Ein kleiner Auszug aus dem Ökosiegel-Wahn. Über 100 weitere Siegel weltweit sollen den ökologischen Ursprung oder fairen Handel nachweisen ©ecowoman.de

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Ökosiegel-Bombardement

Chaos bei Ökosiegeln in der Modebranche

In der Modebranche herrscht ein Chaos, was Zertifikate und Öko-Siegel betrifft. Der Verbraucher wird mit 120 Öko- und Sozialsiegeln bombardiert und es ist schier unmöglich sich im Irrgarten der Siegel-Vielfalt zurechtzufinden. Rufe nach einheitlichen Regeln und einer Dezimierung der Öko-Siegel werden immer lauter.

Öko-Siegelflut in der Textil- und Bekleidungsindustrie. Eine Untersuchung der Unternehmensberatung It fits kam zum Ergebnis, dass 50 Prozent der 120 Siegel institutionelle, unabhängige Ökotextillabel sind, 20 Prozent staatliche Label und Richtlinien inklusive Bio-Anbauverordnungen und 22 Prozent firmeneigene Öko-Textillabel. Die Mehrzahl davon zertifiziert Umweltrichtlinien und nur 17 Prozent Sozialverträglichkeit. Jedes fünfte Siegel befasst sich mit den drei Säulen Ökologie, Soziales und Ökonomie.

Ein Irrsinn, der vorbeizielt an den Verbraucherinteressen, nämlich einfach und pragmatisch erkennen zu können, welches Produkt tatsächlich wichtige Kriterien erfüllt. Selbst für Insider ist nicht zu erkennen, welche Zertifizierung hinter den einzelnen Siegeln steckt. Das Label GOTS beispielsweise spiegelt eine Überprüfung der Prozesskontrollen wider, während bei Faserzertifizierungen wiederum nicht der Prozess, sondern der Warenfluss unter die Lupe genommen wird, wie etwa bei Organic Content Standard 100. Dann gibt es noch den Öko-Tex Standard 100, der sich bei der Zertifizierung auf Rückstandskontrollen konzentriert.

Blauer Engel bei Modeunternehmen unbeliebt

Auch Sinn und Zweck einiger Zertifizierungsmaßnahmen ist in Frage gestellt. Einige Siegel sind recht leicht zu erhalten, während andere höhere Maßstäbe ansetzen. Für den Verbraucher ist dies kaum zu erkennen. Der Blaue Engel für Textilien beispielsweise gilt als anspruchsvoll, wird jedoch bisher von keinem Modeunternehmen verwendet.

Die Folgen: Verbraucher sind überfordert, verunsichert und haben kein Vertrauen in den Siegel-Irrgarten. Eine aktuelle Studie der Europäischen Kommission ergab, dass 77 Prozent der Europäer mehr Geld für umweltverträgliche Produkte ausgeben würden, wenn sicher wäre, dass sie tatsächlich umweltschonend sind. Knapp die Hälfte glaubt nicht an das, was die Hersteller angeben und 55 Prozent sind über die Auswirkungen, die ein Produkt auf die Umwelt hat, zu wenig informiert.

Siegel-Chaos schadet Öko-Textilien

Die Europäische Kommission fordert als Konsequenz einheitliche Methoden zur Messung der Auswirkungen von Produkten auf die Umwelt. Ökobilanzen lautet hier das Zauberwort. Die Textilbranche führt jedoch eine andere Diskussion, die sich vielmehr um eine Konzentration um weniger Standards dreht. Die Meinungen pendeln zwischen der Einführung eines neues Siegels oder einer Stärkung bereits bestehender.

Diskussion hin oder her. Eine pragmatische und verbraucherfreundliche Lösung muss auf den Tisch. In der Untersuchung von It fits kam auch ans Tageslicht, dass eine Fokussierung der Labels dem Gesamtmarkt zu Gute käme, denn das Siegel-Wirrwarr sei einer der Gründe, weshalb der Anteil der Ökotextilien immer noch relativ gering sei.

Quelle: messefrankfurt.com
Text: Peter Rensch