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Happy Immo

Die Immobilienplattform für Frauen will neue Impulse schaffen

Wenn es um Immobilien geht, herrscht eine gravierende Gendergap. Ein Startup möchte Frauen dabei helfen, bei diesem vielschichtigen Thema unabhängiger zu werden. So funktioniert die Immobilienplattform für Frauen.

Die Immobilienbranche als Männerdomäne

Wenn es um Immobilien geht, geben noch immer die Männer den Ton an. Insbesondere der Verkauf von Grundstücken, Häusern oder einzelnen Wohneinheiten wird in den meisten Fällen von Männern abgewickelt. Das gilt sowohl auf Maklerseite als auch auf Verkäuferseite. Der Beruf des Immobilienmaklers ist bis heute stark von Männern geprägt. Insbesondere in Führungspositionen ist Erhebungen zufolge nur jede fünfte Stelle mit einer Frau besetzt, wie das Berufsnetzwerk Immofrauen angibt. Das Berufsbild ist jedoch im Wandel und die Frauenquote steigt vor allem im beratenden Umfeld. Hier kommen die sozialen und kommunikativen Fähigkeiten von Frauen zum Tragen, denn der Kauf oder Verkauf einer Immobilie ist immer auch ein emotionales Thema, das viel Empathie und Fingerspitzengefühl erfordert. Damit Frauen in Zukunft auch in leitender Funktion auf dem Immobilienmarkt gleichberechtigt mitmischen, ist zusätzliches Umdenken in der Gesellschaft erforderlich.

Ähnlich zeichnet sich das Bild beim Verkauf einer Immobilie. Auch hier sind Männer noch immer überwiegend die Initiatoren. Das ergab eine Datenanalyse der Online-Plattform für Fachfirmenvermittlung Aroundhome. Die vorhandenen Daten im Unternehmen zeigten, dass es beim Verkauf einer privaten Immobilie in 62 Prozent der Fälle der Mann ist, der als Initiator auftritt. Aus der Sichtung von rund 400.000 Anfragen zum Immobilienverkauf in den Jahren 2020 bis 2023 gingen nur 38 Prozent an Aufträgen hervor, die von Frauen initiiert wurden. Leicht verschoben ist das Verhältnis in Großstädten oder in Stadtstaaten. In Hamburg beispielsweise waren 43 Prozent der Verkaufsanfragen von Frauen erstellt worden, ebenso wie in Berlin. In Bremen waren es sogar 44 Prozent. Besonders ausgeglichen ist die Geschlechterverteilung in urbanen Regionen wie Freiburg (49 Prozent Frauen) oder Regensburg (48 Prozent Frauen). Einen höheren Frauen- als Männeranteil konnte Aroundhome allerdings in keinem deutschen Bundesland ermitteln.

Frauen als Entscheidungsträger beim Immobilienkauf

Anders sieht es beim Kauf von Immobilien aus. Hier sind Frauen die wahren Entscheidungsträger, wie eine repräsentative Studie im Auftrag des Finanzdienstleisters Dr. Klein Privatkunden AG ergab. Im Rahmen der Befragung kamen 1.000 private Immobilienkäufer in Deutschland zu Wort. Sie sollten einschätzen, wer im Rahmen des Immobilienkaufs den Startschuss für die Suche gegeben hatte, wer den größeren Einfluss auf die letztendliche Kaufentscheidung hatte, wie sich die Finanzierung nach Gendergesichtspunkten differenziert und wer ihrer Meinung nach bei der finalen Kaufentscheidung die größeren Kompromisse eingehen musste.

Die reinen Zahlen zeichnen zunächst ein erwartbares Bild. Rund 80 Prozent der befragten Männer gaben an, selbst der Initiator für die Immobiliensuche gewesen zu sein. 74 Prozent waren davon überzeugt, das Wunschobjekt im Rahmen der Suche schließlich auch gefunden zu haben. Da Eigen- und Fremdwahrnehmung durchaus divergieren können, zeigt die Expertise von Bianka Lenz-Guckenhan, die selbst als Beraterin bei Dr. Klein tätig ist. Sie erlebt in der Praxis, dass der erste Impuls für sie Suche nach einem Eigenheim häufiger von Frauen ausgeht. Sie seien es auch, die überwiegend einen Termin für ein Erstgespräch oder eine Budgetberatung vereinbaren. In der Umsetzungsphase erlebt sie Männer häufiger im Vordergrund. Sie zeigen sich in Beratungsgesprächen nicht nur risikofreudiger, sondern auch spontaner und entschlussfreudiger. Ein empathischer Blick hinter den Entscheidungsprozess zeigt aus Beratersicht jedoch, dass abseits der offiziellen Gespräche mit dem Makler oder der Maklerin meist die Frauen starken Einfluss darauf nehmen, wie eine Kaufentscheidung gelenkt wird. Verschiedene Studien unterstützen die Praxiserfahrung der Maklerin. Eine Erhebung von McMakler aus dem Jahr 2018 ergab beispielsweise, dass Frauen sogar in 64 Prozent der Fälle die Kaufentscheidung maßgeblich beeinflussen.

Hinsichtlich der Finanzierung ergab die Umfrage, dass Männer in 63 Prozent der Fälle das größere Kapital in einen Immobilienkauf einbringen. Das scheint realistisch zu sein, denn in den meisten Regionen und Branchen werden Männer immer noch besser bezahlt als Frauen. Auch ist der Anteil der Frauen, die zugunsten von Care-Arbeit nur in Teilzeit arbeiten, immer noch weitaus höher als bei Männern. Die Umfrage zeigte, dass in den neuen Bundesländern eine größere Tendenz zu einer gleichberechtigten Finanzierung festzustellen ist als in den alten Bundesländern.

Wenn es um die Kompromisse geht, die beim Kauf einer Immobilie erforderlich waren, gaben 65 Prozent aller Befragten an, ihre Wunschimmobilie ohne große Abstriche gefunden zu haben. Waren größere Kompromisse notwendig, waren es in der Wahrnehmung der Männer eher ihre Partnerinnen, die stärkere Abstriche hinnehmen mussten. Aus Sichert der weiblichen Immobilienkäufer war die Verteilung aber eher gleichberechtigt einzustufen.

Happy Immo: Die Immobilienplattform für Frauen

Der Einfluss, den Frauen im Immobilienbereich nehmen, ist noch in der Entwicklung begriffen. Zwar streben immer mehr Maklerinnen in den bisher stark von Männern dominierten Beruf, insbesondere beim Kauf von Immobilien sind Frauen aber immer noch zurückhaltend und schöpfen ihre Möglichkeiten nicht aus.

Hier möchte die Immobilienplattform Happy Immo ansetzen. Das Startup wurde 2022 als „Happy Immo Club“ ins Leben gerufen. Die Gründerinnen Anaïs Cosneau und Maya Miteva richten ihr Angebot gezielt an Frauen, die eine eigene Immobilie erwerben möchten, sei es für die Eigennutzung, als Investition oder als Altersvorsorge. Sie möchte interessierten Frauen zeigen, dass sie in nahezu jeder Lebenssituation in der Lage sein können, selbstbewusst und selbstbestimmt den Erwerb einer eigenen Immobilie anzustreben. Schon während der Ausbildung oder dem Studium ist es möglich, die Weichen in Richtung Immobilienkauf zu stellen und dem Ziel aus eigener Kraft näherzukommen.

Zusammen mit ihrem Team zielen die Betreiberinnen insbesondere auf Information, Aufklärung und Beratung ihrer Nutzerinnen ab. In Kursen und Seminaren und in einem themenspezifischen Podcast geben die Gründerinnen Einblicke in die vielschichtigen Bereiche des Immobilienmarktes, in Finanzierungskonzepte und Entscheidungshilfen. 11 Folgen umfasst ihr digitales Webinar bereits. Dazu gibt es 18 Dokumentvorlagen, die Frauen bei der konkreten Unterstützung ihres persönlichen Suchprozesses, der Entscheidungsfindung und der Umsetzung des Projektes Wunschimmobilie unterstützen soll. Ein weiterer Service ist die Mitgliedschaft im Happy Immo Club. Hier können sich Frauen miteinander vernetzen und sich gegenseitig durch einen persönlichen Erfahrungsaustausch auf dem Weg zur eigenen Immobilie unterstützen. Darüber hinaus bietet der Club die Möglichkeit, Kontakte zu anderen Frauen zu knüpfen, um gemeinsam das Kapital für eine interessante Investition aufzubringen. Mit ihrer Erfahrung haben Anaïs Cosneau und Maya Miteva schon viele Frauen darin bestärkt, Finanzierungsmodelle und Kapitalgemeinschaften zu entwickeln, mit denen sie ihre Wunschimmobilie erwerben und sich damit finanziell unabhängiger machen können.

„Wenn der Erwerb eines Eigenheims nicht möglich ist, empfehlen wir: Sucht keine Immobilie für euch selbst zum Wohnen, sondern sucht nach einer Kapitalanlage“, erklärt Anaïs Cosneau im Gespräch mit femtastics.com. „Diese muss nicht in einem überteuerten Ballungsgebiet liegen und wird euch trotzdem finanzielle Sicherheit verschaffen. Und schließt euch mit eurer besten Freundin oder eurem besten Freund zusammen und kauft gemeinsam eine Wohnung. Im „Happy Immo Club“ gibt es viele Beispiele von tollen Frauen*, die sich zusammengetan, das benötigte Eigenkapital geteilt haben, und sich so trotzdem eine Immobilie leisten konnten.“

Frauen verstehen, Frauen begleiten

Um Frauen empathisch zu bestärken und ihnen dabei zu helfen, innere und äußere Hürden zu überwinden, ist ein tiefgreifendes Verständnis dafür erforderlich, wie sie an die Suche nach ihrem Wunschobjekt herangehen. Während bei Männern häufig pragmatische Gesichtspunkte wie der Kaufpreis im Zusammenhang mit Quadratmeterzahl und Ausstattung und der Weg zum Arbeitsplatz im Vordergrund stehen, treffen Frauen eher emotionale Entscheidungen. Sie möchten sich von Anfang an in einer Immobilie sehen, möchten sie als ein potenzielles Zuhause wahrnehmen. Behaglichkeit und Wohnkomfort sind für sie oft wichtiger als rein pragmatische Argumente. Hinsichtlich der Lage legen sie mehr Wert auf den Freizeitfaktor. Sie möchten wissen, ob sie sich vor Ort gut vernetzen und ihren Alltag gestalten können. Sind Kinder involviert, muss die Lage einer interessanten Immobilie eine gute Infrastruktur im Hinblick auf Kindergärten, Schulen und Sport- und Freizeitangebote bieten. Für ihren Arbeitsweg sind Frauen eher bereit, Kompromisse einzugehen, sofern der Familien- und Freizeitwert einer Immobilie überzeugend ist.

Zunehmend ist bei Frauen auch ein Trend zum nachhaltigen Wohnen erkennbar. Sie wünschen sich „grüne“ Immobilien, die energieeffizient und klimafreundlich wirtschaften und dabei nicht nur die Haushalskasse schonen, sondern auch das gute Gefühl vermitteln, einen Beitrag zum gesunden Klima zu leisten.

Wenn es um Immobilien geht, die nicht selbst genutzt, sondern als Kapitalanlage erworben werden sollen, sind Nachhaltigkeit und Entwicklungspotenzial wesentliche Entscheidungskriterien für weibliche Interessenten. Hier möchten die Gründerinnen des Happy Immo Clubs die Lücke zwischen der Vorstellung und der Realität schließen und Frauen darin bestärken, eigenverantwortlich zu handeln und gute Entscheidung für sich selbst zu treffen. Damit verbunden ist die Vision, dass starke Frauen die Immobilienbranche in Zukunft aktiv mitgestalten und maßgeblich verändern können. Bezahlbarer Wohnraum, zukunftsweisende Wohnprojekte in urbanen und ländlichen Regionen, Finanzierungs- und Fördermodelle, mit denen Frauen aktiv in ihrer wirtschaftlichen Selbstständigkeit unterstützt werden können, nachhaltige Ideen und Entwicklungen für das klimafreundliche Wohnen von morgen, all das sehen Anaïs Cosneau und Maya Miteva eng verbunden mit dem Ziel, Frauen mehr Raum im Immobiliensektor einzuräumen. Eine Vision, die nachhaltig wirken könnte.

Bildquellen: prostooleh, prathanchorruangsak, (EnvatoElements), Redaktion: red