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Fleisch aus dem Labor: Forscher züchtet Klonfleisch

Ein belgischer Forscher präsentiert in Kürze einen Hamburger der Öffentlichkeit, dessen Fleisch rein im Labor entstandt. Aus 20.000 Fleischfasern, die in Petrischalen gezüchtet wurden. (c) iStockphotos/Thinkstockphotos

Fleisch aus dem Labor

Klonfleisch aus dem Labor: Nachhaltiger Gipfel des Genusses?

Es diene dem Umweltschutz, vermindere den Treibhausgasausstoß und sei ein Sieg in Sachen Tierschutz und Ressourcenschonung. Was sich ein Forscher der Uni Maastricht einfallen ließ, soll im Juni nun in London seine Uraufführung haben – ein etwa 150 Gramm wiegender Hamburger, der rein aus Fleisch aus dem Labor besteht. Eine Errungenschaft?

Das waren noch Zeiten, gruselige Zeiten, als im Englischunterricht der in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts erschiene Roman von Aldous Huxley, ‚Brave New World‘, zur Pflichtlektüre gehörte. Von pränataler Manipulation der gesamten Menschheit war da die Rede und von postnataler Konditionierung. Alles Zukunftsmusik? Kommt sie zum Glück doch nicht, die Zeit, in der an dem was man Schöpfung nennt herumpfuscht in Laboren und Versuchsanstalten? Hm, nicht nur der umstrittene Philosoph Peter Sloterdijk sagte Ende der 90er Jahre „Sie ist schon längst da“.

Fleisch aus dem Labor

Viele Argumente sprächen für das, was Dr. Mark Post von der Universität Maastricht nun gelang und als Sensation gepriesen wird. Der Forscher nahm eine Zelle aus einen Nackenmuskel eines toten Rindes im Schlachthaus, Stammzellen aus dem Uterus einer trächtigen Kuh um diese zu klonen und Unmengen von Petrischalen, um insgesamt 20.000 Fleischfasern zu züchten, die in Kürze in London der öffentlichen Verspeisung dienen. Der Forscher plant, das Fleisch zu einem Burger zu formen, das lediglich mit Salz und Pfeffer gewürzt als Hamburger präsentiert werden soll. Das Ziel des Forschers ist es, im Labor erzeugte Lebensmittel eine Realität für den Konsumenten zu machen.

Post sagt gestern gegenüber den New York Times, dass der Burger „ganz gut“ schmecke und mit seiner öffentlichen Burger-Präsentation wolle er Konsumenten wie Investoren davon überzeugen, dass in-Vitro Lebensmittel nicht mehr nur eine bloße Fantasie sind. Schließlich sprächen viele Vorteile für solch eine Fleischproduktion. Neben der Fettfreiheit seien die vieldiskutierten Klima- und Umweltbelastungen ein gutes Argument für seine Ideen zum Fleisch aus dem Labor. Noch ist der Burger mit geschätzten 345.000 Dollar – etwa 267.000 Euro – nicht gerade billig. Doch wenn der Konsument erst einmal überzeugt von dem Labor-Fleisch sei, dann würde die Massenproduktion den Preis erheblich senken.

Auf ein Wort… „Du bist, was Du isst“

Schon lange ist der Respekt vor Lebensmitteln offensichtlich auf breiter Ebene verloren gegangen. Alleine in Deutschland werden laut Recherchen von Michael Schieferstein, Aktionist der FoodFighters, der gegen den globalen Lebensmittelwegwerf-Wahnsinn aktiv ist (wir berichteten), alleine in Deutschland mehr als 20 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen. Und es ist nicht ausschließlich der Konsument, dessen alte Semmeln oder angegammeltes Gemüse im Müll landen. Denn geschätzte 30 – 40 Prozent des hierzulande produzierten Obst und Gemüses  verbleiben auf dem Acker, die ‚Culinary Misfits‘ wie sie eine gleichnamige Berliner Initiative nennt. Im Fleischsektor werden beispielsweise 40 Millionen Schweine und nur in Deutschland jährlich gezüchtet. 20 Millionen hiervon landen auf dem Müll. Meist aufgrund von Überproduktionen wie es heute versachlicht heißt, aufgrund von Massenbevorratung in unseren Supermärkten, aber auch, weil der Konsument meist nur noch das schöne Schweinefilet konsumieren will.

Vegan, vegetarisch oder einfach ganz konventionell ernährt – würde der Verschwendung ein Ende gesetzt, die produzierten Lebensmittel sinnvoll und nachhaltig und mit Respekt behandelt und verwertet, würde ein nachhaltiger Konsum wieder Einzug halten in einer Zeit, in der die vielen, vielen globalen Probleme die die Nahrungsmittelproduktion auslöst weitläufig bekannt sind, wären solche vermeintlich bahnbrechenden Errungenschaften noch nicht mal ansatzweise nötig.

Neben weltumspannenden Konzernen wie Mosanto und Co., die erheblichen Einfluss in die Lebensmittelproduktion nehmen, nun das: Fleisch aus dem Labor, makellos, fettfrei und vielleicht auch gut für die Umwelt. Aber es soll ja auch bereits Fleisch von Klonrindern in den USA geben. Du bist, was du isst.

Via New York Times und www.foodfighters.biz, Text: Jürgen Rösemeier