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Eichenrinde
Rindenküche

So köstlich können Baumrinden sein

Heutzutage weiß kaum noch jemand, dass sich die Rinde von vielen Baum- und Straucharten in der Küche verarbeiten und essen lässt. Sie enthalten aber viele Gesunde Inhaltsstoffe und können für leckere Gerichte verwendet werden.

Die vergessene „Wilde-Küche“ aus Baum- und Strauchrinden

Haben Sie schon einmal Kieferrindenfrühlingsrollen, Lindenrindenwindbeutel, oder Weidenrinden-Gnocchi gegessen? Wir lieben den wundervollen Geschmack von Zimt in Apfelkuchen, Zimtschnecken, Lebkuchen oder in Kaffee und Kakao, gerade in der Winterzeit? Zimt ist eigentlich eine Baumrinde, genaugenommen die Rinde eines Lorbeergewächses namens „Cinnamomum“, welche den Stoffwechsel anregt, wärmend, blutzuckersenkend, gegen Pilze, Bakterien und entzündungshemmend wirkt. Wer von uns trinkt „Lapacho-Tee“ mit seiner erdigen Vanillenote? Ein Tee der schmerzlindernd wirken sowie die Sauerstoffversorgung der Zellen verbessern soll. Hierbei handelt es sich um die fein zerkleinerte Innenrinde des Lapachobaumes aus Südamerika. Über die Verwendungen der heimischen Baum- und Strauchrinden in der Küche erzählen meist nur mehr alte Sprüche wie: „Buchenrinde noch so klein, mahle dir zu Mehle fein, mache daraus gutes Brot, so hast du Speise in der Not“, oder „Fohra-Brot (Kiefern-Brot) lindert Hungersnot“.

Das macht die Baumrinde so gesund

Während der kargen Wintermonate oder in Notzeiten aßen unsere Vorfahren Baum- und Strauchrinden, als wichtige Nahrungs-, Nährstoff- und Sättigungsquelle für Zucker, Vitamin C, Calcium, Eisen, Kalium, Magnesium, Phosphor und viele weitere Stoffe. Direkt an der Rinde ist das „Kambium“ – die „Versorgungsautobahn“ des Baumes. Sie versorgt den Baum mit allen lebenswichtigen Nährstoffen wie Zuckerlösungen, Stärke, Mineralien, Spurenelementen, Vitaminen und Ballaststoffen. Die Rinden wurden nicht nur für die Ernährung von uns Menschen, sondern auch für die Tierwelt geschätzt, wie der über 90-jährige ehemalige „Knecht Hans“ aus dem Mostviertel erzählt: Im Stall wurde beim Futter zwischen den Kühen unterschieden, ob sie für den Nachwuchs und die Milch auserkoren waren, oder ob sie als „Speisequelle“ gemästet werden sollten. Jene – als Speisequelle bestimmten Kühe – bekamen Rinden vom Obstbaumrückschnitt oder Rinden von Waldbäumen, die beim Fällen anfielen. Diese wurden dann in lauwarmem Wasser eingeweicht und unter das Futter gemischt, wodurch die Kühe kräftiger und dicker wurden und weniger krankheitsanfällig waren. Schließlich beschloss der Bauer, dass auch die anderen Kühe ein klein wenig davon bekommen sollten, damit auch diese weniger krankheitsanfälliger waren und vor allem gesunde Kälber bekommen würden.

Wie verwendet man Baum- und Strauchrinden?

Am einfachsten verwenden wir die Äste und Zweige, die beim Rückschnitt, beim Windbruch oder bei Fällungen anfallen. Wir können die Rinden von Obstbäumen wie die von Apfel-, Birn- und Zwetschkenbäumen, von Obststräuchern wie der Stachel-, Johannis- und Apfelbeere oder die Rinden von Birken, Buchen, Linden, Kiefern, Tannen, Ahorn, Weiden, Haseln oder Rosen verwenden. In der Küche können Rindenessige, Rindenöle, Wasserauszüge aus Rinden, Rinden klein geschnitten oder auch als Rindenmehl verwendet werden.

Besondere Sammelzeiten

Es gibt in der Überlieferung des Erntens der Rinden „besondere“, „heilige“ und „magische“ Erntezeitpunkte. Erntezeiten, zu denen die Rinden besonders inhaltsstoffreich sind, sind der „Maria Lichtmess-Vollmond“ (Februar-Vollmond), gefolgt von dem „Lenzen-Vollmond“ (März-Vollmond), dem „Oster-Vollmond“, dem „Johannistag“ (24. Juni) und dem „Barbaratag“ (4. Dezember). Betrachten wir das Vegetationsjahr des Baumes, endet dieses bereits zum Sommerende und „ruht“ bis um Weihnachten. Im Januar wird die Aktivität der Wurzeln wieder intensiver, und zum Februar-Vollmond („Maria Lichtmess-Vollmond“) versorgen die Wurzeln den Baum über das „Cambium“ bereits wieder voll mit Wasser, Nährstoffen und Zucker; diese Zeit galt stets als die nährstoffreichste Sammelzeit der Rinden für die Küche und die Volksmedizin.

Wie stellt man Rindenmehl her?

Rinden zu Mehl zu mahlen ist in der heutigen Zeit sehr einfach. Am besten eignen sich hierzu junge, dünne Äste. Sie lassen sich leichter verarbeiten und schmecken lieblicher. Die Äste 1 bis 2 Tage bei Zimmertemperatur trocknen lassen, in 0,5 cm große Stücke schneiden, in eine Kaffeemühle geben und darin so lange zerkleinern, bis eine pulvrige Konsistenz erreicht ist. Danach das Rindenpulver durch ein feines Sieb geben, das gesiebte Rindenpulver ein zweites Mal durch ein feines Sieb geben, und fertig ist das Rindenmehl. Dieses kann nun zum Brotbacken, für Nudelteige als Mehlersatz oder wie Gewürze zum Verfeinern beim Kochen verwendet werden.

Welchen Geschmack haben Baumrinden?

Buchenrinde zeigt einen neutralen Geschmack und eignet sich daher für viele Kochrezepte. Lindenrinde schmeckt lieblich/süßlich und hat durch ihre Schleimstoffe eine gelierende Eigenschaft. Tannenrinde hat einen intensiven Geschmack nach Zitrone, die Pappel schmeckt hingegen nach Blauschimmelkäse. Birkenrinde bringt eine Pfeffernote in gekochte Speisen. Röstet man Birkenrinde in Butter oder anderen Fetten, entwickelt sie einen nussigen Geschmack.

Rosenrinden in der Küche

Rosenrinde schmeckt neutral beziehungsweise mit einer Nuance von „grün“; sie kann großzügig in der Küche verwendet werden. Es kann die Rinde von allen Rosen, welche nicht gedüngt oder mit Spritzmittel behandelt wurden, verwendet werden.

Rosenrindenessig


Das brauchst Du dazu:
   
2 Esslöffel Hundsrosenrinde 250 ml Apfelessig


So wird es gemacht:

Die Hundsrosenrinde frisch ernten, mit dem Apfelessig übergießen und für 1 – 2 Wochen an einem dunklen Ort ruhen lassen. Danach abseihen und in eine Flasche füllen.

Verwendung:

Kur: Als Kur für 2 – 3 Wochen täglich 2 Esslöffel dieses Hundsrosenrindenessigs in

ein Wasserglas mit einem Fassungsvermögen von ¼-Liter geben, mit handwarmem Wasser auffüllen und morgens nüchtern trinken.

Küche: Der Hundsrosenrindenessig kann in der Küche zum Kochen, für Salate oder Getränke verwendet werden – „Rosenrindenessigkur tut gut Haut, Darm und Figur.“

Buchenrinde in der Küche

Die Buchenrinde schmeckt neutral und wohlschmeckend. Nur die Rinde von alten Zweigen kann eine dezente Bitternote aufweisen.

Buchenrindenbaguette


Das brauchst Du dazu:
   
50 g Buchenrindenmehl (½ Handvoll Buchenrindenzweige) 180 g Mehl
eine Prise Salz eine Prise Zucker
¼ Würfel Germ 130 ml lauwarmes Wasser

So wird es gemacht:

Buchenrindenbaguette

Aus den Buchenzweigen, wie bereits oben beschreiben, Mehl herstellen. Dieses Rindenmehl, Mehl, Zucker und Salz miteinander vermischen, Germ hineinbröseln und lauwarmes Wasser hinzufügen. Alles gut vermischen, bis sich der Teig vom Schüsselrand leicht löst. Mit einem feuchten Tuch abgedeckt ca. zwei Stunden ruhen lassen. Den Backofen auf 90° C vorheizen. Dann den Teig auf eine bemehlte Arbeitsfläche geben und zu einem Baguette formen. Den Teig auf ein mit Backpapier belegtes Blech heben, mit einem Messer einritzen, mit einem Tuch abdecken und ruhen lassen, bis der Ofen eine Temperatur von 200° C erreicht hat. Das Baguette in den Backofen schieben. In eine ofenfeste Form etwas Wasser gießen und diese auf den Herdboden stellen. Das Baguette ca. 30 Minuten backen, bis es goldbraun ist.

Johannisbeerrinde in der Küche

Die Rinde der schwarzen Johannisbeere hat einen eher neutralen bis dezent fruchtigen Geschmack; sie kann in der Küche großzügig verwendet werden.

Karamellisierter Ziegenkäse mit schwarzer Johannisbeerenrinden-Sauce


Karamellisierter Ziegenkäse

Das brauchst Du dazu:
   
4 Stück Ziegenkäse-Camembert 1 Handvoll schwarze Johannisbeerenrinde
Olivenöl 1 Esslöffel Honig
1 Rosmarinzweig 1 Esslöffel Zucker
200 ml schwarzer Johannisbeerensaft


So wird es gemacht:

Den Backofen auf 200° C vorheizen. Den Ziegenkäse-Camembert oben zart kreuzweise einritzen, danach mit etwas Olivenöl in eine Ofenform geben, den Rosmarinzweig dazulegen und mit Honig überziehen. Das Ganze nun in den Backofen stellen, bis der Käse leicht zu schmelzen beginnt. Die schwarze Johannisbeerenrinde in grobe Stücke schneiden und in einen Topf geben, den schwarzen Johannisbeerensaft hinzugeben und alles erwärmen, den Zucker hinzufügen und einreduzieren lassen, danach abseihen. Den Ziegenkäse aus dem Backofen nehmen, mit schwarzer Johannisbeerenrinden-Sauce überziehen und genießen.

Wir haben heute den „Luxus“, die Rindenküche nicht als „Notküche“ erleben zu müssen, sondern sie als nahrhafte „Gourmetküche“ wiederentdecken zu können! Ganz nach dem alten Spruch von Hippokrates „Deine Lebensmittel mögen Deine Heilmittel und Deine Heilmittel mögen Deine Lebensmittel sein“.

Quellen: Titelbild: Depositphotos/13-Smile, Bilder: Eunike Grahofer, Text: Eunike Grahofer