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Naturtextilien für verantwortungsvolle Verbraucher
Die Textilindustrie und ihre Sozialstandards standen im Fokus einer hochkarätig besetzten Paneldiskussion auf der INNATEX 35, die von der bekannten TV-Moderatorin Janine Steeger geleitet wurde.
Mode mit garantiert gutem Gewissen wurde auf der Innatex 35 präsentiert © ecowoman.de
Zu Anfang der Expertenrunde wurde deutlich, weshalb noch immer kein einheitliches Ökolabel existiert mit dem nachhaltige Textilien zertifiziert werden können. Heike Scheuer, Geschäftsstellenleitung Internationaler Verband der Naturtextilwirtschaft e.V. erklärte, dass es sehr viele Aspekte gebe, die dabei zu berücksichtigen seien. Nachdem Janine Steeger die Frage in den Raum stellte, weshalb man sich nicht auf zwei oder drei Ökolabel fokussieren könne, wies Heike Scheuer darauf hin, dass ein runder Tisch mit verschiedenen Initiativen notwendig sei, um sich dem Thema Siegelfindung zu nähern. Weiterhin sei es ihrer Ansicht nach wichtig, die Politik mit ins Boot zu holen.
Lavinia Muth, Supply Chain, Projektmanagerin bei Sustainable Management GmbH (GSM) machte auf die Problematik der Kinderarbeit aufmerksam, die vor allem in Indien und Bangladesch ein großes Thema sei. Sie verdeutlichte, dass noch keine geeigneten Kontrollmechanismen gefunden wurden, weil schon alleine die Definition von Kinderarbeit kulturell unterschiedlich aussehe. Für Stefan Niethammer, Inhaber und Geschäftsführer von 3FREUNDE dagegen ist klar, wann Kinderarbeit vorliegt. „Kinderarbeit beginnt da, wo Kindern die Möglichkeit genommen wird, sich zu bilden und lediglich ihre Arbeitskraft genutzt wird (Ausbeutung). Mithilfe auf dem Bauernhof NACH der Schule stellt m.E. nach kein Problem dar und ist/war ja auch in Deutschland Usus?“, gab er zu Bedenken und bezeichnete die Initiative Fairtrade als einen Schritt in die richtige Richtung, wenn für Baumwolle mehr ausgeben werde, um Kinderarbeit zu vermeiden. In seinen Augen sei es zwingend notwendig mehr in Bildung zu investieren, um auch Werte wie Humanität und Effizienz zu vermitteln.
Für eine bessere Verbraucheraufklärung beim Thema Naturtextilien machte sich Enrico Rima stark. Der Gesellschafter von Lebenskleidung forderte, dass kein Gen-Saatgut verwendet werden dürfe, ebenso wie einen Verzicht auf Pestizide, Kunstdünger auf Erdölbasis usw.. Er plädierte zudem dafür, dass Bauern dazu aufgefordert werden sollten, sich zusammenzuschließen, um Projekte gemeinsam anzugehen.
Ein Unding, dass sich Hersteller selber labeln
Heike Scheuer rief dazu auf, offen über diese Themen zu sprechen, damit die Verbraucher die notwendigen Informationen erhalten.
Den Verbrauchern müsse allerdings klar sein, meinte Stefan Niethammer, dass Naturtextilien ihren Preis haben. Die Einkaufspreise seien höher, Zertifizierungskosten fielen an und höhere Stückkosten wegen geringeren Anfertigungsmengen.
Auch der Verbraucher ist gefragt
Heike Scheuer hielt dem jedoch entgegen, dass Naturtextilien meist hochwertiger seien als Billigprodukte. Sie forderte weiterhin eine Kombination aus öffentlichkeitswirksamen Aktionen zur Bewerbung von Naturtextilien und gesetzlichen Regelungen. Aber auch Verbraucher müssten, nach Stefan Niethammers Meinung, Verantwortungsbewusstsein zeigen und vor dem Kauf nachfragen, was in dem Produkt steckt und wo es herkommt.
Lavinia Muth richtete anschließend eine Botschaft an Industrie und Handel. Es müsse bewusst sein, dass der Verbraucher zugreift, wenn Billigware angeboten werde.
Die Paneldiskussion hat gezeigt, dass Verbraucher ein hohes Interesse an Naturtextilien haben und einige offene Aufgaben zu bewältigen sind. Ganz oben auf der Agenda stehen verlässliche und überschaubare Ökolabels und politische Entscheidungen für deutliche soziale Standards in der internationalen Textilherstellung. Es bedarf wie in allen Bereichen der Nachhaltigkeit starker Persönlichkeiten, die engagiert für den guten Zweck eintreten.
Mehr Informationen finden Sie auf http://www.innatex.muveo.de/
Text: Peter Rensch