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Äthiopische Kinder
Nahrungsmittelversorgung

Was tun gegen drohende Hungersnöte?

Die Ukraine ist ein großer Weizenproduzent und der Krieg hat weitreichende Folgen für die Nahrungsmittelversorgung in anderen Ländern. In Afrika droht nun eine Hungersnot. Wir brauchen also dringend bessere Konzepte für die globale Nahrungsversorgung, wie können diese aussehen? 

Das sind die globalen Folgen des Ukrainekriegs

Lange hielten es viele nicht für möglich, aber durch den Angriff von Russland auf die Ukraine herrscht mitten in Europa wieder Krieg. Seitdem erreichen uns tagtäglich Bilder von Leid und Zerstörung aus dem Land. Immer noch ist unklar, wie sich die Situation weiter entwickeln wird und der Krieg verursacht auch schwerwiegende Probleme in anderen Teilen der Welt. Als großer Weizenproduzent versorgt die Ukraine vor allem auch afrikanische Länder mit dringend benötigter Nahrung. In unserer globalisierten Welt hat das Fehlen des Getreides aus der Ukraine Auswirkungen auf die Nahrungssicherheit in einigen der ärmsten Länder. Und die Preise für Lebensmittel werden immer teurer. Am Horn von Afrika kommt nun auch noch eine der schwersten Dürren seit Jahrzehnten hinzu und verschärft die Situation zusätzlich.

Die Zusammenhänge der globalen Ernährung und Lösungsansätze für derzeit bestehende Probleme waren Themen bei dem virtuellen Nagaya-Talk der Stiftung Menschen für Menschen. Teilgenommen an der Diskussion haben Dr. Sebastian Brandis, Vorstandssprecher der Stiftung Menschen für Menschen, Dr. Bettina Rudloff, Agrarökonomin und Forscherin bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, und Dr. Jes Weigelt, Agrarökonom und „Head of Programmes“ bei TMG, einer Denkfabrik für Nachhaltigkeit.

Wie verhindern wir Hunger in unserer globalisierten Welt?

Beim Nagaya-Talk wurde von den Diskussionsteilnehmern festgestellt, dass es viele unterschiedliche Faktoren gibt, die zu einer Lebensmittelknappheit führen können. Das können Naturkatastrophen, Kriege oder Krankheiten wie die Coronapandemie sein. Aktuelle Preissteigerungen verschlimmern das Problem. Allerdings entsteht Hunger in den meisten Fällen durch eine schlechte oder ungerechte Verteilung und fehlenden Zugang zu Nahrung, nicht unbedingt durch eine unzureichende Produktion. Und Frauen und arme Menschen haben generell einen viel schlechteren Zugang zu Nahrung als Männer oder wohlhabende Personen.

Um Hunger zu bekämpfen, müssen wichtige Voraussetzungen für eine sichere Nahrungsmittelversorgung erfüllt werden. Dazu gehört die Verfügbarkeit durch inländische Produktion oder Importe und Nahrungsmittelhilfen. Auch der Zugang zu Nahrungsmitteln muss ermöglicht werden. Dazu zählt auch, dass Nahrung bezahlbar ist und Menschen die Möglichkeit haben, genug zu verdienen, um es sich überhaupt leisten zu können. Außerdem muss die Nahrung durch den Zugang zu Energie und Wasser nutzbar sein können. Ohne diesen Zugang ist weder der Anbau noch die Zubereitung möglich. Nur durch Verfügbarkeit, Zugang und Nutzbarkeit kann zukünftig eine stabile Nahrungsmittelversorgung entstehen.

Der Platz für Nahrung wird knapp

Auch eine sinnvolle Flächennutzung kann zu einer ausreichenden Nahrungsmittelversorgung beitragen. In der EU werden jetzt zum Beispiel ökologische Brachflächen genutzt, um Getreide anzubauen. Häufig sind die Flächen, die genutzt werden können, aber sehr begrenzt. Oder sie werden zum Anbau für Viehfutter genutzt und nicht zum Anbau von für den Menschen direkt verwendbarer Nahrung.

Bei der Diskussion wurde auch festgehalten, dass die Versorgung von Nahrungsmitteln nicht durch Krisen verhindert werden darf. Dafür braucht es eine Krisenfestigkeit, auch Resilienz genannt, der Angebotsseite. Das funktioniert besonders gut mit einer großen Nahrungsvielfalt. Durch die Auswirkungen des Klimawandels kann es zum Beispiel bei einer bestimmten Frucht- oder Gemüseart zu Ernteausfällen kommen. In diesem Fall braucht man andere Sorten, auf die man zurückgreifen kann. Agrarökonom Dr. Jens Weigelt schlug einen möglichen Lösungsansatz vor: „Mir erscheint es sinnvoller, in Agrarsysteme zu investieren, die verschiedene Einkommensmöglichkeiten bieten, verschiedene Fruchtarten abdecken und zum Beispiel Fragen der Agroforstwirtschaft mit einbinden. Es geht darum, die Resilienz eines Systems zu erhöhen, und nicht die Resilienz eines einzelnen wie eine Fruchtart.“ So kann die Landwirtschaft besser auf Krisen reagieren und wird nicht so massiv von den Auswirkungen getroffen wie bisher.

Diese Arbeit leistet die Stiftung Menschen für Menschen

Um den Bedrohungen des Klimawandels etwas entgegenzusetzen ist laut den Diskussionsteilnehmern auch die nachhaltige Nutzung von Böden unverzichtbar. Besonders gut funktioniert das zum Beispiel in Afrika durch nachhaltige Initiativen vor Ort. Die Stiftung Menschen für Menschen setzt sich für eine Zusammenarbeit von Akteuren aus Europa, Asien und Afrika ein. Ohne diese Zusammenarbeit funktioniert es in unserer vernetzten Welt nicht mehr, außerdem werden instabile Gesellschaften in Afrika möglicherweise auch zu einem Sicherheitsrisiko für Europa. Deshalb muss die Möglichkeit der Selbstversorgung von Menschen vor Ort mit Nahrungsmitteln, Wasser, Bildung, Gesundheit und der Verbesserung des Einkommens durch den Aufbau lokaler Ökonomie ermöglicht werden. Seit 1981 leistet die Stiftung Menschen für Menschen deswegen nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit in Äthiopien. Dabei setzen im Moment in zwölf verschiedenen Projektregionen 600 fest angestellte Mitarbeitende ländliche Entwicklungsprojekte um, alle von ihnen stammen aus Äthiopien. Bei den Projekten werden die Bereiche Landwirtschaft, Wasser, Bildung, Gesundheit und Einkommen miteinander verzahnt und ermöglichen den Bewohnern des Landes, ihre Lebensumstände selbstständig zu verbessern. Indem die Menschen und die Landwirtschaft direkt unterstützt und gestärkt werden, können zukünftig Hungerkatastrophen verhindert werden.

Mehr zu der Arbeit der Stiftung gibt es auf der Homepage menschenfuermenschen.de

Quelle: Stiftung Menschen für Menschen, Bild: Pixabay/emocje, Text: Fatma Cevik