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Arundo Ernte in Afrika
Interview mit Laurent de Morelos

Eine grüne Revolution für Afrika: Energie ohne Kohle

Erst vor Kurzem war Bundespräsident Steinmeier in Botswana, ein Land, das als Vorzeigeland für eine nachhaltige und reformorientierte Politik und Wirtschaft in Afrika steht. Doch im nachhaltigen Sinne positiv fallen unter den 55 afrikanischen Nationen eher wenige auf. Eine revolutionäre Trendwende könnte allerdings in den kommenden Jahren genau diesen Ländern soziale, ökologische und ökonomische Prosperität schenken und das aus eigener Kraft. Wie das gehen kann, erklärte Laurent de Morelos in einem Exklusivinterview mit ecowoman-Herausgeberin Ulrike Stöckle.

Laurent de Morelos ist Pionier in der Herstellung von grüner Energie aus Biomasse und Geschäftsführer der Equilibre Bioenergy mit Sitz auf Mauritius. Nach über zehn Jahren intensivster Forschungs- und Entwicklungsarbeit, in Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnerunternehmen, Institutionen und der Universität von Mauritius, hat er eine Energiepflanze gezüchtet, die über fast magische Eigenschaften verfügt.

Arundo

Arundo Setzling

ArundoK12, eine Kreuzung aus Arundo Donax, dass auch Pfahlrohr, Riesenschilf oder Spanisches Rohr genannt wird, kann überall wachsen, benötigt so gut wie kein Wasser, gibt eigene Nährstoffe in den Boden ab, hat eine lange Lebensdauer, gibt bei seiner Verbrennung kein CO2 ab und, was besonders wichtig ist, sie verfügt über einen weit über dem Durchschnitt liegenden Energiegehalt im Vergleich zu anderen Energiepflanzen. Getrocknet und pelletiert kann ArundoK12 zur Befeuerung von Industrieöfen und in der Stromerzeugung eingesetzt werden, die z.B. schon für die Verbrennung von Abfallprodukten bei der Gewinnung von Zuckerrohr genutzt werden.

Auf Mauritius, das landwirtschaftlich vor allem vom Anbau von Rohrzucker in der Vergangenheit lebte, wurde dies bereits erfolgreich getestet. Nun wird Kohle sukzessiv durch ArundoK12 ersetzt. Ein wirtschaftlicher und ökologischer Segen für das Land, verfügt es selbst über keine eigenen fossilen Brennstoffe und muss seine gesamte Kohlenachfrage für die landeseigene Stromerzeugung per Import bedienen. Ein teures und vor allem sehr umweltschädliches Unterfangen. Kohleverfeuerung gehört zu den schädlichsten Praktiken, mit weltweit bleibenden Schäden für die Umwelt und die menschliche Gesundheit, da beim Verbrennungsvorgang bekanntlich nicht nur hohe Mengen an CO2 in die Atmosphäre ausgestoßen wird, sondern sich auch ungesunder Feinstaub auf den Böden ablagert.

Durch den Einsatz von ArundoK12 in der Energiegewinnung öffnen sich für Mauritius ungeahnte wirtschaftliche und ökologische Entwicklungspotentiale, mit weitreichenden Auswirkungen auf die gesamte Wertschöpfungskette und Wirtschaft. Außerdem könnte Mauritius eines der ersten Länder sein, das die ambitionierten Ziele des Pariser Klimabkommens durch die neue Ausrichtung auf grüne und saubere Energie erreichen könnte. Doch die grüne Energierevolution von Laurent de Morelos könnte noch viel weitreichendere Auswirkungen für den gesamten afrikanischen Kontinent haben und sich in vielfacher Hinsicht für einen nachhaltigen und wirtschaftlichen Segen für Entwicklungsländer entwickeln. Aber auch europäische Industrieländer könnten davon profitieren und ihnen eine Chance auf das Erreichen der EU-Zwischenziele mit einer verbindlichen Emissionsreduktion von 20 Prozent bis 2020 und mindestens 40 Prozent bis 2030 ermöglichen.

Interview Ulrike Stöckle mit Herrn de Morelos

ecowoman Herausgeberin Ulrike Stöckle im Interview mit Laurent de Morelos, CEO von Equilibre Bioenergy

Ulrike Stöckle (ecowoman): Herr de Morelos, wie kamen Sie auf die Idee nach einer Energiepflanze zu forschen, um den grünen Energiemarkt auf Mauritius zu revolutionieren?

Laurent de Morelos (Equilibre Bioenergy): 2008, also während die Finanzkrise tobte, stellte ich mir die sinnstiftende Frage, wie ich mich zukünftig wirtschaftlich aufstellen möchte und gleichzeitig einen Beitrag für den Erhalt unseres Planeten leisten zu können. Nach 15 Jahren Berufserfahrung in Marketing und Vertrieb in den Arabischen Emiraten und Dubai wollte ich einen ganz neuen Weg gehen. Sehr schnell zeigte sich bei der Analyse von zukunftsträchtigen Sektoren der Energiebranche, dass die Produktion grüner Energie einerseits sehr lukrativ sein kann, doch die hier angebotenen Lösungen wie Solarenergie oder Windkraft viele Nachteile aufweisen. Durch Zufall, und nach Studien verschiedener wissenschaftlicher Erhebungen, kam ich dann auf Arundo Donax und fand in Spanien einen Partner, der sich schon seit Generationen dem Anbau der Pflanze als Nutzpflanze für unterschiedliche Zwecke widmet. Erst jetzt wurde allerdings die extrem hohe energetische Dichte für eine Energiegewinnung aus Arundo Donax vollständig erforscht.

Auf Mauritius fand ich ein ideales wirtschaftsfreundliches Investitionsklima, zudem ist die Korruption so gering wie in kaum einem anderen afrikanischen Land. Die Institutionen sind stabil – und das ist entscheidend. Die Bürokratie für Importe und Exporte wurde deutlich abgebaut, das Land bemüht sich auch um neue Infrastrukturen in der verarbeitenden Industrie und im Dienstleistungssektor. Das Land ist Maßstab für wirtschaftliche Entwicklung, Wohlstand sowie politische und soziale Stabilität in Afrika. Das heißt auch, vorbildliche Fiskalpolitik, Bildung und Gesundheitsversorgung. Der Staat finanziert zahlreiche Auslandsstipendien, in erster Linie nach Südafrika. Mit acht Prozent des BIP gehören die Bildungsausgaben zu den höchsten der Welt. In enger Zusammenarbeit von FAREI (ehemals AREU) und der Universität von Mauritius haben wir intensiv daran gearbeitet, ArundoK12 zu importieren und zu kultivieren, um sie an eine Kultur mit wirtschaftlichem Wert anzupassen.

Equilibre Arundo

Ulrike Stöckle (ecowoman): Wie wird ArundoK12 bereits für eine grüne Energiegewinnung eingesetzt?

Laurent de Morelos (Equilibre Bioenergy): Die Lösung von ArundoK12 für die Energiekrise in Mauritius wurde in vielen Ländern bereits erfolgreich getestet, unter anderem in den Vereinigten Staaten, auf Madagaskar und auf dem europäischen Kontinent, insbesondere in Italien, wo Chemtex 75 Millionen Litern Ethanol pro Jahr und vorwiegend aus Arundo herstellt. Auf Mauritius gibt es mehr als 16.000 Hektar Land, das von ehemaligen Zuckerrohrbauern aufgegeben wurde, nachdem der Zuckerpreis an den Handelsbörsen immer weiter fiel und der Anbau nicht mehr lukrativ genug war. Diese Böden werden nun flächendeckend für den Anbau von Arundo renaturiert und die Landwirte kompensieren so den wirtschaftlichen Verlust aus dem fehlenden Anbau von Zuckerrohr. Langfristig sollte der Flächenbedarf 10.000 Hektar nicht überschreiten. Dies würde die 35% der im Land benötigten erneuerbaren Energien erreichen oder das von der Regierung lange vor 2025 gesetzte Klimaziel. Unser Projekt hat bereits große internationale Anerkennung erfahren und wird u.a. auch vom Commonwealth gefördert.

Auf Mauritius erfahren wir eine sehr große Unterstützung seitens der Regierung und Ministerien, die eine Energiewende befürworten und mit uns vorantreiben möchten.

Arundo Pellets

Arundo Pellets

Die von Equilibre Bioenergy anvisierten Kunden sind private Unternehmen, die Projekte zur Produktion von Bioenergie umsetzen möchten, sowie die Regierungen des Indischen Ozeans und Afrikas. Das Unternehmen bietet seine Dienstleistungen auch kleinen lokalen Anbauern an, indem es ihnen ermöglicht, Arundo als Pellets zu importieren oder selbst anzubauen und für die Gewinnung von grünen und sauberen Strom einzusetzen. Es gibt eine starke Nachfrage nach autonomer Stromerzeugung in afrikanischen Ländern, und dieses Projekt besitzt ein größtmögliches Entwicklungspotential in diese Richtung - sozial für Kleinbauern, in jeder Hinsicht ökologisch und wirtschaftlich prosper zu werden. Es ist eine echte Chance für jedes afrikanische Land, aus eigenen Antrieb und den Möglichkeiten und klimatischen Voraussetzungen, sich wirtschaftlich und energetisch unabhängig zu machen und seinen eigenen Strom aus Arundo zu produzieren. Eine aktive Entwicklungshilfe oder Hilfe zur Selbsthilfe, die wir bereits positiv zum Beispiel auf Madagaskar getestet haben. Für die Zukunft habe ich noch viele weitere Projekte, die wir parallel dazu entwickeln. Es bleibt also sehr spannend!

Ulrike Stöckle (ecowoman): Ein Drittel des Stroms in Deutschland kommt aktuell aus Kohlekraftwerken. Das soll sich in Zukunft ändern. Spätestens 2038 sollen alle Kohlekraftwerke vom Netz sein. Die betroffenen Regionen sollen in den nächsten 20 Jahren um die 40 Milliarden Euro erhalten, um den Strukturwandel zu finanzieren. Das wären ab heute noch 20 Jahre, ein unvorstellbar langer Zeitraum in unserer schnelllebigen Zeit.

Laurent de Morelos (Equilibre Bioenergy): Um den Klimawandel zu stoppen haben wir leider nicht mehr viel Zeit und müssen uns schnellstmöglich für alternative Methoden einer sauberen Energiegewinnung aktiv einsetzen und diese jetzt umsetzen. Wir wissen momentan nicht, welche Effekte der Klimawandel in zwanzig Jahren haben wird, da die Auswirkungen sich ja offensichtlich schon jetzt massiv zeigen. Viel früher, als von Umweltaktivisten und Wissenschaftlern vorhergesagt, und mit extremsten Wetterkapriolen und -katastrophen. Wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint helfen uns Wind- und Sonnenenergie kaum weiter. Eine echte und schnelle Lösung stellt die Energiegewinnung auf Basis von Arundo K12 dar und hilft gleichzeitig, einen Strukturwandel aus eigenen Kräften zu ermöglichen. In Entwicklungsländern ist dies sehr schnell und mit einem größtmöglichen Return on Invest umsetzbar. Die Zukunft von vielen afrikanischen Ländern könnte davon abhängen, wie hoch die Akzeptanz und die Unterstützung bei der Realisierung im Land selbst ist. Hier führen wir gerade schon sehr viele positive Gespräche und Verhandlungen. Wir sind ganz zuversichtlich, dass diese innerhalb der nächsten zwei Jahre auf fruchtbaren Boden treffen wird und wir essential an der positiven ökologischen und wirtschaftlichen Veränderung dieser Länder teilhaben werden. So stünde einer nachhaltigen und grünen Revolution Afrikas alle Türen offen.

Arundo Ernte in Afrika

Weitere Informationen finden Sie unter: www.equilibregroup.com

Quellen: Interview Laurent de Morelos, CEO von Equilibre Bioenergy, Bilder: Equilibre Bioenergy, Text: Ulrike Stöckle

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