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Mastbetriebe verwenden zu viele Antibiotika auf Kosten unserer Gesundheit.

© Albert-Schweitzer-Stiftung

Turbo-Hähnchenmast: Züchter riskieren massiv unsere Gesundheit

Übermäßige Antibiotika-Gaben gefährden längst unsere Gesundheit. Und Menschen sterben daran. Denn: Immer mehr Bakterien entwickeln Resistenzen gegen Antibiotika. Und der Skandal an sich: Das Antibiotika wird nachweislich zum Wachstum eingesetzt. Was kann man denn überhaupt noch essen, was kann man tun, was tut die Politik?

Es ist schon lange her, als Mahatma Gandhi Folgendes sagt. «Die Größe und der moralische Fortschritt einer Nation lassen sich daran ermessen, wie sie die Tiere behandelt ...».

Doch, was hören wir derzeit wieder? Masthähnchen bekommen massenweise Antibiotika verabreicht. Das ist gesichert und scheint Methode zu haben. Bis zu acht Mal in ihrem kurzen Leben sollen die armen Tiere dass Antibiotika verabreicht bekommen. Nicht weil sie krank sind, sondern, zumindest auch, als verstecktes Wachstums-Doping. Das berichtete der Radio-Sender «NDR Info» bereits Ende Oktober. Wachstums-Doping ist übrigens seit 2006 in der Masttierhaltung verboten.

Basis der Ergebnisse ist eine groß angelegte, bisher einmalige Studie im Auftrag des nordrhein-westfälische Verbraucherschutzminister Johannes Remmel von Bündnis 90/Die Grünen. Die hat zum Ergebnis, dass in Deutschland Unmengen Antibiotika in der Geflügelbranche eingesetzt wird. Dies verstößt eindeutig gegen geltendes Recht, welches den Einsatz von Antibiotika zur Wachstumsförderung bei Tieren konsequent verbietet. Doch dank der Studie wurde offenbar, dass sich ein Großteil der großen Geflügelzüchter über dieses so wichtige Gesetz hinwegsetzt. Zum Wohl des Profites.

Rücksichtsloser Antibiotika-Einsatz fördert Resistenzen des Menschen

Die Studie des nordrhein-westfälischen Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz ergab, dass in einer erschreckend hohen Zahl von insgesamt 83 Prozent der untersuchten Mastdurchgänge antimikrobiell wirksame Mittel, also Antibiotika, eingesetzt. Teilweise stellte die Studie fest, dass sogar richtige Antibiotika-Cocktails verabreicht wurden. Alles andere als sinnig für eine eventuelle Krankheitsbekämpfung. Sehr wohl offensichtlich dem schnellen Wachstum in der Massentierhaltung von Hühnern aber zuträglich.

Mobile Hühnerställe in Bioläden.

Mobile Ställe, hier können die Hühner entscheiden, ob sie draussen sind, oder drinnen. Foto: Betriebsgemeinschaft Bauckhof GbR

Rund die Hälfte der verabreichten Antibiotika wurde lediglich über einen Zeitraum von zwei Tagen dem Futter beigemischt. Dies wäre bei einer eventuellen Erkrankung kontraindiziert. Eine Erkrankung kann in diesem kurzen Zeitraum nicht abklingen. Auch diese offensichtliche Methodik ist aufgrund der Gefahr der Entstehung möglicher Resistenzen glücklicherweise verboten. Doch was nützen Verbote, wenn die Profitgier offensichtlich diese umgehen und somit gezielt Antibiotika als Wachstumsförderer einsetzen? Doch: Nicht nur die großen Mastbetriebe, auch jene, mit weniger als 20.000 Hühnern greifen regelmäßig auf Antibiotika zurück. Allerdings stellt die Studie fest, dass es kleine Betriebe wesentlich weniger Züchter sind.

Warum wird Antibiotika für die Hühner-Mast eingesetzt?

Nun, die Antwort ist einfach aber erschütternd. Ein normal gezüchtetes Masthähnchen erreicht das Schlachtgewicht von etwa 1,2 Kilogramm in 45 Tagen. Antibiotika-Doping verkürzt die Wachstumszeit bis zur Schlachtreife um 10 Tage. Somit kann der Züchter, der mit Antibiotika auch mit unserer Gesundheit spielt einen wesentlich höheren Umsatz erzielen. Natürlich, abzüglich der Kosten für das missbräuchlich eingesetzte Medikament. Da heißt es nicht mehr nur volkstümlich «wie krank kann man sein?», sondern «wie krank kann man werden?!» Nicht ganz zu Unrecht bezeichnet die Tierschutzorganisation Peta die Geflügelzüchter-Branche als mafiös.

Nachhaltigleben.de fordert auf: Masthähnchen im Regal liegen lassen!

Ständige Skandale in der Lebensmittelbranche machen es dem Verbraucher wirklich nicht leicht, der Lebensmittelindustrie zu vertrauen. Doch, wie es der Name ganz offensichtlich schon sagt: Es ist eine Industrie und Industriebetriebe streben nach Gewinnmaximierung. Nachhaltigleben.de ist zum Wohl der Verbraucher dafür, die antibiotikaverseuchten Turbo-Gockel in den Kühlregalen der Supermärkte liegenzulassen. Solange, bis der Lebensmittelhandel agiert und uns «saubere» Hähnchen serviert.

Nachhaltigkeits-Tipp: Ab zum Bauern und in den Bioladen

Zwar hat nicht nur der Bio-Bauer nachweislich auf Antibiotika verzichtet. Auch 17 Prozent der konventionellen Hühnerzüchter verzichten auf Antibiotika. Doch: Welches Huhn ist nun unbedenklich und welches nicht? Und es fragt sich, muss man im Supermarkt, ob des Wissens um die Skandale, wirklich 9,99 € für das Kilo Bio-Hähnchen zahlen? Eine Kennzeichnungspflicht für Antibiotika-Hähnchen muss her, strengere Kontrollen und eine konsequente Arbeit der Bundesregierung.

Johannes Remmel im Interview bei ecowoman.de

Nachhaltigleben.de führte aufgrund dieser skandalösen Ergebnisse mit Auftraggeber der Studie ein Interview. Mehr Fakten zu der Studie und seine politischen Forderung lesen sie im Interview mit dem nordrhein-westfälischen Umweltminister Johannes Remmel.

Schon längst kaufen Sie bei dem Bauer Ihres Vertrauens richtige Qualität. Wer hier nachhackt, kann eindeutig herausfinden wie das Huhn aufgezogen wird. Hat der Landwirt kein Grund zu Skrupeln, dürfen Sie vielleicht sogar einen Blick riskieren. Den zuverlässigen, regionalen Lebensmittelproduzent finden Sie unter unserer Suchhilfe «Einkaufen». Unter mehr als 40.000 empfehlenswerte Einkaufs-Adressen finden Sie einen einwandfreien Betrieb in Ihrer Nähe. Zur regionalen Einkaufs-Datenbank.

Quellen: Peta und Heilpraxis.net, Text: Jürgen Rösemeier