Mit den Waffen der Marktfrauen
Kokosnüsse, Bananen oder Kräuter zu verkaufen, ist für Frauen auf Fidschi, den Salomonen und Vanuatu oft die einzige Einnahmequelle. Doch die Risiken sind hoch: Angesichts schlechter Hygiene- und Sicherheitsbedingungen stellen Märkte eine Gefahrenquelle für die Verkäuferinnen dar. Noch.
Männer, die ihren Rausch ausschlafen. Andere, die lallend Bier anpreisen, von dem sie selbst zu viel genossen haben. Dazu der Gestank von Essensresten, der Ungeziefer anlockt. Jeden Morgen wurden die Bäuerinnen und Bauern von diesem Szenario in der Markthalle der salomonischen Hauptstadt Honiara begrüßt. Dann nämlich, wenn sie ihre Produkte zum Verkauf ins düstere Gebäude trugen.
Seit etwa sechs Monaten gehört es der Vergangenheit an. „Wir haben Öffnungszeiten eingeführt“, erklärt Moreen Sariki, Präsidentin der „Honiara Market Vendor Assiociation“, „jetzt ist der Markt zwischen 18.00 abends und 6.00 Uhr morgens geschlossen. Die Reinigungsarbeiten können so besser verrichtet werden. Betrunkene bleiben draußen.“ Was einfach klingt, ist einer der ersten Schritte auf einem anstrengenden Weg.
Märkte haben auf Fidschi, Vanuatu und den Salomoninseln einen hohen Stellenwert. Der von der Regierung geführte Markt Honiaras macht einen Jahresumsatz von 9 bis 14 Millionen Euro. Es ist ein Umsatz, für den zu 90 Prozent Frauen verantwortlich sind – schließlich sind 75 bis 90 Prozent aller Marktverkäufer im Pazifik weiblich. Doch das „schwache Geschlecht“ hat in der melanesischen Gesellschaft kaum Mitbestimmungsmöglichkeiten. Seit 2014 versucht das Projekt von „UN Women´s Markets for Change (M4C)“ genau das zu ändern. Neben Informationen zu Markt-Regeln und Hygienevorschriften sowie Business-Trainings hat sich die Gründung von repräsentativen „Market Vendor Associations“ (MVA) als essentiell herausgestellt. „Die Verkäuferinnen hatten bisher keinen Respekt vor der Stadt- und Marktverwaltung – und umgekehrt“, weiß Moreen, „zuerst dachte die Verwaltung, dass wir sie kontrollieren möchten. Mittlerweile respektiert man uns, man fragt uns um Rat und hört auf uns.“ Schließlich dient das Ganze einem Zweck: Die Märkte sicherer, nicht-diskriminierender und hygienischer zu machen. Etwas, das nicht nur den Frauen selbst, sondern auch der Verwaltung zugute kommt.
„Obwohl Marktverkäuferinnen als normale Frauen betrachtet werden, ist ihr Beitrag in Sachen Verdienst und wirtschaftlicher Beitrag sehr wichtig“, weiß Moreen Sariki, die mit dem Verkauf ihrer Erdnüsse rund fünfzig Euro pro Tag einnimmt.
Wie notwendig diese Bemühungen etwa in Honiara ist, zeigt das Beispiel mit den Öffnungszeiten all zu gut. „Ich habe früher in der Markthalle übernachtet“, erzählt Georgina. Sie ist nur eine von Vielen, die nur am Wochenende in ihr Dorf zurückkehren. „Es gab keine Zäune“, so siebenfache Mutter, „einmal haben mich Männer mit Messern angegriffen. Sie haben all meine Melonen gestohlen.“ Um ihre Waren, die Lebensgrundlage für ihre Großfamilie, muss sie sich heute keine Sorgen mehr machen: Zwar verbringen Georgina und andere Verkäuferinnen jetzt die Nächte auf der Straße; durchs Schließen der Markthalle können sie aber immerhin getrost schlafen. Wissen sie doch, dass ihre wertvollen Süßkartoffeln, Erdnüsse und Kürbisse bewacht sind. „Es wäre großartig, wenn die Stadt Schlafstätten zu Verfügung stellen würde“, geht für Moreen der Kampf für ihre über 300 MVA-Mitglieder weiter, „auf Fidschi ist das gelungen.“
Der Erdnuss- und Kokosöl-Verkäufer Matthew Samani ist als Mann eine Seltenheit auf dem Markt. Seit zwei Jahren ist der sechsfache Vater im Vorstand der Marktverkäufer-Association und Manager seines Sektors.
Auch in Honiara wurde schon viel erreicht: So übernehmen Freiwillige morgens und abends die Reinigung der Markthalle. Außerdem stellt die Gruppe ihren Mitgliedern kostenlos Zelte zum Schutz gegen die Sonne zu Verfügung, und gegen einen Umkostenbeitrag können die Verkäuferinnen täglich Sessel anmieten. „Wir möchten Bodenplanen kaufen“, hat die zweifache Single-Mom weitere Ideen, „damit die Waren hygienischer präsentiert werden können.“ Es ist nicht das einzig offene Projekt: „Wir erinnern die Frauen täglich daran, keinen Abfall zu hinterlassen“, meint sie und fügt hinzu: „Bis das fruchtet, wird es aber noch etwas dauern.“
Weitere Informationen unter: asiapacific.unwomen.org
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Quellen: Bilder: Doris Neubauer, Text: Doris Neubauer