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Sabine Röck auf der Klimakonferenz in Nieder-Olm.
Klimaschutz muss sexy sein

Klimawandel? Was geht mich das an?

Klima ist nicht nur Wetter. Wie stark sind die Auswirkungen der Klimaveränderung aber auf unseren Alltag? Am ersten Klima-Informationsabend in Nieder-Olm, der großen Zuspruch fand, erläuterte Dr. Gunther Tiersch, Chefmeteorologe vom ZDF, welche Auswirkungen die Klimaveränderungen bereits haben und haben werden.

Wenn wir Bilder von der tauenden Arktis oder von Gletschern in den Alpen sehen, die immer schneller schmelzen, berührt es uns, aber hier scheint der Klimawandel weit weg zu sein. Einige trauern vielleicht noch kurz mit und um die Eisbären, aber dann hört das Mitleid auch schon wieder auf. Viel zu weit weg, sind die kommunizierten Bilder in Verbindung mit der Klimaerwärmung und so berühren sie nicht das eigene Leben, geschweige denn den Alltag.  Außerdem, so empfinden viele, ist es ja schön, wenn der Sommer trocken und warm ist und der Winter nicht so klirrend kalt. Im Social-Web verbreiten User Bilder aus dem Frühling, die Schnee und Kälte zeigen und fragen sich ernsthaft, wo die Klimaerwärmung jetzt eigentlich bleibt und stellen damit alle Experten in Frage. In diesen Momenten fragen wir uns allerdings, was müssen wir noch tun, um eine breitere Gesellschaft zu informieren, wie alltäglich die Auswirkungen und Gefahren der Klimaveränderungen für uns alle werden.

Klimaschutz - an der eigenen Haustür fängt es an

Eine gute Initiative kommt von der Klimaschutzmanagerin Tatiana Herda Muñoz aus Nieder-Olm. Sie setzt dort an, wo wir leben, denn der Klimawandel klopft nicht und fragt auch nicht vorher, ob er vorbeikommen darf. Gemeinsam und in Unterstützung mit der Energieagentur Rheinland-Pfalz, hatte T. Herda Muñoz die Einwohner der Verbandsgemeinde zu einem Vortrag „Klimawandel im Alltag – Mehr als nur Wetter“ geladen, dem über 100 Teilnehmer gefolgt sind. In der anschließenden Experten-Runde mit Klimaschutzmangerin Tatiana Herda Munoz selbst, Eberhard Rathgeb vom Repair Cafe, Dr. Ulrich Matthes vom Kompetenzzentrum für Klimafolgen, Dr. Gunther Tiersch, Sabine Röck von ecowoman und Janine Steeger, gaben diese anhand zahlreicher Beispiele Einblicke in eine bewusste Lebensgestaltung. 

Aus der Heimat in die Arktis, über die Alpen bis ans Mittelmeer und darüber hinaus

Dr. Gunther Tiersch referierte nicht über das Wetter von morgen, sondern vielmehr von gestern und übermorgen. Er schafft es, in seinem überaus spannenden Beitrag die Zuhörer, in eine Welt von gestern und morgen zu entführen und mit den direkten Auswirkungen der Klimaveränderungen zu konfrontieren. Beginnend mit den menschgemachten Umweltproblematiken vor der Haustür in seiner Heimat, zeigte er mit eindrucksvollen und teilweise erschreckenden Bildern, wie intensiv der Klimawandel seine Spuren hinterlässt und dass die meisten Veränderungen längst unseren Alltag beeinflussen und noch stärker beeinflussen werden. Nach einer futuristischen Reise in das Jahr 2030 verstand jeder, dass wir nicht mehr so leben werden wie heute. Es ist nicht nur die Tigermücke, als Überträger des Dengue- und Chikungunya Fiebers, die uns bedrohen kann, weil sie in unseren Breitengraden anfängt heimisch zu werden. Nein, es werden auch extreme Trockenphasen folgen, die unsere Ernährungskette beeinflussen oder Bewässerungsverbote mit sich ziehen. Entgegengesetzt der Trockenphasen werden wir auch öfter Starkregen haben. Die Erinnerung an die katastrophalen Auswirkungen in diesem Jahr dürfte für jeden noch greifbar sein.  

Dr. Gunther Tiersch vom ZDF.

Dr. Gunther Tiersch, Chefmetereologe vom ZDF erklärt die Auswirkungen der Klimaerwärmung.

Erst wenn der Klimawandel das eigene Leben, den Alltag und das Umfeld erreicht hat, fangen wir mal an, uns Gedanken über das Ausmaß unseres Handelns zu machen.

Die Stille im Saal lässt Gedanken erahnen

Ausnahmslos alle Zuhörer und Gäste des Vortrags folgten den Worten aufmerksam. Die überwiegende Stille während Dr. Gunther Tiersch berichtet und erläutert, lässt vermuten, dass die meisten im Saal sich der Ausmaße nicht bewusst waren. Nur selten vernahm man ein Raunen, Stauen oder kurzes Auflachen. Tiersch beherrscht es, die Faszination über das Wettergeschehen bis hin zu den katastrophalen Veränderungen aufrecht zu erhalten und somit die Thematik spannend zu machen, mag sie noch so erschütternd und beängstigend sein.

Expertenrunde aufschlussreich

Die anschließende Expertenrunde, zu der ecowoman eingeladen wurde, sollte den Teilnehmern ergänzend aufzeigen, dass wir gemeinsam sehr viel verändern können und schon jeder noch so kleine Schritt ein wichtiger ist. Ist man sich den wichtigsten Klimasünden erst einmal bewusst, weiß man was man tun kann. Diese Ansicht vertreten wir seit mehr als 5 Jahren und zeigen mit rund 7000 Artikeln, News und Beiträgen weit mehr als nur Beispiele, wie Klimaschutz aussehen kann. Umso erfreuter waren wir, dass wir an dieser Informations- und Diskussionsrunde mitwirken konnten.


Energie, Transport, Konsum und auch der Verkehr sind mit die größten Faktoren, die unserem Klima schaden. Wo können wir dabei also ansetzen, was können wir umsetzen und wo sollten wir aktiv nachfragen und mehr fordern? Sabine Röck von ecowoman erwähnte dabei auch die Vernetzung der öffentlichen Verkehrsmittel, den Ausbau der Radwege, um wenigstens hin und wieder auf das Auto verzichten zu können. Ganz und gar das Auto zu verkaufen, was Janine Steeger vor einigen Jahren getan hat, und seither mit dem Rad, den Öffis und Carsharing unterwegs ist, muss nicht sein, aber man kann das Auto öfter einmal stehen lassen.

Zum Wegwerfwahnsinn, unseren stetigen Konsum, den Transport und die Produktion fördert, unterstrich Eberhard Rathgeb die positive Veränderungen, die zu alten Tugenden zurückführen und Reparaturen wieder „in“ sind. Seine Erfahrungen im Repair Café Nieder-Olm, dessen Unterstützer alle ehrenamtlich arbeiten, sind durchweg positiv. Auch viele junge Menschen haben wieder Interesse daran, Dinge zu reparieren, anstelle sie wegzuwerfen.  Schwer machen es ihnen dabei aber öfter die Industrie und Hersteller, die viele Produkte so konzipieren, dass sie für den Verbraucher nur schwer oder gar nicht zu öffnen seien. Der Austausch zwischen diesen Menschen im Repair Café helfe nicht nur dabei, die Gerätschaften, Spielsachen oder Textilien wieder funktional zu machen, es stärkt auch die Gemeinschaft und den Austausch an Wissen.

Das Land macht es schon mal vor

Dr. Ulrich Matthes vom Kompetenzzentrum für Klimafolgen machte nicht nur unterstützend zu Tierschs Vortrag auf die Gefahren aufmerksam, sondern verwies auf die vielen Maßnahmen, die im Rahmen des Klimaschutzkonzeptes für Rheinland-Pfalz festgelegt wurden.  Ein kommunales und politisches Handeln ist unabdingbar, so umfasst der mehr als 200 Seiten dicke Maßnahmenkatalog Ziele für öffentliche, private, industrielle und politische Ansätze zur Veränderung der aktuellen Situation: Maßnahmenkatalog Klimaschutz.

Dr. Ulrich Matthes informiert über das Klimaschutzkonzept.

Dr. Ulrich Matthes im Gespräch mit Anne Schuster von der Energieagentur Rheinland-Pfalz.

Nachhaltigkeit muss sexy sein

Schon das Wort Nachhaltigkeit ist so oft für negative Assoziationen verwendet worden, dass es gelesen und gesprochen für eine abwehrende Reaktion sorgt. Zu Unrecht. Nachhaltigkeit, bewusster Konsum, Klimaschutz ist alles andere als langweilig oder unsexy. Die Bilder, die sich mit Fair-Fashion und Öko-Kleidung in vielen Köpfen festgesetzt haben, können getrost gelöscht werden, schaut man auf die Outfits von Tatiana Herda Muñoz oder der Moderatorin Janine Steeger. Beide kamen komplett in nachhaltig und fair produzierter Kleidung  und sahen so gar nicht unsexy aus.

Gemeinsam vermittelten alle Diskussionsteilnehmer mit Nachdruck, dass der bewusste Umgang mit unseren Ressourcen, ein grüner Alltag einfacher ist denn je und keinesfalls Lebensqualität, Lifestyle oder Lebensfreude einschränken. Das Angebot ist mehr als umfassend und die Möglichkeiten vielfältig, so dass wirklich jeder mindestens einen Ansatz heute noch umsetzen kann.

Grüner Informationsabend sollte sich wiederholen und Nachahmer finden

Mit gutem Beispiel voran präsentierte sich der Veranstalter selbst rundum grün. Vom Ökostrom bis zu den regionalen vegetarischen Köstlichkeiten und Bio Wein, wurde der Informations-Abend komplett klimafreundlich ausgerichtet. Das anschließende Feedback war durchweg positiv und die Teilnehmer äußerten sich überzeugt etwas ändern zu wollen. Nachahmer sollten sich also auch in anderen Kommunen finden lassen.

Salutesalate sorgte für die kulinarische Unterstützung.

Vegetarisch – bio – lecker, das Catering von Salute Salate in Mainz. 

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Quellen: VG Nieder-Olm, Bilder: Viktor Schwirkschlies, Text: Sabine Röck