Ein Szenenbild aus dem Dokumentarfilm "Gasland". Quer durch die USA reisend, hat Josh Fox solche brennenden Wasserhähne gefilmt. Der Grund: Freigesetztes Gas gelangt ins Trinkwasser. Neben Chemikalien und radioaktiven Stoffen. (c) Gasland by Josh Fox Thinkstockphotos
Fracking bedroht Deutschland: Gefahr für Mensch und Umwelt?
Es wird dezent unkonventionelles Gas oder Schiefergas genannt. Die Rede ist von Gas, das mittels ‚Hydraulic Fracturing‘ aus entsprechenden Gesteinsschichten tief unter der Oberfläche mit massivem Chemikalieneinsatz aus dem Gestein gelöst wird. Es gibt bereits einige Probebohr- und Förderanlagen für Fracking in Deutschland. Doch die Gefahren und die Rentabilität sind noch lange nicht genau beziffert. Die Bilanz in Sachen Umweltbelastung jedenfalls soll höher als bei Kohle sein.
Fracking erobert Deutschland. Zahlreiche Bohrstellen sind bereits eingerichtet, die mit hohem Chemikalieneinsatz Gas aus Gesteinsschichten pressen. Die Gefahr für die Umwelt und den Menschen ist nicht absehbar, die Rentabilität wird bezweifelt. (c) Thinkstockphotos
Fracking, also die Methode aus Gesteinsschichten mit hohem Druck, vielen Chemikalien, Wasser und Sand Gas zu gewinnen, ist in vielen Teilen der USA eine gängige Methode, um Gas zu gewinnen. Gasland, eine Dokumentation aus dem Jahre 2011 hat eindrucksvoll die möglichen Folgen dieser Art Gas zu gewinnen dokumentiert und die Gefahren aufgezeigt. Eine ZDF-Reportage hat dokumentiert, dass – was Befürworter des Frackings verneinen – Chemikalien und Gas ins Trinkwasser gelangen können und giftige Benzole aus den Bohrstätten austreten. Trinkwasser aus dem Brunnen wird in den USA mancherorts ungenießbar, Grundstücke wertlos. Nun wird in Deutschland heiß diskutiert, ob auch hier das Fracking im großen Stile vorangetrieben wird. Standorte für Probebohrungen und Erdgasförderungen bestehen vor allem in Niedersachsen.
Doch der Erdgasrausch aus heimischem Untergrund scheint damit auch in Deutschland angekommen und dank steigender Öl- und Gaspreise wird der umstrittenen Technik so manche Tür geöffnet. Heimisches Gas könne die Energiekosten insbesondere der Industrie senken, den Verbraucher vielleicht sogar entlasten. Das erscheint so logisch, dass es kaum hinterfragt wird schreibt das manager magazin. Doch sei die Förderung von Gas mittels Fracking in Deutschland „nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, so der US-Gasanalysten Charles Blanchard von Bloomberg New Energy Finance gegenüber dem Magazin. Zwar wurde von interessierten Unternehmen wie Exxon, BNK Petroleum oder Wintershall berechnet, dass geschätzte 1,3 Billionen Kubikmeter Schiefergas förderbar seien – die 13-fache Menge des jährlichen Verbrauchs von 95 Milliarden Kubikmetern in Deutschland -, doch die Wirtschaftlichkeit ist nach wie vor völlig ungeklärt.
„Die Fördermenge von unkonventionellem Gas spielt keine Rolle für den Gaspreis“
Die Unternehmensberatung A. T. Kearney sieht es ähnlich wie der US-Gasanalyst. „Die zu erwartende Gasförderung durch Fracking spielt für den Gaspreis keine Rolle“ und weiter „Fracking in Deutschland wird die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie nicht beeinflussen“. Und maximal 3 Prozent des Jahresbedarfs seien jährlich förderbar. Allenfalls ein massiver Einstieg in die Förderung könne einen preislichen Effekt haben. Die Umweltfolgen indes wären nicht absehbar. Der Bundesrat hat dies augenscheinlich erkannt und den Bund aufgefordert, strenger Auflagen für die umstrittene Gasförderung aus tiefen Gesteinsschichten zu erlassen. Einige Bundesländer haben aktuell über die Länderkammer einen Antrag gestellt, dass die Bundesregierung den Einsatz von umweltgefährdenden Substanzen strenger reglementieren muss. Zumindest bis eindeutig erforscht ist, wie groß oder gering die tatsächliche Gefahr ist, die vom Fracking ausgeht. „Beim Fracking können Gefahren für Mensch und Umwelt entstehen, doch es gibt noch keine bundesweit einheitlichen Regelungen für diese Art von Erdgasförderung“, so der SPD-Umweltexperte Frank Schwabe. Die Länder wollen, so Schwabe weiter, diesen „unhaltbaren Zustand“ endlich klären und pochen auf eine Änderung des Bergrechts. Dies wollte der Bundesrat bereits im Dezember verändern. Ohne Erfolg in einem bis dato Schwarz-Gelb dominiertem Rat. Das Bergrecht gibt beispielsweise die Richtlinien für den Grundwasserschutz vor. Doch dieses Recht ist schon lange vor den ersten Fracking-Bohrungen das letzte Mal aktualisiert worden.
Eine der Fracking-Standorte in Deutschland mit Chemikalien beladenen LKWs. (c) ExxonMobil
Erschreckende Fakten aus den USA sollten vom Fracking abhalten
Der Dokumentarfilm „Gasland“ beschrieb eindrücklich die Folgen des Frackings in den USA. So werden pro Bohrloch 80.000 amerikanische Pfund – ein amerikanisches Pfund entspricht etwa 0,45 Kilogramm - eines Mixes aus bis zu 596 Chemikalien in jedes Erdloch gepumpt und es wird dadurch unter anderem das atemwegsschädigende Stickstoffoxid freigesetzt. Letzteres ist verantwortlich für den Sauren Regen, die Ozon- oder Smogbildung. Alle Chemikalien konnten übrigens an der Erdoberfläche nachgewiesen werden. Laut dem Dokumentarfilm verbleiben etwa 70 Prozent der gaslösenden Fracking-Flüssigkeit im Erdreich. Und mehr als 10 Millionen Liter Wasser – versetzt mit den Chemikalien - benötigt eine Anlage, um Fracking-Gas zu fördern. Schließlich wurde mit brennenden Wasserhähnen gezeigt, dass sich ganz offensichtlich die gelösten Gase auch im Trinkwasser befinden. Zudem sollen Unmengen an Methan austreten, das schädlichste Klimagas überhaupt. Daher bleibt zu hoffen, dass sich angesichts der erschreckenden Fakten des Dokumentarfilmes die soeben geänderte Mehrheit im Bundesrat Maßnahmen ergreift, die Mensch und Umwelt vor potenziellen Gefahren schützen.
Fracking in Deutschland: Der Anfang ist gemacht
Zahlreiche Standorte bestehen jedenfalls schon, an denen mittels Fracking nach Gas gebohrt wird. Einer dieser Standorte ist in unmittelbarer Nähe des niedersächsischen Örtchens Greetsiel gelegen, ein Ort, der vom Tourismus lebt. Luftlinie etwa zwei, drei Kilometer entfernt vom Welterbe Wattenmeer und einzigartigen Salzwiesen, auf denen im Winter unter anderem tausende von Wildgänse aus Skandinavien und Sibirien überwintern. In Niedersachsen wird Fracking vom Land finanziell gefördert.
Einer der zahlreichen Standorte, an denen bereits Fracking betrieben wird: Hier im Vordergrund vor dem niedersächsischen Greetsiel, direkt am Welterbe Wattenmeer gelegen. (c) ExxonMobil
Es gab Zeiten in denen auch die Atomkraft als sicher propagiert wurde. Nur in einem Atomkraftwerk geschieht das Gefährliche hinter meterdicken Betonmauern. Nicht so beim Fracking. Auch wenn Bezeichnungen wie unkonventionelles Gas oder Schiefergas die Gefahren verharmlosen zu scheinen.
Mehr zum Film Gasland erfahren Sie hier.
„Macht Euch die Erde Untertan – dieses Bibelwort scheinen die Menschen gründlich mißverstanden zu haben. Oder sie haben es bewusst falsch verstanden“. So titelte vor einem Jahr die Sendung Kulturzeit in einem sehenswerten Beitrag zum Thema Fracking. Der Beitrag zum Film Gasland und noch weitere Fakten:
Quellen: Klimaretter.info, manager magazin, Germany Trade and Invest – Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing GmbH, Gasland by Josh Fox, Text: Jürgen Rösemeier