Kurz vor dem Produktionsstart: Ein Innovationsträger kann aus Algen das für Biosprit wie E 10 wichtige Ethanol gewinnen. Die Diskussion um Agrosprit könnte hiermit ein nachhaltiges Ende finden. (c) iStockphotos/Thinkstockphotos
Alternative für Agrosprit: Algen gegen Tank-und-Teller-Problematik
Schon lange wird heiß diskutiert, ob der Biosprit E 10 ein direkter Auslöser für Lebensmittelknappheit darstellt. Denn: Mit Lebensmitteln wird spekuliert, die Preise explodieren und viele arme Menschen auf der Welt können sich keine Grundnahrungsmittel aufgrund dessen mehr leisten. Mit dem Einsatz einer nachhaltigen Innovation aus Österreich könnte diese Diskussion bald ein Ende nehmen…
Viel wird derzeit, zudem sehr kontrovers, die Problematik diskutiert, dass die Produktion des Benzinersatzstoffes E 10 eine Lebensmittelknappheit auslöse. Entwicklungsminister Niebel forderte unlängst sogar ein Verbot des Ersatztreibstoffes. Zwar gibt es viele weitere Faktoren für die Verknappung beziehungsweise Preissteigerung von Lebensmitteln wie Getreide und Mais – Deutschland hat beispielsweise seit 1987 erstmalig weniger Getreide produziert, als für unser täglich Brot benötigt -, aber eine Alternative wäre sicherlich willkommen.
Daher versuchen schon seit geraumer Zeit findige Geister eine Alternative zum Getreide für die Produktion des Benzinzusatzstoffes Ethanol zu finden. Besonders zwei Firmen stünden nun laut New York Times in einem Kopf-an-Kopf-Rennen um eine bahnbrechende, nicht auf Lebensmittel wie Getreide oder Mais basierende Lösung für die Ethanol-Produktion. Die SEE Algae Technology GmbH aus unserem Nachbarland Österreich ist wohl eine davon. Die erste des Unternehmens sie ist kurz vor der Inbetriebnahme.
Algen für E 10: Die nachhaltige Alternative
Bereits mehrmals gingen Algen als Alternative in den letzten Jahren durch die Presse. Doch die neue Entwicklung der SEE Algae Technology GmbH scheint nun eine bahnbrechende Lösung darzustellen. Besonders gezüchtete Algen werden bei hohen Temperaturen in Brasilien in Bottichen gezüchtet. Unter der Zugabe von Kohlensäure (eigentlich Kohlenstoffdioxid, H2CO3), Harnstoff, heute besser bekannt als Urea aus der Kosmetik sowie ein paar Nährstoffe, sondern die Algen das gewünschte Ethanol aus.
Noch ist das derzeitige Problem die Rentabilität. Diese steigt dem Unternehmen zufolge mit der Menge an Algen pro Bottich. Das Problem sei, dass die bisher verwendeten Bottiche eine vergleichsweise große Fläche einnehmen, denn die Oberfläche muss entsprechend groß sein, um die Algen für deren Wachstum mit genügend Licht zu versorgen. Doch das Problem wurde dank großen Wassersilos gelöst, die dank einer ausgeklügelten optischen Konstruktion eine bestmögliche Lichtversorgung zu gewährleisten. Hierdurch wäre das Dichteproblem gelöst, Algen könnten nun 20 Mal so dicht in den Behältern gezüchtet werden, freut sich CEO der SEE Algae Technology GmbH, Dr. Joachim Grill.
Hier werden gerade die Algen geerntet und zur Weiterverarbeitung zu Biosprit auf einem Band befördert. (c) SEE Algae Technology GmbH
Die Anlage für den Alternativ-Ethanol steht übrigens in Recife, eine Hochburg der Zuckerrohrproduktion. Mit Absicht, denn auch die Kohlensäure werde hier produziert. Diese entstehe durch eine Pflanze, die das, was vom Zuckerrohr nach der Extraktion des Zuckers übrig bleibe, zersetzt. Normalerweise werde aus Zucker selbst – unter Zusatz von Hefe – Kohlensäure hergestellt. Doch es sei rentabler, diese Kohlensäure für die Lebensmittelproduktion zu nutzen. Das Problem, dass wieder ein Lebensmittel für die Ethanol-Produktion benutzt wird, wäre somit vom Tisch und E 10 könnte richtig nachhaltig produziert werden.
Algen können mehr: Auch als Dieselersatz durchaus denkbar
SEE Algae Technology denkt noch weiter. Während ihres Wachstum produziert jede einfache Alge ein Öl, das zu einem Dieselersatz verarbeitet werden könnte und anstatt den kritischen Palmöl den Treibstoff ergänzen. Doch das Problem ist, dass dieses Öl wesentlich profitabler insbesondere in der Kosmetik- oder Lebensmittelindustrie eingesetzt werden könne, sogar Omega-3Fettsäuren ersetze. „Das sei ein großes Ärgernis“, so Joachim Gill. Aber vielleicht regelt sich dies eines Tages über den steigenden Preis von Diesel.
Algen für die Ethanol-Produktion und als Ersatz für andere Chemikalien einzusetzen wäre nachhaltig und rentabel, wenn die Ölpreise weiter steigen. Zudem wäre dieser Ersatzstoff aus Algen alleine finanziell dort attraktiv, wo Kohlenstoff-Emissionen zum Schutz des Klimas bezahlt werden müssen. Denn Algen stoßen den Kohlenstoff nicht aus, sondern verarbeiten diesen bei der Produktion von Ethanol und dem Biodiesel-Ersatzstoff.
Ab Mai 2013 wird SEE Algae Technology über 1,4 Millionen Liter Ethanol produzieren. Wenn die Produktion läuft wie geplant, dann wird der Ethanol-Abnehmer, die brasilianische Grupo JB 14 weitere dieser Anlagen in Auftrag geben. Grupo JB ist Spezialist für verschiedene Arten von Alkohol und stellt Getränke wie Cachaça her. SEE Algae Technology erhielt kürzlich den jährlichen Bioenergy-Award des Landes Brasilien.
Quellen: New York Times, SEE Algae Technology, Text: Jürgen Rösemeier