Schweizer Innovation: Nachhaltige Energie aus Wasserkraft
Eine Schweizer Innovation wirbelt die Energiebranche derzeit mächtig Wasser auf. Angrenzend an Baden-Württemberg, wurde in Schweizer Aargau eine neue Technik zur umweltfreundlichen, hocheffizienten Stromgewinnung aus Bächen und Flüssen entwickelt: Das Wasserwirbelkraftwerk.
Wasserwirbelkraftwerke sind eine innovative Technologie und liefern alternative Energie.
Das erste Wasserwirbelkraftwerk der Schweiz hat bereits mehr als einen Wasserwirbel ausgelöst: Es wurde vor wenigen Monaten in der kleinen Aargauer Gemeinde Schöftland in Betrieb genommen und hat bereits den Schweizer Energiepreis Prix Watt d’Or vom Schweizerischen Bundesamt für Energie erhalten. Das Besondere am Wasserwirbelkraftwerk ist, dass es nicht nur nachhaltigen Strom produziert, sondern gleichzeitig Gewässer renaturiert. Die Wasserfauna wird nicht gestört. Es funktioniert mit einer relativ einfachen Technik, die direkt der Natur abgeschaut wurde: Kernstück ist ein Becken mit einem zentralen Abfluss, wie in einem Waschbecken, das sich in einem Fluss oder Bach an einer Stelle befindet, das über mindestens 70 Zentimeter Gefälle und eine Wassermenge von rund tausend Litern pro Sekunde verfügt. Über dem Abfluss bildet sich automatisch ein Wasserwirbel. Dort hinein wird ein Rotor gestellt, der sich circa 20 Mal pro Minute dreht und damit einen Generator antreibt, der den Strom produziert und ins Netz einspeist. Dank der langsamen Bewegung des Rotors können Fische das Wasserwirbelkraftwerk problemlos in beide Richtungen passieren. Zwar wurde diese Fischdurchlässigkeit noch nicht wissenschaftlich bewiesen, aber eine laufende Studie lässt bisher keine Bedenken aufkommen.
120.000 Kilowattstunden im Jahr möglich
Die Menge an erzeugtem Strom variiert je nach den herrschenden Bedingungen. «Ein Wasserwirbelkraftwerk wird auf den jeweiligen Fluss und den Standort ausgerichtet, darum ist seine Leistung variabel», erklärt Daniel Styger von der Genossenschaft Wasserwirbelkraftwerke Schweiz (GWWK), welches das erste derartige Kraftwerk in Schöftland betreibt. Dort verfügt das Becken mit dem Rotor über einen Durchmesser von 6,5 und eine Fallhöhe von 1,7 Metern. Je nach Wassermenge produziert dieses Wasserwirbelkraftwerk 80.000 bis 120.000 Kilowattstunden Energie pro Jahr und versorgt 20 bis 25 Familien mit Strom. Künftig sollen daraus sogar noch mehr werden. In Schöftland arbeitet man laufend an der Technik weiter. «Wir rechnen damit, dass wir 50 bis 60 Prozent der Kraft des Wassers nutzen können», sagt Styger. Man werde aber nie von einem Wirkungsgrad von 80 oder 90 Prozent sprechen können. «Wir wollen ja nicht hundert Umdrehungen pro Minute, dadurch wäre die Naturdurchgängigkeit gefährdet. Diese ist aber das Entscheidende am Wasserwirbelkraftwerk», so Styger.
Renaturierte Gewässer sind Heimat für Wasserwirbelkraftwerke.
Wasserwirbel-Kraftwerk nicht in naturbelassene Gewässer
Das Echo auf diese Innovation ist groß. Nicht nur das Schweizer Bundesamt für Energie wurde aufmerksam auf die Pionierleistung der GWWK, sondern auch viele, die an der Erzeugung von nachhaltiger Energie mit einfachen Mitteln interessiert sind. «Wir erhalten laufend Anfragen aus Drittweltländern, die sich für die Technik interessieren», sagt Styger. Auch aus dem näheren Ausland lässt man Interesse an der Idee verlauten und natürlich klopfen viele Schweizer Gemeinden bei der GWWK an, die abklären wollen, ob sich ihre Bäche für ein Wasserwirbelkraftwerk eignen.
Seit Beginn dieses Jahres gilt in der Schweiz ein neues Gewässernutzungsgesetz, das die Behörden dazu zwingt, Flüsse, die im Laufe der vergangenen Jahrzehnte begradigt oder anderweitig verändert wurden, wieder in einen möglichst naturnahen Zustand zurückzuführen. So müssen viele hundert Kilometer Fluss in der Schweiz renaturiert werden. All diese Gewässer eignen sich für ein Wasserwirbelkraftwerk, sofern das nötige Gefälle und die Wassermenge vorhanden sind. «Gewässer, die unverbaut sind, sollen auch unverbaut bleiben», sagt Styger. Es bestehe genügend Potenzial in Flüssen und Bächen, die bereits verbaut worden seien und nun eben renaturiert werden sollen.
Großes Potenzial in innovativer Technologie
Das Interesse an der naturfreundlichen Lösung wird wohl dadurch verstärkt, dass der Bau eines Wasserwirbelkraftwerks im Gegensatz zu anderen Kleinwasserkraftwerken relativ günstig ausfällt, da kein High-Tech-Rotor verwendet wird. Der nötige Wartungsaufwand ist minimal und die Lebensdauer eines solchen Werkes beträgt laut der GWWK fünfzig bis hundert Jahre.
Die Schweizer Genossenschaft verspricht sich viel von ihrer Technologie. Anerkennung erhält sie nicht nur von oberster Stelle, sondern auch von Umweltorganisationen, die die Entwicklung ebenso mit Argusaugen beobachten. Kaspar Schuler zum Beispiel, der Leiter des Bereichs Klima und Energie bei Greenpeace Schweiz, sagt zum Wasserwirbelkraftwerk: «Das ist eine sehr faszinierende Idee, weil mit angepasster, einfacher Technologie und mit minimalem ökologischem Eingriff eine ansehnliche Menge Strom produziert werden kann. Wenn die laufende Studie beweisen kann, dass die Wasserfauna nicht bedroht wird, gebe ich dieser Technologie sehr große Chancen.»
Text: Elena IbelloWasserwirbelkraftwerk
- Ein Wasserwirbelkraftwerk ist ein kleines Flusskraftwerk, welches Naturstrom erzeugt.
- Es nimmt dabei Rücksicht auf die Wasserfauna: Das Wasserwirbelkraftwerk kann von Fischen in beide Richtungen schadlos passiert werden.
- Durch naturnahes, biologisches Gärtnern werden auch Nützlinge angelockt, die Gemüse und Obst vor Läusen und anderen ungebetenen Gästen schützen. So kann oft gut auf Pflanzenschutzmittel verzichtet werden.
- Es kann in Bächen und Flüssen umgesetzt werden, die renaturiert werden müssen.
- Voraussetzungen für ein Wasserwirbelkraftwerk sind ein Gefälle ab 70 Zentimetern und
- Wassermengen ab tausend Liter pro Sekunde.
- Die erzeugte Strommenge ist vergleichbar mit der anderer Kleinwasserkraftwerke, variiert jedoch je nach Standort stark.
- Mehr Informationen zur Genossenschaft Wasserwirbelkraftwerke Schweiz (GWWK) finden Sie unter gwwk.ch.