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Kenia verhängt Haftstrafen gegen Lieferanten und Hersteller von Plastikbeuteln
Plastikverbot in Kenia

Das härteste Gesetz gegen Plastikmüll

Seit März vergangenen Jahres geht Kenia mit dem wahrscheinlich härtesten Gesetz der Welt gegen die Flut von Plastikmüll vor. Die Verwendung und Herstellung von Einkaufstaschen aus Kunststoff werden mit Haftstrafen und hohen Geldbußen bestraft. Das kompromisslose Durchgreifen erntet auch Kritik.

In einem Land, in dem Probleme wie Korruption, Menschenrechtsverletzung oder Wilderei nur schleppend gelöst werden, ist es schon erstaunlich, wie radikal das neue Gesetz gegen die Vermüllung durch Plastikbeutel vorgeht. Die Vereinten Nationen schätzen, dass in Kenia jährlich mehr als 100 Millionen Einweg-Beutel verwendet und entsorgt werden.

Um dieser Plastikflut endgültig ein Ende zu setzen, trat Anfang letzten Jahres ein Gesetz in Kraft, das die Herstellung oder den Import von Plastikeinkaufstüten in Kenia mit Geldstrafen von 19.000 bis 38.000 Dollar oder einer vierjährigen Gefängnisstrafe ahndet. Touristen dürfen in Kenia erst einreisen, wenn sie ihre Duty-Free-Plastiktüten abgeben haben und den kenianischen Einzelhändlern werden die Plastikmüllsäcke aus den Regalen genommen. Während eine Reihe afrikanischer Länder wie Ruanda, Marokko, Mali, Kamerun und Äthiopien ebenfalls Gesetze zum Verbot von Plastiktüten erlassen haben, wird das Plastikverbot in Kenia als extrem hart bezeichnet. Reuters nennt es das "härteste Gesetz der Welt, das darauf abzielt, die Plastikverschmutzung zu reduzieren".

 

Kenias Armut lässt Zweifel am neuen Gesetz gegen Plastikmüll aufkommen

Plastikmüll in Afrika

Einig ist man sich darüber, dass Einkaufstaschen aus Kunststoff ein ökologisches Problem von ungeahntem Ausmaß sind und die vollständige Beschränkung des Zugangs zu Plastiktüten nur befürwortet werden kann. Dennoch gäbe es einige legitime Bedenken. 

In den kenianischen Slums beispielsweise werden Plastiktüten nicht nur zum Einkaufen genutzt, sondern anschließend noch als "fliegende Toiletten". Das heißt, die Säcke werden mit menschlichen Abfällen gefüllt und so weit wie möglich weggeschleudert, oft in offene Gräben weg von Wohngebieten. Die Installation von sanitären Anlagen wäre hierfür eine Lösung. Doch dies geschieht derzeit nur langsam und mit Widerstand. Ein totales Verbot von Plastikbeuteln könnte in den verarmten Siedlungen zu einer Verschlimmerung der Sanitärkrise führen, da die Fäkalien dann auf offener Straße entsorgt werden. Bis zur endgültigen Lösung des Problems und der Akzeptanz von modernen Toiletten, sollen jetzt biologisch abbaubare Beutel als Übergang dienen. 

Die Abfallentsorgungsbehörden äußerten ebenfalls Bedenken, hinsichtlich der Logistik des Sammelns von Abfällen, da diese nicht mehr in Plastikbeutel gepackt werden können.

Plastikverbot erfordert radikales Umdenken

Kenia ist abhängig Plastiktüten. Befürworter mahnen daher zu einer langsamen Einschränkung von Plastikartikeln und einem allgemeinen Umdenken. Aufgrund des neuen Umweltschutz-Gesetz müssen 176 Unternehmen, die Kunststoffbeutel produzieren, sofort schließen. Dadurch verlieren geschätzte 6000 Menschen ihren Arbeitsplatz. Eine Alternative gibt es nicht, da die weitere Herstellung und der Vertrieb umgehend mit Gefängnis oder hohen Geldbußen betraft werden.

Kenia will trotz aller Probleme Umwelt- Alptraum beenden

Laut Schätzungen der UN wird es 2050 mehr Plastikmüll als Fische im Meer geben. Kenias Wasserwege sind verstopft mit Plastikbeuteln die ungehindert in den indischen Ozean treiben und dort von den Tieren mit Nahrung verwechselt werden. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch auf dem Land in der Viehzucht. Die Weiden sind übersät mit Plastiksackabfällen, die die Kühe mitfressen. Bei Obduktionen werden mittlerweile bis zu 20 Plastiktüten in den Mägen der Kühe gefunden. Aus diesem Grund greift Kenia jetzt entschlossen durch und verbietet gänzlich die Produktion, Nutzung und den Verkauf von Taschen aus Kunststoff. Das dies auch mit einigem Umdenken und der Suche nach Alternativen verbunden ist, nimmt das Land zugunsten einer sauberen Umwelt in Kauf.

Kühe fressen Plastikmüll

Außerhalb Afrikas gibt es in immer mehr Länder, die Plastik-Einkaufstaschen verbieten. In einigen Ländern unterliegen sie mittlerweile einer geringen Gebühr, die die Verbraucher davon abhalten soll weiterhin unbedacht Plastiktüten zu verwenden. Die Vereinigten Staaten sind eher eine bunte Mischung, wenn es um Verbote von Plastikbeuteln geht. Während in einigen Kommunen und Staaten Verbote gegen Plastiktüten begeistert angenommen wurden, gibt es tatsächlich Staaten wie Michigan, Indiana oder New York, die wiederum per Gesetz Plastiktaschenverbote verbieten oder Gesetze blockieren, die ein Gebühr auf Tragetaschen aus Kunststoff erheben.

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Quelle: Matt Hickman, Bilder: Depositphotos/vystek, africa, mur162, Text: Tine Esser