Fishing for litter: Projekt gegen Plastik im Meer
Mit dem Projekt „Fishing for Litter“ will die Umweltorganisation NABU gegen Plastik im Meer vorgehen. Fischer sollen mithelfen, die Meeresverschmutzung zu stoppen. Hintergründe und ein interessantes Gespräch mit Dr. Kim Cornelius Detloff, Leiter Meeresschutz und Head of Marine Conservation beim Naturschutzbund Deutschland e.V.
Es ist eine Katastrophe mit schrecklichen Folgen. 600.000 Millionen Kubikmeter Müll liegen alleine am Grund der Nordsee. Plastik im Meer ist eine Neuzeitseuche, die eine Katastrophe im ökologischen System der Meeresumwelt auslöst. Seevögel und Meeressäuger sterben qualvoll. Sie ersticken oder verhungern. Fische, Muscheln und Kegelrobben leiden ebenfalls am Mikroplastik und Fischer sprechen von verunreinigten sowie zerstörten Netzen. Für die Reinigung der Strände müssen Kommunen Millionen Euro ausgeben.
Schauspieler Rüdiger Joswig, Schirmherr des Projekts Fishing for Litter und Dr. Kim Cornelius Detloff (rechts), NABU-Meeresschutzreferent und Projektleiter.
Fishing for litter, die wichtigsten Infos:
• pro Jahr 10 Millionen Tonnen neuer Müll im Meer
• 600.000 Millionen Kubikmeter Müll liegen alleine am Grund der Nordsee
• Millionen von Meerestieren sterben jährlich an Abfall im Meer
• Fishing for litter existiert seit 2011
• bis 2020 sollen die Meere sauber sein
• über 100 Fischer beteiligen sich schon an der Aktion
Plastik in der Nahrungskette erzeugt Krebs
„Müll und insbesondere Plastikabfälle sind zu einer ernsten Gefahr für die Meere geworden. Jedes Jahr kommen etwa 10 Millionen Tonnen dazu, eingetragen über Flüsse, durch Touristen, Schifffahrt und Fischerei“, erklärt Dr. Detloff im anschließenden Interview.
Allerlei Müll, der nicht ins Meer gehört.
100 Fischer sind schon dabei, 1000 sollen es werden
NABU hat das Projekt „Fishing for Litter“ ins Leben gerufen und will gemeinsam mit Fischern die Meeresverschmutzung in Nord- und Ostsee eindämmen. Auch deutsche Gewässer sind mittlerweile Müllhalden, denn eine geregelte und umweltgerechte Müllentsorgung fand bisher nicht statt. 2011 startete NABU „Fishing for Litter“ in Burgstaaken auf Fehmarn. Mittlerweile beteiligen sich mehr als 100 Fischer an dem Projekt und die Küstenbundesländer Niedersachsen sowie Schleswig-Holstein unterstützen die Expansion von „Fishing for Litter“.
Gemeinsam gegen die Meeresverschmutzung kämpfen
In einigen EU-Staaten wird schon seit vielen Jahren gegen das Plastik im Meer vorgegangen. Die Organisation KIMO, ein Netzwerk von rund 120 Kommunen, führt die Projekte durch. Das System ist simpel und effektiv zugleich: Fischer werden mit Sammelsäcken ausgerüstet, in denen sie den Müll zum Hafen transportieren können. Dort wird das Plastik in Container entsorgt. Zuvor findet eine aufwändige Sortierung statt. Das Projekt „Fishing for Litter“ will mithelfen, die Forderungen der EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinien umzusetzen, die bis zum Jahre 2020 saubere, gesunde und produktive Meere zum Ziel haben. Zudem werden Küstenbewohner und Touristen über einen umweltgerechten Umgang mit Abfällen aufgeklärt. „Fishing for Litter“ wird weiterhin ausgebaut, um das Plastik im Meer möglichst flächendeckend abzubauen. Dazu Dr. Detloff: „Wir wollen Fishing for Litter in allen wichtigen deutschen Fischereihäfen etablieren. Heute fehlen da noch ein paar. Ein flächendeckendes System ist Studien zufolge in der Lage, etwa 10 Prozent des Mülls, der im Meer landet, wieder heraus zu holen. Das wäre ein wichtiger Beitrag.“
NABU-Meeresschutzexperte Kim Detloff kennzeichnet einen Sammelcontainer. Fischer können darin kostenlos Abfälle entsorgen, der sich in ihren Netzen verfangen haben.
Ecowoman fragt nach, alles über fishing for litter, Im Gespräch mit Dr.Detloff:
Im Gespräch mit Dr. Kim Cornelius Detloff, Leiter Meeresschutz und Head of Marine Conservation beim Naturschutzbund Deutschland e.V.
Was sind die Beweggründe für das Projekt „Fishing for Litter“?
Müll und insbesondere Plastikabfälle sind zu einer ernsten Gefahr für die Meere geworden. Jedes Jahr kommen etwa 10 Millionen Tonnen dazu, eingetragen über Flüsse, durch Touristen, Schifffahrt und Fischerei. An den Folgen sterben weltweit Millionen Meerestiere, weil sie Plastik mit ihrer natürlichen Nahrung verwechseln, an inneren Verletzungen sterben oder verhungern. Oder weil sie sich in alten Leinen oder Netzresten verfangen und ertrinken. Besonders gefährlich ist das sogenannte Mikroplastik, das auch entsteht, wenn sich größerer Kunststoffteile, Tüten oder Verpackungen über Jahre in immer kleinere Partikel aufreiben. Mikroplastik ist allgegenwärtig im marinen Nahrungsnetz, nachgewiesen in Muscheln, Krebsen, Fischen und auch Meeressäugern wie der Kegelrobbe. Es kann aufgrund der giftigen Zusatzstoffe im Plastik auch für uns Menschen gefährlich werden.
Wenngleich unsere Hauptanstrengung sein muss, die Eintragspfade für den Müll zu verstehen und abzustellen, können wir versuchen, einiges von dem Müll wieder aus dem Meer heraus zu holen. Und da können eigentlich nur die Fischer helfen, die die Abfälle immer wieder in ihren Netzen haben.
Wer beteiligt sich an dem Projekt?
2011 hat der NABU die Initiative „Fishing for Litter“ nach Deutschland gebracht. Begonnen hat alles auf der Ostseeinsel Fehmarn. Heute beteiligen sich bereits mehr als 100 Fischer in allen drei Küstenbundesländern. Bis Ende 2014 kamen so mehr als sieben Tonnen Müll zusammen.
Neben den Fischern arbeiten wir eng mit den jeweiligen Hafenbehörden und regionalen Abfallentsorgern zusammen. Und inzwischen unterstützen die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein das Projekt finanziell und über die beteiligten Fachbehörden auch inhaltlich. Denn „Fishing for Litter“ kann viel mehr als einfach „nur aufräumen“.
Gunnar Gerth-Hansen, Küstenfischer Fehmarn, beteiligt sich seit der ersten Stunde bei fishing for litter.
Wie genau läuft Fishing for Litter?
Die Idee ist ganz einfach. Die Fischer sind weiter unterwegs, um Fische zu fangen. Für den Müll, den sie unweigerlich in ihren Netzen finden, stellen wir über das Projekt eine kostenlose Entsorgungsstruktur zur Verfügung. An Bord gibt es große Sammelsäcke, sogenannte Big Bags. In den Häfen stehen Container bereit, zu denen nur die Fischer Zugang haben. Aber der gefischte Müll wird nicht einfach entsorgt. Ein bis zweimal im Jahr sortieren wir ihn per Hand, schauen, wie die stoffliche Zusammensetzung ist und ob wir die Abfälle den verschiedenen Quellen zuordnen können. Also woher kommt der Müll? So wollen wir Eintragsweg identifizieren und schließen. Außerdem untersuchen wir, wie sich die Kunststoffe über die Zeit im Meer verändern und ob sie wiederverwertbar sind. Und natürlich dient das Projekt auch der Aufklärung über das Problem Müll im Meer und der Öffentlichkeitsarbeit.
„Fishing for Litter“ ist eine echte Erfolgsgeschichte. Das gemeinsame Ziel sauberer Meere hat Fischerei und Naturschutz zusammengebracht. Das ist sonst nicht immer einfach.
Welche Ziele verfolgen Sie damit?
Wir wollen „Fishing for Litter“ in allen wichtigen deutschen Fischereihäfen etablieren. Heute fehlen da noch ein paar. Ein flächendeckendes System ist Studien zufolge in der Lage, etwa 10 Prozent des Mülls, der im Meer landet, wieder heraus zu holen. Das wäre ein wichtiger Beitrag.
„Fishing for Litter“ ist auch zu einem wichtigen politischen Instrument im Kampf gegen die Vermüllung der Ozeane geworden. Die regionalen Meeresschutzübereinkommen für die Nord- und Ostsee, OSPAR und HELCOM, empfehlen die Umsetzung. Im Rahmen der EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie gilt die Idee als eine der zentralen Maßnahmen, um die Meere in einen guten Umweltzustand zu versetzen. Davon sind sie heute leider weit entfernt.
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Textquellen: www.nabu.de, Bildquelle:1. NABU/Andrea Hentschel, Stefan Sauer, Autor: Ulrike Rensch