Kindergartenkinder mit Sarah Wiener, DBU-Generalsekretär Dr.-Ing. E. h. Fritz Brickwedde und DBU-Caterer Helge Weber. Foto: www.sarah-wiener-stiftung.org
Starköchin Sarah Wiener: «Massentierhaltung ist eine Sackgasse!»
Sie ist Starköchin, TV-Star und engagiert sich für nachhaltige Projekte und einen Lebensmittelgenuss im Einklang mit Tier und Natur. Sarah Wiener überzeugt durch ihre Visionen, klare Worte und ihre menschenfreundliche Ausstrahlung.
Nachhaltigleben.de sprach mit Sarah Wiener über den respektvollen Umgang mit den Umweltressourcen, dem bewussten Genießen beim Essen und dem Wegwerfwahn bei Lebensmitteln.
Was bedeutet für Sie nachhaltige Ernährung?
Das Wort ist etwas sperrig und inflationär. Ich würde sagen: nachhaltig ist gleich vernünftig.
Stehen Genuss beim Essen und Nachhaltigkeit im Widerspruch?
Ganz im Gegenteil. Sie bedingen sich geradezu. Den wahren Genuss hab ich ja erst, wenn ich mich gesättigt und glücklich fühle und auch wirklich weiß, was ich da gegessen habe!
Wie ist Ihre Meinung zum Thema «Lebensmittel landen im Müll»?
Ich kenne niemanden, der sagt: was ich wegwerfe ist völlig in Ordnung und das können die anderen ruhig auch so halten. Allerdings glaube ich, dass viele Menschen gar nicht darüber nachdenken, dass sie für jede Karotte ein extra Plastiksackerl nehmen und sich Dinge verpacken lassen, die sie gleich zu Hause aufreißen und wegschmeißen. Natürlich kaufen wir zum Beispiel in den Lebensmittelgeschäften zu viel und schmeißen es dann einfach weg – es kostet ja nix. Also schmerzt es uns in keiner Weise. Ich habe zum Beispiel in meinen Leben kaum stilles Mineralwasser für den Gebrauch zu Hause gekauft. Wir haben doch bestes Trinkwasser, das auch noch billiger ist. Und: Selber kochen hilft ungemein gut und genussvoll zu wirtschaften.
Wie verbinden Sie Ihre nachhaltige Lebenseinstellung mit dem Kochen?
Es ist einfach ein vernünftiges Wirtschaften notwendig und es macht mir großen Spaß, mit Resten Schmackhaftes zu kochen. Zum Kochen gehört aber auch das richtige Kochgeschirr, den richtigen Topf mit passendem Deckel sowie die richtige Plattengröße auf dem Herd zu benutzen. Und ganz wichtig: Regionale und saisonale Produkte haben mehr Vitamine, sind frischer und günstiger.
Wie stehen Sie zu alternativen Energiequellen?
Alles, was die Umwelt und nicht nachwachsende Ressourcen schont, ist doch erstrebenswert. So einfach ist das.
Sarah Wiener bei einer Veranstaltung mit Billa in Österreich Foto: www.sarah-wiener-stiftung.org
Müssen wir grundsätzlich bei der Ernährung umdenken und wenn Ja, wie?
Wir essen viel zu viel Fleisch. Das ist weder für uns gesund noch für die Umwelt, die Tiere und in keiner Weise für eine weltweitgerechte Nahrungsverteilung. Ich sehe darin keinen Genuss, schnellwachsendes Fleisch von Turbokühen zu essen, die ihr Leben lang nur Kraftfutter gegessen haben und in Ställen standen. Massentierhaltung ist eine Sackgasse. Wir werden bald nicht mehr so verschwenderisch wie bisher mit den Böden und den Tieren umgehen können. Das begreifen wir erst langsam.
Sie sind ein Vorbild für viele Menschen. Wie gehen Sie mit dieser Verantwortung um?
Ich weiß nicht, ob ich ein Vorbild bin beziehungsweise, es überhaupt sein sollte. Viele Menschen bemühen sich, nach ihren Überzeugungen zu leben und zu handeln. Wir wollen doch alle eine lebensfähige und lebenswerte Zukunft für unsere Kinder und Enkel sowie für alle, die mit uns auf diesem Planeten wohnen. Ich bin Köchin und liebe Lebensmittel. Ich beschäftige mich mit den dazugehörigen Produktion und der Verarbeitung. Grundlage dafür ist der Boden, auf dem wir stehen und den wir leider viel zu wenig schätzen. Wir alle leben von diesem Boden. Wenn wir ihn zerstören, vergiften, durch Erosion verlieren, wird auch unsere Geschichte beendet sein. Wir werden nicht in einer kranken Welt als einzige Lebewesen gesund bleiben können.
Welche neuen Projekte planen Sie?
Ich habe immer ein paar neue Ideen. Meine Firma investiert viel Energie, Zeit und Geld, um Wege zu verfolgen, die wir auf den ersten Blick als sinnvoll erachten. Dazu gehören unter anderem die Züchtung eines Zweinutzungshuhns, Müllvermeidung in den Restaurants zum Beispiel durch den Kauf ganzer Tiere und der Verarbeitung aller Teile. Weiterhin die Verwendung der Stengel und Blätter vom Gemüse für die Zubereitung von Pasta. Oder das beidseitige Bedrucken von Recyclingpapier. Wir experimentieren mit alten Gemüsesorten und bieten immer vegetarische Menüs an. Wir versuchen kein Plastik zu verwenden. Die Nachhaltigkeit ist ein sehr langer steter Weg. Wir haben die letzten Jahre im größten Luxus und Überfluss konsumiert. Nun wissen wir, dass wir diesen Weg nicht so fortschreiten können. Alle sind aufgerufen, die ersten Spuren für neue Wege zu legen. Das ist nicht nur Verzicht und Verantwortung. Das ist auch Entdeckerfreude und Befriedigung.
Vielen Dank für das Gespräch!
Text und Interview: Ulrike Rensch
Sarah Wiener Stiftung: «Für gesunde Kinder und was Vernünftiges zu essen.»
Die 2007 von Sarah Wiener, Alfred Biolek und Freunden gegründete Stiftung setzt sich für eine gesunde Ernährung von Kindern und Jugendlichen ein. Bis Ende 2010 hat sie an rund 350 Schulen, Kitas und Jugendeinrichtungen in 47 Städten 700 Lehrer/innen und Erzieher/innen als Multiplikatoren weitergebildet. Wichtige Ziele der Stiftung sind vor allem praktische Ernährungsbildung (Kochen), Bildung zu Nachhaltigkeit (Auswirkung unseres Konsumverhaltens auf die Umwelt) und die Integration und Weiterbildung benachteiligter Kinder in Teamwork, Feinmotorik und planvolles Vorgehen. In zahlreichen Koch- und Ernährungskursen werden den Kindern diese wichtigen Ziele für ein gesundes und bewusstes Leben vermittelt.
Weitere Infos:
- Sarah Wiener Stiftung: https://www.ecowoman.de/stiftungen/1-sarah-wiener-stiftung
Sarah Wiener engagiert sich zudem für einen bewussten Umgang zum Thema Essen. In diesem Zusammenhang unterstützt sie den WWF bei der Fleischfrage und macht den derzeitigen Fleischkonsum für die Zerstörung des Planeten mit verantwortlich. Auf nachfolgendem Video spricht sie sich für einen nachhaltigen Fleischkonsum aus.