein Leben ohne Plastik führe. Und ganz ehrlich: Mir fällt nichts ein! Ich vermisse nichts, ich bereue nichts und ich habe auch nicht das Gefühl, auf irgendetwas verzichten zu müssen.

Ganz im Gegenteil. Denn ich habe mich und meine Familie davon befreit, konsumieren zu müssen und das zu kaufen, was uns die Werbewelt als notwendig vorgaukelt. Meine Kinder sagen übrigens trotzdem noch Mama zu mir.

Ich heiße Nadine Schubert, bin 35 Jahre alt und lebe mit meinem Mann und meinen zwei Kindern (3 und 11 Jahre alt) in Neuschleichach im fränkischen Steigerwald. Eigentlich sind wir eine ganz normale Familie. Das Einzige, was uns von anderen unterscheidet ist, dass Mami kein Plastik kauft. Und das ist der springende Punkt. Denn ganz ohne Plastik kommen auch wir nicht aus. Staubsauger, Waschmaschine und Auto gibt es nicht aus Holz oder Edelstahl. Ehrlich gesagt, stört mich das aber nicht, denn all diese Dinge verwende ich über viele Jahre. Was ich aber sehr strikt nicht kaufe sind in Kunststoff verpackte Lebensmittel.

Die Wende kam im Jahr 2013 

Während meiner zweiten Schwangerschaft sah ich eine Reportage über Plastikmüll in den Ozeanen und über Schadstoffe in Plastikprodukten, die unserer Gesundheit schaden. Das hat mich aufhorchen lassen und ich wollte mehr wissen. Also habe ich Suchmaschinen geplagt und mich mehr in das Thema eingelesen. Gleichzeitig sah ich, wie viel Plastikmüll bei uns im Haushalt anfällt. Jeden Monat fuhr ich mit meiner mehr als prall gefüllten blauen Ikea-Tasche zum Wertstoffhof, um ihn zu entsorgen. Plötzlich störte ich mich daran und beschloss: Damit muss Schluss sein. Heute leere ich die Ikea-Tasche noch einmal im Jahr.

Bestandsaufnahmen sind grausam

So viele Tetra-Paks, Käse- und Wurstverpackungen, Beutel von Müsli, Nudeln und Gummibärchen. Und überhaupt war unser Haus voller Plastik. Der Badschrank quoll über mit Shampoos und Duschgels. Für jede Laune ein Badezusatz in der Plastikflasche. Die Küchenschränke voll mit Vorratsdosen aus Kunststoff. Wie viele Verkaufsveranstaltungen ich dafür besucht hatte! Meine kleine Welt bestand aus Plastik. Sollte ich jetzt, wie Familie Krautwaschl aus Österreich, Tabularasa machen und alles ausräumen? Das erschien mir nicht sinnvoll. Denn schließlich war alles gekauft und bezahlt – und somit das Kind in den Brunnen gefallen. Also beschloss ich, dass kein neues Plastik mehr dazukommen soll. Angefangen habe ich in der Küche.

Klarspüler in der Glasflasche statt im Kunststoffbehälter

Was es plastikfrei nicht zu kaufen gibt, wird selbstgemacht. So wie der Klarspüler für die Spülmaschine oder der Frischkäse, den Nadine Schubert nur aus Joghurt herstellt und ihn dann nach Belieben würzt.

Essen ohne Plastik und trotzdem satt werden

Ich wollte keine Lebensmittel mehr kaufen, die in Plastik verpackt sind. Für Wurst und Käse aus der Frischetheke nahm ich Dosen mit. Ich hatte mir extra zwei aus Edelstahl gekauft. Ein bisschen Angst hatte ich vor meinem ersten Einkauf schon, denn man hörte immer von Hygienevorschriften, die verboten, dass in mitgebrachte Behälter verpackt wird. Stimmt aber nicht! Die Nachfrage beim Lebensmittelkontrolleur im Landratsamt ergab: Solange die Dose auf der Theke stehenbleibt, ist keine Vorschrift verletzt. Obst und Gemüse kaufe ich nur noch lose, Milch, Sahne und Joghurt gibt es im Glas. Bei Nudeln und Reis gelang mir der Umstieg auch, denn beides habe ich in Papierverpackungen gefunden. Gummibärchen und Chips wurden von der Einkaufsliste gestrichen. Ebenso wie Kaugummi. Denn ich wusste bisher dato nicht, dass Kaugummi zu 85 Prozent aus Erdöl besteht. Wer will das denn im Mund haben???

Frau Schubert, womit waschen Sie sich?

Auch eine der Fragen, die ich oft höre. Was macht jemand, der kein Duschgel mehr kauft? Die Antwort ist simpel, trotzdem kommen viele nicht von selbst drauf. Seife. Stinknormale Seife. Am besten ohne Palmöl, denn dafür werden Plantagen dort angelegt, wo eigentlich Regenwald stehen sollte. An meine Haare lasse ich nur noch Wasser und Haarseife. Ich brauche nichts mehr, kein Kämmbarkeitsfluid, keinen Haarschaum, kein Fönspray. Allenfalls benutze ich etwas Haarspray, um meine Schnittlauch-Pracht etwas zu festigen.

Plastikfreie Alternative: Zahnbürsten aus HolzBeim Blick ins Bad der Familie Schubert fällt eines auf: Es ist deutlich übersichtlicher ausgestattet: Holz- statt Plastikzahnbürsten, in der Dusche nur Haarseife und selbstgemachtes Peeling, neben der Toilette Sodapulver als WC-Reiniger. Minimalismus, der sich auszahlt - für Umwelt und Geldbeutel.

Nix kaufen ist das neue kleine Schwarze

Das ist der springende Punkt. Ich bin eben nicht die, die man sich vorstellt unter einer Öko-Tante. Denn ich habe mein Leben nicht aufgegeben. Ich möchte mich mal als modebewusst bezeichnen. Ich lege Wert auf ein anständiges Make-Up, bin frisiert und kaufe meine Klamotten nicht auf dem Mittelaltermarkt. Aber ich kaufe mir nicht, wie früher, acht paar Schuhe im Jahr, jeden Winter einen neuen Mantel oder die fünfundsechzigste Handtasche. Hab ich alles schon, jetzt is gut. Wenn ich nicht alles falsch mache, dann passe ich auch in fünf Jahren noch in meine Jeans. Meine Füße werden wohl auch nicht mehr wachsen. Und deshalb bin ich zufrieden mit dem, was ich habe. Denn auch das machen wir uns nicht bewusst: Für unsere Kleidung, egal ob billig oder teuer, arbeiten Menschen unter widrigen Bedingungen. Deshalb kaufe ich lieber weniger, dafür Qualität und trage meine Sachen länger.

Jede Frau kann gut aussehen und trotzdem nachhaltig(er) leben

Genau darauf kommt es an. Ich möchte zeigen, dass niemand sein Leben komplett umkrempeln muss. Du bist immer noch Du, auch wenn Du ein paar Dinge anders machst. Aber wir müssen endlich damit aufhören, uns auf andere zu verlassen. WIR tragen die Verantwortung für die Welt, in der wir leben. WIR bestimmen, was produziert wird, weil wir es kaufen – oder eben nicht. Diesen Joker können wir ausspielen. Der Umwelt zuliebe. Für unsere Kinder. Für uns. 

Sie wollen mehr über ein plastikfreies Leben erfahren? Nadine Schubert teilt ihre Erfahrungen in ihrem Buch: "Besser leben ohne Plastik". Weiterlesen…

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