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Upcycling Fashion
Upcycling im Piratenstil

Upcycling Fashion Lederreste im Piratenlook

Bereits seit zehn Jahren arbeitet die Düsseldorfer Modedesignerin Sibylle Dalan mit ihrem Accessoireslabel Jolly Rogers daran alten Lederresten ein neues und vor allem stilbewusstes Leben einzuhauchen. Wie es dazu kann und warum Re- und Upcycling die Norm statt die Ausnahme sein sollten erzählt sie im Interview.

 Hallo Sibylle. Kannst du dich bitte kurz vorstellen

Sibylle Dalan: Klar, gerne Ich heiße Sibylle Dalan, bin 46 Jahre alt, gelernte Damenschneiderin, Diplom-Ingenieurin für Bekleidungstechnik und Modedesignerin. Zudem Ehefrau und Mutter von zwei Teenagern. Vielleicht kurz zur Geschichte des Labels. Jolly Roger ist eigentlich eher durch einen Zufall entstanden. Mein Sohn wollte unbedingt eine Piratenfahne, eine Jolly Roger, über dem Bett hängen haben. Also hab ich ihm eine genäht und dann einfach nicht mehr aufgehört. Meine nächsten Piraten entstanden als Applikationen aus Lederresten auf T-Shirts. Weitere Motive mit Lederelementen folgten, Freunde und Schulkameraden würden darauf aufmerksam und so stieg dann auch die Nachfrage. Jolly Roger kommt übrigens von Jolie Rouge, dem schönen Roten. Piraten malten zur Abschreckung einen roten Totenkopf auf ihre Flagge...

Wie hat sich das Label denn dann weiter entwickelt und was hast du heute alles so im Programm?

So richtig los ging es wie gesagt mit den Shirts, die ich sowohl für Babys und Kids als auch für Erwachsene angeboten habe. Die Basis waren damals fair produzierte Styles von American Apparel, die ich mit Designs aus Leder veredelt habe und die im Freundes und Bekanntenkreis verkauft wurden. Später kamen dann erste Kleinserien für Händler wie Baby Kochs in Düsseldorf, Pfüller in Frankfurt und Korb Meyer in Stuttgart hinzu und heute habe ich über 60 verschiedene Motive zuzüglich Buchstaben und Zahlen. Wobei ich mittlerweile nur noch recht selten mit Shirts arbeite. Die aktuelle Produktpalette besteht vor allem aus Taschen- und Schlüsselanhängern, Schlüsselbändern, Visitenkartenetuis, Geldbeuteln, Kabelhaltern, Kosmetiktäschchen, Stiftetuis, Clutches, Umhängetaschen, Shoppern, Turnbeuteln und Rucksäcken. Dazu Sitzkissen, Türstopper, Lederarmbänder und Wickelarmbänder aus Lederschnüren und Perlen und ständig kommt etwas Neues hinzu.

Dabei arbeitest du ausschließlich mit Restware. War das eine bewusste ökologische Entscheidung?

Ich habe einen Keller voller Dinge, die ‚zu schade zum Wegwerfen’ sind und ‚aus denen man doch sicher noch etwas machen kann’. Die alten Knopfkisten meiner Großmutter, die Schneiderin war, habe ich beispielsweise immer gehütet und seit dem Studium sammele ich Stoffe und Zutaten. Du siehst, die Idee Altes zu Neuem zu machen treibt mich bereits eine ganze Weile um. Wobei Leder nicht zuletzt dank seiner Robustheit und Langlebigkeit immer etwas Besonderes für mich war.

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Wie kommst du denn an Nachschub?

Am Anfang habe ich mein Leder vor allem direkt aus der Möbel- und Schuhindustrie bekommen. Mittlerweile arbeite ich mit Händlern zusammen, die sich auf Überhänge und Musterstücke spezialisiert haben und stöbere zudem gerne auf Flohmärkten. Um noch einmal auf deine Frage zur Ökologie zurückzukommen. Ja, ich habe mich sehr bewusst dazu entschieden mit Resten zu arbeiten. Klar, Re- und Upcycling sind im Trend aber für mich ist das ein Konzept das mir schon meine Großeltern vorgelebt haben. Ich sehe es als ökologische Notwenigkeit an mit den vorhandenen Ressourcen möglichst gut und nachhaltig zu wirtschaften.

Wichtig ist mir auch der Aspekt der Fairness. Um ein in allen Belangen gutes Produkt zu gewährleisten mache ich vom Einkauf über Design und Produktion bis hin zur Vermarktung und Verkauf alles selbst. Und natürlich gibt es neben den ökologischen auch ökonomische Gründe die ich nicht verschweigen will. Reste und Ware mit Fehlern sind günstiger haben aber meiner Meinung nach auch wesentlich mehr Charakter.

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Welche Materialien verwendest du aktuell für deine Kollektionen?

Leder in Silber, Gold, Kupfer mit verschiedensten Prägungen. Seit neuestem auch Lammfellreste aus einer Düsseldorfer Kürschnerei. Gerne aber auch Jeans und Canvasreste, die mit Leder kombiniert werden.

Wo kann man Jolly Roger kaufen?

Auf der Jolly Roger-Website, in meinem Dawanda-Shop und bei Etsy. Zudem bin auch häufig auf Designmärkten und natürlich kann man mich auch in meinem Atelier besuchen. Ich arbeite zwar gerade am Ausbau des Onlinehandels aber eigentlich ist mir der direkte Kontakt zu meinen Kunden am liebsten zumal ich ja auch einen Kustom-Service anbiete. Sprich Interessierte können sich Lederart und -farbe für ihre Tasche oder den Schmuck individuell zusammenstellen und so aus einem Einzelstück ihr Einzelstück machen.

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Interview: Andreas Grüter