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Free Bleeding
Free Bleeding

Free Bleeding: Sinnvoll oder doch eher unhygienisch?

Die Menstruation begleitet uns Frauen schon immer. Trotzdem war sie lange Zeit ein Tabu, über das nicht öffentlich gesprochen wurde. Das soll unter anderem durch Free Bleeding geändert werden und so funktioniert es.

Worum geht es beim Free Bleeding?

Viele von uns Frauen sind damit aufgewachsen, dass die Periode etwas ist, worunter wir leiden müssen und worüber möglichst nicht gesprochen wird, schon gar nicht vor Männern. Dass es sich dabei um einen vollkommen natürlichen Vorgang handelt, für den sich niemand schämen sollte, kommt bei vielen erst in letzter Zeit an. So wird das Thema zum Beispiel immer öfter von Influencerinnen auf ihren Social-Media-Kanälen thematisiert und die gesellschaftliche Stigmatisierung der Periode wird angeprangert. Ein radikaler Gegenentwurf zum bisherigen Umgang mit dem Thema Menstruation ist auch das Free Bleeding.  

Beim Free Bleeding geht es darum, dass ohne die Zuhilfenahme von Periodenartikeln menstruiert wird. Es existiert im Grunde schon seit Jahrhunderten, allerdings nur, weil Frauen früher häufig gar keine andere Wahl hatten. Menstruationsartikel, wie wir sie heute kennen, gab es noch nicht oder waren für die meisten Frauen gar nicht zugänglich. Heute wird der Verzicht auf Binden oder Tampons aber bewusst praktiziert.

Von Protest bis Körperbewusstsein: Das sind die Gründe für Free Bleeding

Die Gründe für diese Entscheidung sind vielfältig. Einigen Frauen geht es darum, mit dem gesellschaftlichen Tabu der Menstruation zu brechen und ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass es sich um einen ganz natürlichen Vorgang handelt. Es ist für manche auch eine Form des Protests, um deutlich zu machen, dass nicht jede Frau über die finanziellen Mittel verfügt, um sich mit Hygieneprodukten zu versorgen und welche Mengen an Abfall durch die Nutzung von Binden und Tampons entstehen. Anderen Frauen geht es aber auch einfach darum, ihren Körper besser kennenzulernen und ihre Periode auf natürliche Art zu erleben. Einige Frauen, die Free Bleeding praktizieren, greifen auf Binden oder Periodenunterwäsche zurück. Denn bei ihrer Nutzung fließt das Blut auch ungehindert aus dem Körper. Genau genommen geht es beim Free Bleeding aber um den kompletten Verzicht auf jegliche „Hilfsmittel“.

Free Bleeding

Kann das wirklich funktionieren?

Anders als beispielsweise bei Urin lässt sich der Ausfluss von Periodenblut kaum kontrollieren. Anhängerinnen des Free Bleeding berichten allerdings davon, dass sich meistens durch ein Ziehen im Unterleib ankündigt, wann Menstruationsblut den Körper verlässt. Wer das rechtzeitig bemerkt, kann demnach auf die Toilette, um das Blut dort loszuwerden. Auch eine Massage des Unterleibs soll helfen, um den Beckenboden zu entspannen und das Blut in einem Schwall abfließen zu lassen. Da aber jeder Körper anders ist und auch jede Periode von Frau zu Frau unterschiedlich abläuft, ist es fraglich, ob so ein „kontrolliertes“ Bluten wirklich für jede umsetzbar ist. Auf jeden Fall braucht das Übung, wenn es funktionieren soll. Bis man den eigenen Körper gut genug kennt, um abschätzen zu können, wann Blut fließen wird, dauert es sicher einige Zeit. Vor allem, wenn zuvor immer Binden oder Tampons genutzt wurden und man sich darüber bisher keine Gedanken machen musste. Manche Frauen haben nur leichte Blutungen, andere dagegen leiden unter sehr starken Perioden und für sie wäre Free Bleeding ohne ein ständiges Aufsuchen der Toilette vermutlich undenkbar.

So steht es um die Hygiene

Bisher sind keine gesundheitlichen Vorteile bekannt, die das Free Bleeding mit sich bringt. Wer auf Tampons verzichtet, umgeht das Risiko des toxischen Schocksyndroms, welches auftreten kann, wenn ein Tampon zu lange im Körper verbleibt. Das Risiko daran zu erkranken ist allerdings eher gering und auch mit der Nutzung von Binden oder Periodenunterwäsche kann man dies verhindern.

Darüber, wie hygienisch Free Bleeding ist, lässt sich wohl streiten. Befürworter werden vermutlich damit argumentieren, dass es sich um eine natürliche Körperfunktion handelt und dass die Verurteilung als unhygienisch das Stigma rund um die Periode nur verstärkt. Tatsache ist aber auch, dass Periodenblut einen starken Geruch entwickeln kann, wenn es mit Sauerstoff in Kontakt kommt. Außerdem ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass durch die Kleidung geblutet wird und dass das Blut auf Untergründe wie Sitzmöbel gelangt. Deswegen ist es sehr schwierig, Free Bleeding außerhalb des eigenen Zuhauses umzusetzen. Und selbst dort empfiehlt es sich, auf einer Unterlage zu sitzen, die das Blut aufnehmen kann. Das kann zum Beispiel ein Handtuch sein, welches den Kontakt mit Möbeln verhindern soll.  

Das Problem mit Free Bleeding

Selbstverständlich kann keiner Frau vorgeschrieben werden, wie sie sich während ihrer Periode zu verhalten und wie sie damit umzugehen hat. Vor allem in den eigenen vier Wänden ist jedem selbst überlassen, ob Binden oder Tampons getragen werden oder nicht. In der Öffentlichkeit oder am Arbeitsplatz gestaltet sich das allerdings deutlich schwieriger. Ständig darauf zu achten zu müssen, ob man blutet oder nicht, stellt eine große Herausforderung dar, vor allem für Anfänger des Free Bleeding. Geht doch mal etwas daneben, werden auch die Mitmenschen durch Geruch oder Flecken auf Oberflächen davon beeinflusst. Ja, es handelt sich bei der Menstruation um einen ganz natürlichen Vorgang, aber: Auch das öffentliche Urinieren ist schließlich nicht gerne gesehen, egal ob beim Mann oder bei der Frau. Und dabei handelt es sich ebenfalls um etwas „eigentlich“ ganz Natürliches. Die Erwartung, dass Körperflüssigkeiten nicht ungehindert laufen gelassen werden, hat also nichts mit der Diskriminierung von Frauen zu tun, sondern dabei handelte es sich um eine gesellschaftliche Norm, die das Einhalten von hygienischen Zuständen sichern soll und somit auch einen Zweck erfüllt.

Die Diskussion um Free Bleeding ist ein Luxusproblem

Außerdem: Dass wir überhaupt die Möglichkeit haben uns Gedanken darüber zu machen, ob wir Periodenartikel nutzen oder nicht, ist ein großes Privileg, über das wir uns bewusst sein sollten. In vielen Regionen der Welt haben Frauen keine andere Möglichkeit als ohne Binden und Tampons zu menstruieren, einfach weil sie sich diese nicht leisten können.

Ein Tabu rund um die Periode sollte es im Jahr 2022 natürlich auch längst nicht mehr geben. Für mehr Akzeptanz und Aufklärung über den weiblichen Körper braucht es keinen radikalen Verzicht wie beim Free Bleeding. Stattdessen kann auch einfach darüber geredet werden. Mädchen kann schon von der ersten Periode an vermittelt werden, dass es keinen Grund gibt sich zu schämen. Schließlich gehört dieser Prozess zu einem gesunden weiblichen Körper dazu.

Nachhaltiges menstruieren geht auch anders

Menstruationstasse

Wer während der Periode nachhaltig handeln möchte, hat genug Alternativen zum Free Bleeding. Schon seit längerem gibt es zum Beispiel wiederverwendbare Periodenunterwäsche oder Menstruationstassen. Und mit Bio-Tampons oder Bio-Binden kann sichergestellt werden, dass der Körper während der Periode nicht mit Schadstoffen in Kontakt kommt, wie es bei der Verwendung von konventionellen Produkten häufig der Fall ist.

Quelle: healthline, thefemalecompany, healthshots, Bilder: Depositphotos/vova130555@gmail.com, Unsplash/Monika Kozub, Oana Cristina, Text: red