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Ilse Aigner mit Starköchin Sarah Wiener bei einer Bio-Informationsveranstaltung.

Bundesministerin Ilse Aigner mit Starköchin Sarah Wiener bei einer Bio-Informationsveranstaltung mit Berliner Grundschülern, Quelle: BLE

Regionale Lebensmittel: Großer Schwindel im Supermarkt?

Viele Handelsketten haben sie im Sortiment, weil sie beim Konsument im Trend sind: Regionale Lebensmittel. Gerne zahlen wir dafür auch etwas mehr, denn «regional» heißt für den Verbraucher umweltfreundlicher und frischer. Eine Untersuchung von Öko-Test ergab: Meist ist das rausgeworfenes Geld.

Umweltfreundlich, weil keine langen Transporte, gesünder, weil keine langen Lagerzeiten und dadurch mehr Inhaltstoffe, schmackhafter, weil frisch auf den Tisch vom Bauern «um die Ecke» - viele Argumente veranlassen den bewussten Verbraucher zum Griff nach regionalen Lebensmitteln. Das haben auch die Supermarktketten erkannt. Nahezu alle bieten daher auch Lebensmittel an, die eine, leider oft vermeintliche, regionale Herkunft haben. In der großen Untersuchung von Öko-Test wurden insgesamt 53 Produkte eingekauft, die den Anschein machen, regionale Lebensmittel zu sein. Marken wie «Ein gutes Stück Heimat» von Lidl, «Unsere-Heimat» von Edeka oder «Aus unserer Region» von Rewe scheinen ausschließlich regionale Lebensmittel zu enthalten und dafür geben die Verbraucher gerne auch mal etwas mehr aus.

Regionale Lebensmittel: Hersteller zeigen Erfindergeist

Die Bewertung, ob Lebensmittel regional sind oder nicht, wurde an drei Kriterien festgemacht: regionale Rohstoffe, die in der Nähe verarbeitet und nur in der Region vermarktet werden. Öko-Test stellte fest, dass die Lebensmittel-Hersteller recht erfinderisch sind, wenn sie normale Produkte zu regionalen Lebensmittel machen. Laut Öko-Test hat beispielsweise die Marke «Unser Norden», die in Schleswig-Holstein, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachen und Brandenburg in den Supermarktregalen steht, wenig Regionales an sich. Der Hersteller Plaza/Sky (Coop) wollte der Redaktion keine Auskunft darüber geben, woher die Rohstoffe stammen. Doch unter diesem Markennamen werden auch Reis, Kaffee und Rooibuschtee vermarktet, die bekanntermaßen nicht in Deutschland wachsen. Das Unternehmen begründet das regionale Label für seine Produkte damit, dass alle Lebensmittel entweder in Norddeutschland produziert, bearbeitet oder abgepackt werden.

Die Regionalmarke der Lidl-Handelskette nennt sich «Ein Gutes Stück Heimat». Doch unter dieser Bezeichnung für scheinbar regionale Lebensmittel verkauft der Discounter beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern einen Birnen-Johannisbeer-Direktsaft, der in dem rund 1.000 Kilometer entfernten Lindau am Bodensee hergestellt wurde. Gleiches gilt für andere vermeintlich regionale Lebensmittel wie die «Unsere Heimat»-Produkte von Edeka Nord und Südwest. Deren Absatzgebiete sind viel zu groß für echte Regionalprodukte.

Nicht alle Produkte die als regional angepriesen werden sind es auch.

Etikettenschwindel: Wo regional drauf steht, ist nicht unbedingt auch regional drin. Quelle: ekolandbau.de

Regionale Lebensmittel: Etikettenschwindel kein Vorrecht der Großen

Doch nicht nur die großen Supermarktketten scheinen bei der Herkunft regionaler Lebensmittel den Verbraucher zu täuschen. Auch die kleineren, regionalen Anbieter, werden den eigenen Ansprüchen nicht immer gerecht. Das Label der Initiative Landmarkt Hessische Direktvermarkter etwa dürfen Hersteller laut eigener Aussage nur verwenden, wenn 100 Prozent der Rohstoffe auch aus Hessen stammen. Doch bei der Einhaltung der eigenen Richtlinien zeigt man sich nicht allzu streng. Ein Beispiel für nur vermeintlich regionale Lebensmittel: Die bei Rewe gekauften Röhner Eiernudeln bestehen so zu 70 Prozent aus Hartweizengrieß, der aus Baden-Württemberg stammt. In Baden-Württemberg und Bayern indes sind die Vorgaben für die Kennzeichnung regionaler Lebensmittel weitaus strenger. Die getesteten Lebensmittel bestehen zu 100 Prozent aus regionalen Rohstoffen.

Regionale Lebensmittel: Die EU unterstützt Verwirrung

Die EU hat schon vor langer Zeit die Kennzeichnungen «Geschütze Ursprungsbezeichnung» und «Geschützte geographische Angabe» eingeführt. Auch hier vermutet der Verbraucher, dass er es mit regionalen Lebensmitteln zu tun hat. Doch das ist nicht immer so. Während die Kennzeichnung mit dem Signet «Geschütze Ursprungsbezeichnung» Verlässlichkeit bietet, ist die «Geschützte geographische Angabe» eher schwammig. Der Emmentaler beispielsweise hat die geschützte Ursprungsbezeichnung und da ausschließlich im Allgäu aus Allgäuer Milch produziert werden. Der Schwarzwälder Schinken indes, ist gemäß EU mit einer geschützten geographischen Angabe versehen. Er ist also auch im Schwarzwald produziert. Woher die Schweine hierfür kommen, ob aus Dänemark oder Oldenburg, ist hierbei nicht vorgegeben.

Regionale Lebensmittel sicher einkaufen

ÖKO-TEST empfiehlt dem Konsumenten darauf zu achten, dass er nur echte regionale Lebensmittel kauft. Diese sind in aller Regel auf den örtlichen Bauern- und Wochenmärkten zu finden oder in einem der vielen Hofläden. Der Vorteil beim Kauf dieser Lebensmittel liegt auf der Hand. Die Wirtschaft vor Ort wird gefördert und die Umwelt geschont, da die Transportwege kurz sind.

Mehr zu der Untersuchung zur Herkunft vermeintlich regionaler Lebensmittel finden Sie im September-Heft der Redaktion oder unter: www.oeko-test.de.

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Quelle: www.oekotest.de, Text: Jürgen Rösemeier