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Bhutan, ein Land setzt auf 100 % ökologische Landwirtschaft

Das südostasiatische Land Bhutan macht ernst und will in den nächsten Jahren seine Landwirtschaft auf 100 % 'bio' umbauen. Mit ein Grund: Der buddhistische Glaube. (c) Thinkstockphotos

Öko-Landwirtschaft

Bhutan: Weltweit erstes Land stellt komplett auf Bio-Anbau um

Das kleine asiatische Land Bhutan geht in die Offensive und will in Zukunft zu 100 Prozent nur noch Bio-Lebensmittel produzieren. Damit will die Regierung nicht nur den Anbau pestizid- und chemiefrei machen, sondern auch den buddhistischen Respekt für alles Leben und die Natur in einer nachhaltigen Agrarwirtschaft umsetzen. Ein Modell für die Zukunft?

Laut asiatischer Entwicklungsbank leben in dem Himalaya-Staat rund 710.000 Menschen, die Weltbank kommt auf 740.000 Bewohner und die Regierung selbst schätzt die Bevölkerung des bergigen Landes auf anderthalb Millionen. Die eklatanten Unterschiede in den Schätzungen scheinen auch dadurch zu entstehen, dass die verkehrstechnische Infrastruktur in dem kleinen Königreich nur unzureichend ausgebaut ist, eine Vielzahl von Bergdörfern nur schlecht zu erreichen sind.

Die Pläne, das erste Land der Welt zu sein, das seine Landwirtschaft komplett auf ‚ökologisch‘ umstellt, gibt es bereits seit einigen Jahren. Doch nun gewinnt das Verbannen von Pestiziden und Herbiziden und die Rückbesinnung auf rein natürlichen Dung und Kompost als einziger Dünger neuen Schwung. Sehen Kritiker darin die Gefahr, dass es zur Nahrungsmittelknappheit kommt, so ist die Regierung der Meinung, dass anstatt weniger, in Zukunft mehr durch eine ökologische Landwirtschaft geerntet und exportiert werden kann. Die Lösung hierbei ist auch: Nischenprodukte für die Nachbarn China, Indien - Hauptabnehmer der landwirtschaftlichen Produkte - und andere Länder zu produzieren.

Ökologische Landwirtschaft in Bhutan aus praktischen und philosophischen Gründen

Im erst kürzlich sagte Pema Gyamtsho, Minister für Landwirtschaft, auf der jährlichen Konferenz für nachhaltige Entwicklung in Dehli, dass „unser Land ist ein sehr Bergiges. Wenn wir Chemikalien auf unseren Äckern verwenden, dann bleiben diese nicht dort wo sie eingesetzt werden. Sie haben einen großen Einfluss etwa auf Gewässer oder Pflanzen andernorts, in niedriger gelegenen Gegenden. Daher wollen wir vermehrt die ganze Umwelt unseres Landes betrachten. Wobei die meisten Bauernhöfe traditionellen sowieso rein biologisch wirtschaften.“

Doch, Gyamtsho führt einen weiteren Punkt für den Wandel hin zu einer rein biologischen Landwirtschaft in ganz Bhutan auf. „Zudem sind wir Buddhisten und wir glauben an ein Leben in Harmonie mit der Natur. Das schließt auch ein, dass Tiere ein Recht auf Leben haben, dass wir Pflanzen genauso glücklich sehen möchten wie Insekten.“

Gyamtsho, wie viele Mitglieder der zehnköpfigen Ministerkabinetts, selbst Bauer, studierte Landwirtschaftsmethoden in Neuseeland wie der Schweiz, sagt weiter: „Wir haben uns keine Deadline gesetzt. Wir können das Projekt nicht gleich morgen umsetzen. Stattdessen wollen wir den Umbau zur rein ökologischen Landwirtschaft Region für Region erreichen, Grundstück für Grundstück.“

Bhutan, ein Land setzt auf 100 % ökologische Landwirtschaft

Die kleinen Parzellen der Bauern in Bhutan sind meist in Hanglage angelegt. Auch dies ist ein Grund, nun auf eine ökologische Landwirtschaft zu setzen. Denn Herbizide und Pestizide landen stets untem im Tal und schaden der Tier- wie Pflanzenwelt. (c) Thinkstockphotos

Ein erster Schritt hin zur rein ökologischen Landwirtschaft in Bhutan ist eine Art Tagebuch. Dort sollen die Bauern eintragen, welches Saatgut sie wann verwendet haben, welche Arbeiten sie durchgeführt und welche biologischen Abwehrstoffe sie eingesetzt haben. Dieses Tagebuch zu führen ist der erste Schritt eines im März eingeführten Zertifizierungssystems, Bhutan Organic Certification System, kurz BOCS. Dieses Zertifizierungssystem soll nachhaltig den Weg zur rein ökologischen Landwirtschaft ebnen. Inspektoren kontrollieren dieses Tagebuch und leisten gegebenenfalls Unterstützung in der Umsetzung.

Durch das BOCS soll zudem gewährleistet sein, dass jedes, rein biologisch produzierte Lebensmittel lückenlos bis zum Erzeuger nachverfolgbar wird.

Eine der Herausforderungen bei der Umsetzung des Planes einer landesweiten Bio-Landwirtschaft ist es, Pflanzen zu züchten, die weniger Wasser benötigen.  Denn auch in Bhutan ist offensichtlich die Klimaveränderung angekommen, Wasserknappheit ist in den letzten Jahren für einige Regionen die Folge. In einem Land, das seine Haupteinnahmen durch den mittels Wasserkraft erzeugten Strom und dessen Export ins Ausland bestreitet.

Ein Land hat erkannt, dass die Gefahren von Pflanzenschutzmitteln nicht mehr zu beschwichtigen sind. Zumal auch eine deutsche Studie ergab, dass die ökologische Landwirtschaft zu einer größeren Artenvielfalt führt. Dies wiederum Schädlinge ganz natürlich bekämpft.

Die lange Jahre als politisch rückständig angesehene Monarchie Bhutans - beispielsweise wurde erst 1999 und damit als letztes Land auf der Welt ein öffentliches TV-Netz erlaubt - ist vielleicht ein Vorreiter für ein globales Umdenken. Und eine Möglichkeit, der Allmacht von nur wenigen Agrarkonzernen wie Mosanto zu entgehen, um flächendeckend gesündere Lebensmittel zu produzieren und der Umwelt nachhaltig Gutes zu tun.

Quellen: Guardian, Global Voice Online, BBS.bt, Text: Jürgen Rösemeier