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Altenpflege
So viel unbezahlte Arbeit

Werden wir Frauen durch Care-Arbeit ausgebeutet?

Weltweit wird wichtige Care-Arbeit wie Kindererziehung oder die Pflege von Angehörigen vor allem von Frauen geleistet, ohne dafür eine Bezahlung zu erhalten. Welche Probleme ergeben sich daraus für uns und was kann dagegen getan werden? 

Was gehört zur Care-Arbeit?

Bei Care-Arbeit geht es in erster Linie um Tätigkeiten, bei denen man sich um andere sorgt und kümmert. Dazu gehören zum Beispiel die Versorgung von Neugeborenen und Gebärenden, die Erziehung, Bildung und Betreuung von kleinen Kindern, familiäre oder professionelle Pflege von Kranken und behinderten Menschen, Altenpflege oder Sterbepflege. Aber nicht nur körpernahe Pflegetätigkeiten gehören zur Care-Arbeit, sondern auch Aufgaben wie Kochen, Putzen, Reparaturen oder Hausarbeit. Ein Großteil der Care-Arbeit findet im privaten Rahmen wie der Familie statt, und ist deshalb unbezahlt. In vielen Fällen erledigen Frauen den Großteil dieser Arbeit und das kann existenzbedrohend werden.

So groß ist die Ungerechtigkeit weltweit

Dass man sich um die eigenen Kinder oder Angehörige kümmert und dafür kein Geld erhält, scheint erst mal eine Selbstverständlichkeit zu sein. Schließlich möchten wir, dass es unseren Liebsten gut geht. Und wer sich zum Beispiel dazu entscheidet, ein Kind zu bekommen, weiß in der Regel, dass das viel Zeit und Mühe kostet. Das Problem bei unbezahlter Care-Arbeit liegt aber darin, dass weltweit etwa drei Viertel davon von Frauen geleistet wird. So bleibt ihnen weniger Zeit, um einer bezahlten Tätigkeit nachzugehen. Es entstehen dadurch Unterschiede bei Einkommen, Vermögen und dem Einfluss der Geschlechter. Auch hier in Deutschland arbeiten Mütter häufig in Teilzeit, während viele Väter in Vollzeit beschäftigt sind. Global verdienen Frauen im Schnitt 23 Prozent weniger als Männer und Männer verfügen über 50 Prozent mehr Vermögen. Und dabei arbeiten Frauen eigentlich nicht weniger als Männer. Im Gegenteil: In den meisten Ländern arbeiten Frauen im Durchschnitt am Tag mehr Stunden als Männer. Im Gegensatz zu Männern werden Frauen für einen Großteil ihrer täglich verrichteten Arbeit nicht bezahlt, da es sich dabei um Tätigkeiten wie Kinderversorgung und Erziehung, Putzen, Kochen oder die Pflege von kranken oder alten Angehörigen handelt. Und diese Arbeit ist zwar unbezahlt, aber trotzdem unverzichtbar.

Frauen im globalen Süden leiden besonders

Afrikanische Frauen holen Wasser

Besonders viel Zeit in unbezahlte Care-Arbeit investieren Frauen in armen Gebieten der Welt, in denen es keine ausreichende Infrastruktur gibt. Wer zu Hause kein fließendes Wasser hat, muss zum Beispiel lange und beschwerliche Wege auf sich nehmen, um die Familie an einem Brunnen damit zu versorgen. In Ländern des globalen Südens leiste Frauen im Vergleich zu Männern so bis zu fünfmal mehr Zeit an Care-Arbeit ab. Es bleibt somit kaum Raum für andere Dinge. Aufgrund dieses Problems und einem oft fehlender Zugang zu Bildung sind dann nur wenige Frauen politisch aktiv oder in wirtschaftlichen Führungspositionen. Gesellschaftlichen Einfluss haben somit vor allem Männer. Auch in Deutschland macht sich die unbezahlte Care-Arbeit für viele Frauen in einem niedrigeren Verdienst und später durch eine kleine Rente bemerkbar. So leisten Frauen ihr Leben lang beruflich und privat wichtige Arbeit und sind im Alter dann trotzdem von Armut bedroht.

Was muss gegen dieses Ungleichgewicht getan werden?

Rollenbilder überdenken

Häufig übernehmen wir Frauen immer noch einen Großteil der Hausarbeit oder Kinderbetreuung. Vielleicht weil wir es von unseren eigenen Müttern gewohnt sind oder einfach davon ausgehen, dass es „sich so gehört“, als Mutter immer Ansprechpartner Nummer eins für die Kinder zu sein. Wer sich auch beruflich verwirklichen möchte oder sich einfach mehr Zeit für sich selbst nimmt, hat schnell Angst, als Rabenmutter abgestempelt zu werden oder sein Kind zu vernachlässigen. Dabei sind Väter genauso für die Erziehung zuständig und können Aufgaben ebenso gut erfüllen wie Mütter. Eine klare, faire Aufgabenteilung und ständiges Kommunizieren sind wichtig, damit Gleichberechtigung herrscht und kein Frust aufkommt. So kann der gemeinsame Alltag gemeistert werden, ohne dass einer auf der Strecke bleibt. Und auch wir Frauen müssen an uns arbeiten, um ohne schlechtes Gewissen Verantwortung abgeben zu können.

Kinderbetreuung

Kochen mit Baby in der Trage

Bei Paaren mit Kindern haben beide Elternteile nur dieselben beruflichen Möglichkeiten, wenn die Kinderbetreuung gesichert ist. Dafür muss vonseiten der Politik ein sicheres Betreuungssystem für alle Familien zur Verfügung gestellt werden. Wer lange auf Kitaplätze wartet oder viel Geld für diese Zahlen muss, betreut seine Kinder vielleicht doch lieber zu Hause. Häufig sind es dann aber die Mütter, die sich tagsüber um den Nachwuchs kümmern. Ein ausreichendes Betreuungssystem bringt aber nur etwas, wenn es von den Eltern auch angenommen wird. Oft gibt es noch die Vorstellung, dass Kinder zu Hause bei Mama besser aufgehoben sind und in einer Kita mit anderen Kindern nicht ausreichend beachtet und gefördert werden können. Dabei bietet eine Kinderbetreuung außer Haus viele Vorteile, zum Beispiel indem schon kleine Kinder das Sozialverhalten in einer Gruppe erproben und lernen können.

Faire Bezahlung

Zu Berufen, in denen Care-Arbeit entlohnt wird, gehören Pflege- und Betreuungsberufe wie Erzieher oder Alten- und Krankenpfleger. Also Berufe im sozialen Bereich, die typischerweise gering bezahlt werden, obwohl sie systemrelevant sind und Arbeitskräfte hier unbedingt benötigt werden. Menschen, die in diesem Bereich tätig sind, tragen viel Verantwortung und müssen eine umfangreiche Ausbildung absolvieren, um dem Berufsalltag gewachsen zu sein. In diesem Bereich arbeiten immer noch vor allem Frauen, die trotz wichtiger Arbeit von einem geringen Lohn und später einer kleinen Rente leben müssen. Schon lange fordern Arbeitnehmer aus dem Care-Bereich eine bessere Bezahlung und mehr Wertschätzung. Diesen Forderungen muss endlich nachgekommen werden, um faire Verhältnisse zu schaffen, und somit auch viele Frauen finanziell besser zu stellen.

Durch Entwicklungshilfe Frauenrechte stärken

Nur ein Prozent der von Deutschland geleisteten Entwicklungshilfe fließt in die Unterstützung von Frauen und Frauenrechtsorganisationen. Der Anteil muss erhöht werden, um Frauen auf der ganzen Welt beim Aufbau einer eigenen Existenz zu unterstützen. Auch die stärkere Finanzierung von Kinderbetreuung und Schulen in Entwicklungsländern gehört zu der wichtigen Hilfe, die Deutschland hier noch leisten kann. Eine Möglichkeit wäre auch ein globaler Fond für soziale Sicherheit, der armen Menschen eine Absicherung ihrer Zukunft ermöglicht. Durch Bildung und Unterstützung bei der Betreuung von Nachwuchs oder Angehörigen, haben Frauen die Möglichkeit ihr Leben freier zu gestalten, eigenes Geld zu verdienen und sich gesellschaftlich stärker einzubringen.

Quellen: Oxfam, Bayerischer Rundfunk, Bundeszentrale für Politische Bildung, Bilder: Depositphotos/alexraths, joaquincorbalan, imagex, Text: Fatma Cevik