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Schweinestall
Skandale bei der Tierhaltung

So schlimm sind die Zustände in deutschen Ställen

In der landwirtschaftlichen Tierhaltung gab es in den letzten Jahren immer wieder Skandale, weil der Tierschutz nicht eingehalten wurde. Ein neuer Report von Vier Pfoten zeigt im Detail, wie schlecht die Kontrollen in Deutschland wirklich sind. 

Wie sieht es in den deutschen Ställen aus?

Die Tierschutzorganisation Vier Pfoten gab den Report „Tierschutzkontrollen in Deutschland“ in Auftrag. Dabei wurden durch den Autor des Reports, Martin Rücker, zum ersten Mal die behördlichen Kontrollstatistiken in Ställen deutscher Tierzuchtbetriebe während des Zeitraums von 2009 bis 2020 unter die Lupe genommen. Dass es in den Ställen immer wieder zu Tiermisshandlungen kommt, zeigte vor Kurzem erst die Sendung „Frontal“, welche Bilder von schwer verletzten Schweinen in nordrhein-westfälischen und niedersächsischen Ställen veröffentlichte. Rücker konnte in dem Report feststellen, dass sich Beanstandungsquoten in den Kontrollen der Betriebe auch über den Zeitraum eines Jahrzehnts nicht verbessert haben, sondern tendenziell sogar eher noch gestiegen sind. So werden im Durchschnitt in jedem dritten Stall Missstände bei der Tierhaltung entdeckt. Das bisherige Kontrollsystem führ also nicht dazu, dass grundlegende Verbesserungen des Tierschutzes in der landwirtschaftlichen Haltung umgesetzt werden. Ursache dafür sind eine sehr geringe Häufigkeit der Kontrollen, ungenügende rechtliche Vorschriften und unzureichende Sanktionen bei Verstößen.  

Deutschland ist kein Vorbild beim Tierschutz

Durch die aktuelle Situation kommt es immer wieder zu massiven Verstößen beim Tierschutz, wie auch Rüdiger Jürgensen, Mitglied der Geschäftsleitung von Vier Pfoten, feststellt: „Immer wieder verenden Tiere in deutschen Ställen, wie etwa im April dieses Jahres auf einem Hof im Kreis Ludwigsburg, wo Schweine, Rinder und Hühner verhungerten – und das trotz der offiziellen Behördenaussage, die Veterinäre seien auf dem Hof sehr präsent gewesen. Wie kann das sein? Unser Report demonstriert im Jubiläumsjahr des Staatsziels Tierschutz ein totales Behördenversagen bei der Überwachung zur Einhaltung der Tierschutzbestimmungen. Die viel zu seltenen Überprüfungen können keinerlei abschreckende Wirkung entfalten.“ Deutschland wird dem Image eines Vorreiters in Sachen Tierschutz also überhaupt nicht gerecht.

Zu diesem Ergebnis kam der Report

Hühner Massentierhaltung

Die Auswertung der routinemäßigen Kontrollen im Rahmen des Reports macht deutlich, dass in den letzten zwölf Jahren keine nennenswerte Erhöhung des Kontrollniveaus stattgefunden hat. In vielen Betrieben finden gar keine regelmäßigen Kontrollen statt, wie es im Report heißt: „Mit dem gegenwärtigen Personalbestand ist nur eine äußerst lückenhafte Überwachung möglich. Zahlreiche Höfe werden über viele Jahre hinweg nicht im Rahmen von Tierschutzkontrollen besichtigt.“  Besonders bei Höfen mit Masthühnern, Enten und Gänsen, Schafen oder Ziegen liegt die Kontrolldichte auf einem extrem niedrigen Niveau. Zwischen den Bundesländern gibt es außerdem deutliche Unterschiede, überall wird jedoch zu selten kontrolliert. In Bayern werden Betriebe im Durchschnitt alle 40,2 Jahre kontrolliert und zwischen 2009 und 2020 wurden lediglich 2,8 Prozent der Ställe kontrolliert, in Schleswig-Holstein erfolgen Kontrollen durchschnittlich alle 36,1 Jahre. In Sachsen-Anhalt und Niedersachsen wurde ebenfalls festgestellt, dass es viel zu wenig Kontrollen gibt.

Tierschutz wird viel zu oft ignoriert

Häufige Kontrollen wären aber mehr als angebracht, wie der Report deutlich zeigt. Denn bei den wenigen Kontrollen, die durchgeführt wurden, konnten in den vergangenen Jahren in mehr als 7.000 landwirtschaftlichen Betrieben Verstöße gegen das Tierschutzgesetz festgestellt werden. Im Jahr 2020 lag die Zahl sogar bei fast 10.000. „Tendenziell zeigt sich ein ansteigender Anteil an Höfen, bei denen bei den amtlichen Betriebsprüfungen Verstöße festgestellt werden. Mit 33,2 Prozent ist die Verstoß-Quote 2020 so hoch wie nie in dem ausgewerteten Zwölfjahreszeitraum“, sagt der Autor des Reports. Trotz des geringen Kontrollniveaus werden immer mehr Verstöße festgehalten. Bei schwerwiegenden Tierschutzverstößen mussten die Behörden 2020 488-mal die Gerichte in Kenntnis setzen. Die Daten des Reports belegen deutlich, dass die bisherigen Überwachungssysteme noch lange nicht ausreichen, um eine angemessene Behandlung der Tiere zu gewährleisten.

Unglückliches Schwein

Die Lage in der Schweinezucht ist besonders dramatisch

Der Report zeigt auch, dass vor allem in der Schweinezucht der Tierschutz sehr häufig nicht ausreichend beachtet wird. Amtstierärzte stellten nämlich in jedem dritten kontrollierten Stall Missstände fest. Und dabei werden nur etwa 8 Prozent der Ställe überhaupt überprüft. 12 Jahre liegen statistisch betrachtet zwischen zwei Kontrollbesuchen auf einem Schweinezuchtbetrieb. In dieser Zeit achtet von den Zuständigen niemand auf eine gute Behandlung der Tiere. Ursachen dafür sind zu wenig Personal, das Kontrollen durchführen kann und scheinbar der fehlende Wille, um an dieser für die Tiere schädlichen Situation etwas zu ändern. Vier Pfoten hat deswegen folgende Forderungen aufgestellt:

  • Jährliche Tierschutzkontrollen in der landwirtschaftlichen Tierhaltung
  • Die Einrichtung eines unabhängigen Kontrollsystems mit ausreichendem und gut ausgebildeten Kontrollpersonal
  • Sanktionen mit Abschreckungswirkung für Verstöße gegen das Tierschutzgesetz
  • Eine Verbesserung der unzureichenden Gesetzesvorgaben, welche bisher die Grundlagen für die Kontrollen gebildet haben

Den ausführlichen Report finden Sie hier.

Quellen: Vier Pfoten, Titelbild: © VIER PFOTEN | Nicholas Fuerschuess, Bilder: Depositphotos/format35, KAZKZ, Text: Fatma Cevik