Große Studie zur Arbeitsbelastung
Im besten Falle kennt man sie nicht, die Situation, am Arbeitsplatz überfordert zu sein, ständig unter Druck zu stehen, keinerlei Anerkennung zu bekommen. Die Situation in Deutschland sieht allerdings mehrheitlich genau so aus. So wundert es nicht, dass viele Arbeitnehmer unter psychischen Erkrankungen, wie dem Burnout-Syndrom, leiden. Die Technische Universität Chemnitz und das Sigmund-Freud Institut Frankfurt legen Ergebnisse ihrer Studie vor.
Immer mehr Arbeitnehmer in Deutschland leiden unter psychischen Problemen. Als Folge davon sind sie im Job weniger leistungsfähig. Ursache sind dauerhafter Zeit- und Leistungsdruck, regelmäßige Überstunden, geringe Entscheidungsspielräume bei gleichzeitig fehlender Anerkennung und Unterstützung durch Führungskräfte.Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der TU Chemnitz und des Sigmund-Freud-Instituts in Frankfurt am Main. In der Studie wurden Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Supervision e. V. (DGSv) befragt. Supervisoren beraten Unternehmen und Organisationen und haben somit einen ausgiebigen Einblick in die Arbeitsbedingungen der von ihnen betreuten Organisationen.
Arbeitswelt im Wandel
Prekäre und kurzfristige Arbeitsverhältnisse nehmen zu. "Die Deprofessionalisierung, also die Ersetzung von Fachkräften durch Hilfsarbeiter, stieg ebenso an. Normale Arbeitsverhältnisse sind erodiert", sagt Prof. Rolf Haubl, Leiter der Studie am Siegmund-Freud-Institut Frankfurt.
2008 gaben fast 80 Prozent der Befragten an, dass Beschäftigte unter dauerhaftem Leistungsdruck stehen, 2011 waren es bereits mehr als 90 Prozent. Ebenfalls über 90 Prozent der befragten Experten führen die steigenden Erkrankungszahlen, insbesondere bei Burnout-Phänomenen, auf die zunehmende Arbeitsbelastung zurück.
Fast 70 Prozent erklären zudem, dass ökonomische Kriterien zunehmend Qualitätsstandards verdrängen und es wachsende Konflikte über Leistungsstandards zwischen Management und Mitarbeitern gibt.
Prof. G. Günter Voß, Leiter der Studie an der TU Chemnitz, fasst die Ergebnisse folgendermaßen zusammen: "Nimmt man dauerhaften Leistungsdruck als aussagefähigen Indikator für die Belastungen am Arbeitsplatz, dann haben diese von 2008 auf 2011 keineswegs abgenommen. Im Gegenteil: Sie stabilisieren sich auf hohem Niveau".
Folgen: Demoralisierung und Erschöpfung
Mitarbeiter fühlen sich in vielen Bereichen überfordert, bekommen aber kaum Anerkennung für ihre geleistete Arbeit. Zudem werden sie auch nicht immer leistungsgerecht belohnt. Zusammen mit Konflikten um Qualität und Sinn der Arbeit führt das, laut Studie, bei Arbeitnehmern zu einer gravierenden Demoralisierung und Erschöpfung.
Negatives Betriebsklima kann außerdem dazu führen, dass Mitarbeiter Angst haben, psychische Belastungen gegenüber ihrem Vorgesetzten zur Sprache zu bringen. Über 60 Prozent der Befragten befanden, dass Führungskräfte nur unzureichend Halt und Orientierung bieten.
Was tun?
Folgende Strategien könnten Abhilfe schaffen, um die Arbeitsqualität und –gesundheit von Mitarbeitern zu verbessern:
- Führungskräfte sollten die geleistete Arbeit anerkennen und leistungsgerecht belohnen
- Vorgesetzte sollten belastungsreduzierende Hilfestellungen leisten
- eine gute Arbeitsatmosphäre sollte geschaffen werden
Voß fasst die Handlungsempfehlungen aus der Studie zusammen: "Wollen Arbeitgeber etwas gegen die Erschöpfung ihrer Belegschaften tun, dann können sie vor allem an folgenden Punkten ansetzen: Ein hoher Arbeitseinsatz sollte deutlich wertgeschätzt und Leistung gerecht belohnt werden. Außerdem braucht es ein Klima, in dem Vorgesetzte die Mitarbeiter vor Überlastungen und nicht zuletzt vor Selbstausbeutung schützen sowie dazu beitragen, dass Probleme angesprochen werden und sich Kollegen solidarisch verhalten".
Quelle:DGSv/TU Chemnitz/Sigmund Freund Institut, Bild: Depositphotos/grinvalds