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Boden ist längst zur Ware geworden um die sich Menschen weltweit streiten
Tag des Bodens

Boden ist längst zur Ware geworden um die sich Menschen weltweit streiten

Angesichts einer wachsenden Weltbevölkerung, Urbanisierung, zunehmender Landnahme und ökologischen Belastungen wie dem Klimawandel wird Boden immer mehr zu einem knappen Gut, um das sich viele Menschen streiten. Am 5. Dezember ist Tag des Bodens. Grund genug sich einmal zu fragen, warum unser Boden eigentlich nicht der Allgemeinheit gehört und warum einzelne Menschen/Firmen damit reich werden dürfen?

Deutscher Boden ist Ware

Boden ist kein vom Einzelnen erzeugtes Gut, hat also nicht den Charakter einer Ware. Jeder braucht Grund und Boden zum Leben. Sollte es deshalb nicht verboten sein mit Boden Geld zu verdienen – alleine schon weil er nicht vermehrbar und nicht verzichtbar ist? Würden private Investoren genauso mit Wasser und Luft umgehen (für Wasser gibt es leider bereits ein paar Beispiele), wäre der Aufschrei groß.

Ein Beispiel dafür, dass Boden in Deutschland wie Ware behandelt wird, zeigt sich am Wohnungsbau und dem Verdrängungswettkampf in den Städten. Mieten werden immer unbezahlbarer und Wohnraum immer knapper. Eine gute Lage bestimmt wie viel ein Grundstück wert ist, doch von den explodierenden Grundstückspreisen profitieren nur wenige Eigentümer, nicht aber die Allgemeinheit. Was aber hat ein Investor dazu beigetragen, dass das Viertel rund um sein Grundstück attraktiver wurde? In der Regel gar nichts: Wochenmärkte, Museen, öffentliche Verkehrsmittel, Springbrunnen u.v.m. werden von der Öffentlichkeit gezahlt. Wenn also die Gemeinschaft zum Wert des Grundstücks beiträgt, sollte sie dann nicht auch daran teilhaben dürfen?

Ist eine Bodenreform – also die Besteuerung des Bodens längst überfällig?

Der Bund für Umwelt und Naturschutz, das Institut der Deutschen Wirtschaft und der Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung sagen, dass sie eine neue Grundsteuer begrüßen würden. Denn gerade die Einnahmen aus einer solchen Steuer gäben den Kommunen wieder die Möglichkeit neue Grundstücke und Häuser zu kaufen und im Sinne des Gemeinwohls einzusetzen. Statt bei jedem Verkauf dem Grundstückseigentümer den Mehrwert auszuzahlen und ihn durch Mieter finanzieren zu lassen, bliebe der Wert im Haus neutralisiert und würde so zu langfristig günstigen Wohnpreisen führen.

Landgrabbing

Das Boden wie Ware behandelt wird, die man besitzen kann, zeigen weltweit immer wieder Fälle von „Land Grabbing“. Dabei sichern sich private Investoren aus Industrie- und Schwellenländern und staatliche Akteure durch sogenannte Auslandsdirektinvestitionen (Foreign Direct Investments) und mittels langfristiger Pacht- oder Kaufverträge große Agrarflächen in Entwicklungsländern. Das Ganze geschieht um dort vorrangig Nahrungs- und Futtermittel für den Export anzubauen, die der Ernährungs- und Energiesicherung der Investorländer dienen sollen. 

Land Grabbing nimmt extremes Ausmaß an

Land Grabbing nimmt extremes Ausmaß an

Profitorientierte Konzerne eignen sich schon seit vielen Jahrzehnten fruchtbares Tropenland an, um Exportgüter, wie Kaffee, Kakao oder Bananen anzubauen. Doch noch nie geschah dieses in so einer Geschwindigkeit und mit solchen Ausmaßen wie heute. Eine große Rolle spielt dabei die Agrarpolitik der EU, die die Export- und Überschussproduktion von europäischen Fleisch- und Milchprodukten fördert und auf den Futtermittelanbau in anderen Ländern angewiesen ist. 

Auswirkungen des Land Grabbing

Das „International Food Policy Research Institute“ gibt an, dass sich ausländische Investoren in den Entwicklungsländern bereits zwischen 15 und 19,8 Millionen Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche gesichert haben.

Viele der vorgesehenen oder bereits realisierten Landverkäufe bzw. -verpachtungen finden vor allem in Ländern statt, die von der FAO (Food and Agricultural Organization, Teilorganisation der UNO) als Länder mit unsicherer Ernährungssituation eingestuft wurden.

Freihandelsabkommen unterstützen Land Grabbing

Land Grabbing ist die Folge einer neoliberalen  Wirtschaftspolitik, die ab den 80er Jahren dafür sorgte, dass Privatisierung, Liberalisierung und Deregulierung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und der Weltbank unter maßgeblicher Führung der USA fast weltweit durchgesetzt wurden. Heute dienen Freihandelsabkommen, wie NAFTA (North American Free Trade Agreement), das US-Peru-Freetrade Agreement und andere für die Legalisierung der Landnahme. 

Die Folgen für die Bevölkerung

Keine / schlechte Arbeitsplätze: Die Großkonzerne schaffen auf dem gepachteten Land keine oder häufig nur sehr schlecht entlohnte Arbeitsplätze

Frauen sind die Leidtragenden: Den größten Nachteil durch die Landnahme haben die Frauen. Sie arbeiten meistens im kleinbäuerlichen Verbund um die Selbstversorgung ihrer Familien zu sichern. Frauen produzieren in Entwicklungsländern 60 bis 80 Prozent der Lebensmittel für den lokalen Verbrauch. Doch wenn die kleinbäuerliche Produktion durch Mechanisierung, Umstellung auf profitable Früchte oder Orientierung auf überregionale Märkte lukrativer wird, übernehmen Männer die bisherige Frauenarbeit und die Frauen bleiben ohne rechtliche Ansprüche und ohne eigenen Besitz zurück.

Krieg und Konflikte: In den meisten Ländern, die vom Land Grabbing betroffen sind, ist die Mehrheit der Menschen von der Landwirtschaft abhängig. So entstehen Krieg und Konflikte beim Kampf um die Landrechte.  

Umweltzerstörung: erhöhter Wasserverbrauch, Rodung von Waldgebieten, Monokulturen, genetisch verändertes Saatgut und der intensive Einsatz von Pestiziden und Mineraldünger tragen zur Umweltzerstörung in den Land Grabbing-Gebieten bei.

Menschenrechtsverletzung: Land Grabbing verletzt das Menschenrecht auf angemessene Ernährung. Das Land, welches an ausländische InvestorInnen verpachtet wurde, kann nicht mehr zur Nahrungsmittelproduktion für lokale Gemeinschaften verwendet werden. Die Erträge des von ausländischen Großkonzernen bewirtschafteten Landes dienen größtenteils dem Export. Die ohnehin schon zunehmend vom Nahrungsmittelimport abhängigen Länder des Südens sind nun noch stärker auf Importe angewiesen und die Ernährungssicherheit ist in diesen Ländern damit nicht mehr sichergestellt.  

Tag des Bodens

Weltweit könnten genügend Nahrungsmittel produziert werden, um alle Menschen angemessen zu ernähren. Das Problem liegt in der unzureichenden Verteilung von Nahrung und Boden. Sollte das Recht auf Boden deshalb nicht einklagbar sein, damit Menschenrechte endlich Vorrang vor Handelsrechten oder Investitionsabkommen haben?

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Quellen: Laura Weissmüller: „Mit Füßen getreten“, Süddeutsche Zeitung, Bilder: Depositphotos/romrodinka, valio84sl, SimpleFoto, Text: Meike Riebe