Kommt Die Nürnberger Wurst jetzt aus Amerika?
Die EU und USA verhandeln über ein neues Freihandelsabkommen. Doch Skeptiker befürchten Nachteile für Europa.
Es klang so vielversprechend: ein gemeinsamer Wirtschaftsraum. Die EU und die USA wollen die Zusammenarbeit intensivieren und durch das TTIP-Abkommen (Transatlantic Trade and Investment Partnership) einen Wirtschaftsraum schaffen für rund 800 Millionen Verbraucher. Der Vorteil: EU und USA passen Zölle, Standards für Sicherheit und Regeln des Wettbewerbs aneinander an, so dass Importe und Exporte einfacher und günstiger durchgeführt werden können. Experten sind sich einig, dass dies in der EU Millionen von Arbeitsplätzen schaffen und Lohnerhöhungen mit sich bringen kann. Neues Know-how könnte der Wirtschaft Impulse geben und der Außenhandel bekäme neuen Schwung. Außerdem sind Preissenkungen realistisch, weil bei Produkteinfuhren keine Zölle mehr gezahlt werden müssen.
Nachteile für die EU?
Klingt paradiesisch und doch häufen sich die Zwischenrufe der Zweifler. Die Kritik dreht sich zum Beispiel um Aufweichungen bei der Qualität der Lebensmittel. So machte das in den USA gängige Chlor-Huhn die Runde und andere Kritiker innerhalb der EU glauben, wir müssten auf notwendige Sicherheitsstandards verzichten. Falls sich die USA in den Verhandlungen durchsetzt befürchten die Gegner des Freihandelsabkommens Verschlechterungen in den Segmenten Arbeitnehmerrecht, Gesundheit und Umwelt, da in den USA beispielsweise Fracking durchgeführt wird. Die Kritik kommt aus vielen Bereichen. Man wirft mangelnde Transparenz bei den Verhandlungen vor und es wird befürchtet, dass sich die EU gegen die USA nicht durchsetzen kann.
Kein Schutz für regionale Produkten in der EU?
Ein Hin und Her! Thesen gegen Antithesen und im aktuellen Spiegel sorgte Bundesagrarminister Christian Schmidt für weiteren Zündstoff. Er machte darauf aufmerksam, dass der Schutz regionaler Produkte in der EU durch das Freihandelsabkommen fallen könne.
Das bedeutet: Schwarzwälder Schinken könnte aus Kalifornien kommen, Nürnberger Bratwürste aus Washington und Bayerischer Leberkäse womöglich aus Chicago. Zwar ruderte ein Sprecher des Agrarministeriums zurück, als die Öffentlichkeit Sturm lief und machte klar, dass die Nürnberger Bratwurst nicht aus den USA kommen werde, doch die Unruhe blieb.
Das Freihandelsabkommen wird zu einer Zerreißprobe innerhalb der EU. Lobbyisten liefern sich einen Schlagabtausch, um ihre Interessen in die beste Position zu bringen und der stille Beobachter gewinnt den Eindruck, die Verhandlungen zwischen EU und USA befinden sich in der Sackgasse.
©Bernt Rostad flickr CC BY 2.0
Was tut TTIP wirklich:
©Greenpeace
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Wird EU zum Außenseiter?
Dabei kommt neuer Druck aus der Asien-Pazifik-Region. „Wettlauf um die Märkte“ lautete die Schlagzeile der Spiegel-Ausgabe 02/15. Das Nachrichtenmagazin berichtete von einer gigantischen Freihandelszone unter chinesischer Führung. Bereits im November 2014 segneten 19 Staaten bei einem Treffen in Peking eine Freihandelszone Asien-Pazifik ab, wodurch ein freier Markt mit knapp drei Milliarden Verbrauchern entsteht. Im schlimmsten Falle würde die EU keinen wirtschaftlich attraktiven Zugang mehr zum asiatischen Markt bekommen. Scheitert dann auch noch das Freihandelsabkommen mit den USA, wäre die EU ein Außenseiter und der Verlierer im Spiel um die Macht in der Weltwirtschaft.
Textquellen: Europa.eu Autor: Ulrike Rensch Titelbild: "Spargel in Walldorf" ©Vladislav Bezrukov CC BY 2.0