Wo Bauernhofidyll und Großstadt in Symbiose existieren

Die verlassenen, sehr zentral gelegenen Docklands am Südufer der Londoner Themse waren bereits in den siebziger Jahren der Ausgangspunkt für ein einmaliges Projekt - die Surrey Docks Farm. Der Ansatz war, den Großstädter eine einmalige Möglichkeit zu geben, etwas über das Leben auf dem Bauernhof und die Lebensmittelproduktion zu lernen. Inmitten der Großstadt. Auch zum Mitmachen wurde und wird ausdrücklich auf dem von einer Genossenschaft  betriebenen Bauernhof eingeladen. Letztlich wie eine ländliche Oase liegt die Surrey Dock Farm am Ufer des Flusses, vor der Skyline des weltweit wichtigen Finanzstandortes.

Wo sich die Sau noch suhlen darf - und Kinder dies wie ein einmaliges Ereignis erleben dürfen... © Surrey Docks Farm

Da grasen Schafe, Ziegen und Kühen einträchtig miteinander, die Schweine suhlen sich artgerecht im Schlamm und die Bienen summen fleißig um die Wette, nicht nur in der eigenen Obstplantage. Dies und noch viel mehr können Jung und Alt auf dem Bauernhof entdecken und aktiv miterleben. Denn zum Mitmachen wird ausdrücklich eingeladen. So gibt es Kurse für Interessierte an der Imkerei, Mitmachaktionen in der eigenen Schmiede oder werden Unterrichtseinheiten mit Schulklassen organisiert, die für die Theorie auch auf ein eigens eingerichtetes Klassenzimmer zurückgreifen können. Denn, auch wenn der Bauernhof tagtäglich seine eigenen Lebensmittel produziert, so liege der Schwerpunkt auf der Pädagogik. Und dies in vielerlei Hinsicht.

Ein Herz und eine Chance für Lernschwache

Strahlende Kinderaugen: Auf der Farm lernen Kinder die komplexen Vorgänge in einem Bienenstock.  © Surrey Docks Farm

Eine der vielen Besonderheiten ist es, dass gerade lernschwache Kinder hier auf dem Bauernhof ein Praktikum machen können. Wie funktioniert Landwirtschaft überhaupt, wie werden die verschiedenen Tiere gefüttert, wie kümmere ich mich in einer artgerechten Aufzucht um die Tiere, wie funktioniert die Aufzucht von Jungtieren – diese und weitere Angebote werden in Theorie, vor allem aber auch in der Praxis in der fünf Millionen Metropole hautnah erlernt in einem oder mehreren Kursen und in bis zu vierzig Wochen. Unter pädagogischer Anleitung und in Kleingruppen von maximal vier Personen.

Nicht nur Schulklassen willkommen

Fast schon surreal: Freilaufende, artgerecht gehaltene Tiere wie diese Rinder - inmitten der Großstadt. © Surrey Docks Farm

Durch das ganze Jahr hindurch besuchen Schulklassen die Surrey Docks Farm. Und für die Schüler gibt es viel zu lernen. So staunen sie über das Bienenvolk, welches inmitten der Großstadt Honig produziert, können die klassischen Bauernhoftiere aktiv erleben – oftmals zum ersten Mal – und beim Schmied, der einst in jedem Dorf ein wichtiger Bestandteil der ruralen Gemeinschaft war in die ‚Lehre‘ gehen. 

Auch Erwachsene mit Lernschwächen sind eingeladen, sich in Kursen ein völlig neues Wissen anzueignen. Sie lernen die Herstellung von Joghurt, wie man Bienen hält und Honig und Kerzen aus Bienenwachs herstellt oder bekommen die Batiktechnik beigebracht. Anschließend können sie selbst entscheiden, ob sie die meist mit Stolz produzierten Güter mit nach Hause nehmen oder im Hofladen verkaufen lassen. Dieser ist übrigens für jedermann offen, der die zahlreichen Bauernhofprodukte kaufen möchte. Surrey Dock Farm – einst ein Projekt das Brachland nutzbar machen sollte ist heute ein pädagogisches Zentrum, dass dem Stadtkind das Landleben mit all seinen Facetten nahebringt.

Ein besonderer Fokus: Kindern wie Erwachsenen mit Lernschwäche neue Perspektiven aufweisen. © Surrey Docks Farm

Die Farm ist eine Genossenschaft, die ihre Erlöse zum großen Teil aus Spenden erzielt, aber auch von der Landwirtschaft selbst ihre Kosten bestreitet. Aktuelle Schirmherren sind der Bischof von Southwark und das engagierte Parlamentsmitglied Simon Hughes. Ein nachhaltiges Bildungs-Konzept, das gerne auch Hierzulande Schule machen dürfte.

In der Schmiede heißt es kräftig mitanpacken.  © Surrey Docks Farm

Quelle und alle Bilder: www.surreydocksfarm.org.uk/ Text: Jürgen Rösemeier