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Tierwohl

Garantieren mir diese Kennzeichnungen wirklich Tierwohl?

Wer als Verbraucher bei Produkten tierischen Ursprunges auf Tierwohl achten möchte, kann sich an den zahlreichen Siegeln von Bio- und Tierschutzverbänden orientieren. Aber wofür stehen sie jeweils genau? 

Massentierhaltung verursacht großes Tierleid und steht deswegen bei Tierschützern schon lange in der Kritik. Mit dieser Haltungsform sollen vor allem günstige Preise erreicht und die hohe Nachfrage nach Fleisch befriedigt werden. Die Leidtragenden sind Hühner, Schweine, Rinder und Co. die unter Platzmangel, fehlenden Beschäftigungsmöglichkeiten und möglicherweise unter einem schlechten gesundheitlichen Zustand leiden. Artgerechte Haltung sieht definitiv anders aus.

Andere Formen der Nutztierhaltung, wie zum Beispiel bei der biologischen Landwirtschaft, versprechen eine bessere Behandlung der Tiere. Erkennen lassen sich Fleisch und Produkte tierischen Ursprungs aus alternativen Haltungsformen anhand von Siegeln oder Kennzeichnungen. Auf den ersten Blick weiß man aber selten direkt, wofür sie stehen und was sie genau bedeuten. Neben den 4-stufigen Haltungskennzeichen des Handels und der Initiative Tierwohl existieren nämlich noch Kennzeichen von Bio-Verbänden oder sogar Tierschutzvereinen. Wir stellen die Wichtigsten vor.

EU-Bio-Siegel

EU-Bio Siegel

Verpackte Lebensmittel, welche die europäische Öko-Verordnung einhalten, tragen das EU-Bio-Siegel. Es steht für den Verzicht auf Gentechnik und artgerechte Tierhaltung. Tiere haben hier nämlich mehr Platz und werden mit ökologisch angebautem Futter gefüttert. Der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft ist nach der Öko-Verordnung verboten.

  • Bei der Hühnerhaltung dürfen in den Ställen maximal 10 Tiere pro m2 gehalten werden und die Mindestanzahl von 4800 Tieren pro Stall darf nicht überschritten werden. Auch ein befestigter und überdachter Außenklimabereich ist vorgeschrieben.
  • Das Hühnerfutter muss Bio-Qualität haben und zu 20 Prozent aus dem eigenen Anbau des Betriebs stammen. Die Schnäbel des Geflügels dürfen nicht gekürzt werden und Antibiotika werden nur verabreicht, wenn es wirklich notwendig ist.
  • Rinder müssen ab dem Alter von 12 Monaten die Möglichkeit haben, in den Vegetationsperioden auf Weideland grasen zu dürfen. Ihr Futter hat zu 100 Prozent Bio-Qualität, 60 Prozent davon stammen dabei vom eigenen Zuchtbetrieb. Bei Kälbern dürfen in Ausnahmefällen die Hörner entfernt werden, eine routinemäßige Entfernung findet nicht statt. Antibiotika werden nur im Krankheitsfall verabreicht. Der Weg zur Schlachtung darf nicht länger als 4 Stunden dauern, um lange Transporte zu vermeiden.
  • Schweine werden nach den EU-Richtlinien ebenfalls nur mit Futter in Bio-Qualität gefüttert, hier müssen 20 % des Futters aus eigenem Anbau stammen. Die Kastration von Ferkeln ist mit der Verabreichung von Schmerzmittel erlaubt. Ringelschwänze dürfen nicht routinemäßig gekürzt werden, dies wird in der konventionellen Tierhaltung getan, um das gegenseitige durch Stress ausgelöste Schwanzbeißen der Schweine zu verhindern.
  • und Antibiotika werden nicht ohne konkreten Grund verabreicht.
  • Die Transportdauer zur Schlachtung richtet sich bei Schweinen und Hühner nach den gesetzlichen Vorgaben.

Demeter

Demeter ist mit seiner Gründung 1924 der älteste Bioverband hierzulande. Die Vorgaben des Verbandes gehen weiter als die der EU-Öko-Verordnung. Deutschlandweit gibt es 1.778 Landwirte, die nach den Vorgaben von Demeter biodynamisch wirtschaften. Biodynamisch bedeutet, dass auf den Höfen eine Kreislaufwirtschaft stattfindet. Die Tiere werden dabei von den eigenen landwirtschaftlichen Erzeugnissen ernährt und ihr Mist dient dann wiederum dazu, den Boden zu düngen.

  • Demeter-Betriebe sind vollständig auf biologische Bewirtschaftung umgestellt. Das heißt, alle Bereiche müssen sich nach den Vorgaben des Verbandes richten.
  • Das Futter für die Tiere muss zu 100 Prozent Bio-Qualität haben, dabei müssen 50 Prozent des Futters vom eigenen Betrieb stammen. Tiere werden in Demeter-Betrieben in kleinen Herden gehalten, um ihr natürliches Rang- und Sozialverhalten zu ermöglichen.
  • Bei Kühen wird auf die schmerzhafte Praxis der Enthornung verzichtet und auch das Abschneiden von Schwänzen bei Schweinen ist verboten.
  • Für die Fleischproduktion muss der Transport zur Schlachtung so kurz wie möglich andauern und wenn es möglich ist, soll die Schlachtung regional stattfinden. Die Schlachthöfe sollen nach den Zielen von Demeter dabei auch eine tierschutzgerechte, respektvolle Behandlung von Tieren ermöglichen.

Frau kauft abgepacktes Fleisch

Naturland

Der Bio-Verband Naturland möchte mit seinem Siegel für nachhaltiges Wirtschaften, praktizierten Natur- und Klimaschutz, Sicherung und Erhalt von Biodiversität, Luft und Wasser und Verbraucherschutz stehen. Der Verband möchte ökologisch, sozial und fair handeln und dafür gehen die Richtlinien wie auch bei Demeter über die der EU-Ökoverordnung hinaus. Bei der Tierzucht soll das Tierwohl immer an erster Stelle stehen.

  • Naturlandbetriebe müssen vollständig auf die biologische Bewirtschaftung umgestellt, eine Teilbetriebsumstellung ist nicht möglich.
  • Milchvieh, Schafe und Ziegen haben während der Vegetationsperiode immer Zugang zu Weidefläche im Freien und Legehennen haben immer die Möglichkeit zu Auslauf ins Freie. Bei schlechtem Wetter können die Hühner in einen überdachten Außenklimabereich, in dem sie Kontakt zu frischer Luft haben.
  • Bei Hühnern dürfen die Schnäbel nicht gekürzt werden, bei Ferkeln ist eine Kastration nur unter Betäubung oder mit Schmerzmitteln erlaubt. Kühen dürfen in Ausnahmefällen enthornt werden. Bei Naturland ist die vorsorgliche Gabe von Antibiotika nur in Ausnahmefällen erlaubt.
  • 50 Prozent des Bio-Futters muss bei Naturlandhöfen vom eigenen Betrieb stammen.
  • Der Weg zum Schlachthof darf für Tiere von Naturlandhöfen nicht länger als 4 Stunden andauern.

Siegel des Deutschen Tierschutzbundes

Der Deutsche Tierschutzbund setzt sich mit eigenen Tierheimen und verschiedenen Projekten für den Tierschutz ein. Mit dem eigenen Siegel werden Produkte tierischen Ursprungs gekennzeichnet, welche Tierschutzstandards erfüllen. Dadurch sollen Nutztiere in der Landwirtschaft artspezifische Verhaltensweisen ausleben und beibehalten können. Bisher gibt es das Siegel für Masthühner, Mastschweine, Legehennen und Milchkühe, zukünftig soll es für mehr Tiere erweitert werden.

  • Bei dem Siegel wird zwischen der Einstiegsstufe und der Premiumstufe unterschieden. Die Einstiegsstufe mit einem Stern steht für ein größeres Platzangebot, bessere Strukturen und vielfältigere Beschäftigungsmöglichkeiten als in der konventionellen Nutztierzucht.
  • In der Premiumstufe mit zwei Sternen haben die Tiere sogar noch mehr Platz und Angebote zur Beschäftigung. Die Tierhaltung orientiert sich hier noch stärker an dem natürlichen Verhalten der Tiere. Sie haben hier unter anderem direkten Kontakt zum Außenklima und werden nicht nur im Stall gehalten.
  • Die Nutztiere dürfen hier allerdings auch mit konventionellem Futter gefüttert werden und nicht nur mit Bio-Futter.
  • Schnabelkürzungen bei Hühnern sind erlaubt, Ferkel dürfen unter Betäubung oder mit Schmerzmitteln kastriert werden, das Abschneiden von Schwänzen ist aber verboten.
  • Antibiotika dürfen nur bei Krankheit verabreicht werden. Der Transport zur Schlachtung darf für alle Tiere nicht länger als 4 Stunden dauern.

Neuland

Neuland Logo

Das Neuland-Markenzeichen des landwirtschaftlichen Fachverbandes Neuland e.V. soll für tiergerechte Haltung und eine umweltschonende, bäuerliche Landwirtschaft stehen. Der Kauf von Neuland-Produkten leistet laut eigener Aussage einen Beitrag zum Tier- und Umweltschutz. Landwirte, Fleischer und Schlachtbetriebe müssen die verschiedenen Kriterien von Neuland erfüllen.

  • Die Tiere müssen mehr Platz als gesetzlich vorgeschrieben haben und im Stall gibt es Tageslicht. Eine Haltung mit Fixierung ist nicht erlaubt und es gibt Stroh in den Ställen.
  • Zusätzlich gibt es Auslaufmöglichkeiten, um den natürlichen Bedürfnissen der Tiere nachzukommen.
  • Das Futter muss eine regionale Herkunft haben, außerdem ist gentechnisch verändertes Futter verboten.
  • Antibiotika dürfen nicht präventiv verabreicht werden.

Bei der Schweinehaltung werden keine Ringelschwänze gekürzt und generell wird darauf geachtet, dass es genug Beschäftigungsmöglichkeiten gibt. Der Weg zur Schlachtung ist nach den Kriterien von Neuland nicht länger als 200 Kilometer.

Quellen: Deutscher Tierschutzbund, Demeter, Naturland, Neuland, Greenpeace, Bilder: Depositphotos/ahavelaar, ryzhov, Text: Fatma Cevik