Jedes vierte zugelassene Medikament beeinflusst unsere Darmbakterien
Das „international journal of science“ berichtet, dass von mehr als 1.000 zugelassenen Wirkstoffen jeder 4. die Zusammensetzung der Darmflora verändert. Das könnte möglicherweise die Entstehung von Antibiotikaresistenzen fördern.
In den vergangenen Jahren wurde durch Zufall entdeckt, dass unterschiedliche Medikamente Auswirkungen auf die Darmflora haben. Dazu zählt z.B. das Diabetesmedikament Metformin, Protonenpumpeninhibitoren, nichtsteroidale Antiphlogistika oder atypische Antipsychotika Auswirkungen auf die Darmflora haben. Ein Team des European Molecular Biology Labaroratory in Heidelberg untersuchte daraufhin den Einfluss von 1.197 Wirkstoffen, von denen viele in zugelassenen Medikamenten vorkommen.
Mindestens 203 Wirkstoffe stören die Darmflora
Heraus kam, dass die Wirkstoffe gegen mindestens eine Bakterien-Spezies aktiv war. Erstaunlicherweise störten insgesamt 203 Wirkstoffe, die eigentlich nicht bei bakteriellen Infektionen eingesetzt werden, dennoch das Wachstum mindestens eines Bakterienstammes. Bei 40 Wirkstoffen wurde sogar ein Einfluss auf 10 oder mehr Bakterienstämme gefunden.
Bei einigen Wirkstoffen lässt sich die antibakterielle Begleiterscheinung erklären. So enthält Auronofin beispielsweise, das früher zur Basistherapie rheumatischer Erkrankungen eingesetzt wurde, bakterienhemmendes Gold. Auf welche Weise allerdings Antipsychotika das Bakterienwachstum hemmen, ist unklar. Die Mittel greifen an Dopamin- und Serotoninrezeptoren im Gehirn an, die es bei Bakterien gar nicht gibt. Auch der Einfluss von Protonenpumpeninhibitoren (Magensäurehemmer) ist überraschend. Bisher wurde die fehlende Desinfektion durch die Magensäure für die Störung der Darmflora verantwortlich gemacht. Tests zeigen jedoch, dass die Protonenpumpeninhibitoren auf einige Bakterien offenbar eine indirekte Wirkung haben.
Gestörte Darmflora – die Ursache vieler Krankheiten
Im Darm leben mehr als 400 verschiedene Bakterienstämme, die schädliche Bakterien, Viren, Parasiten und Pilze abwehren, die Darmschleimhaut schützen, bei der Verstoffwechselung der Nahrung helfen, für gute Laune sorgen und die vor allem unser Immunsystem unterstützen.
Eine gestörte Darmflora kann die Ursache vieler Krankheiten, wie Allergien, Autoimmunerkrankungen, häufige Infekte, Rheuma oder Krebs sein. Sogar Übergewicht wird in manchen Fällen mit einer Störung der Darmflora in Verbindung gebracht. Außerdem sind gute Darmbakterien wichtig für unsere Haut und werden aus diesem Grund auch bei der Behandlung von Neurodermitis, Schuppenflechte oder Akne eingesetzt.
Das schädigt die Darmflora
Vor allem Antibiotika-Therapien schädigen die Darmflora und bringen das Milieu aus dem Gleichgewicht. Ohne Darmbakterien wäre weder eine Verdauung noch eine funktionierende Krankheitsabwehr möglich, denn der Mensch beherbergt in seinen Darmwänden 80 % aller Zellen des menschlichen Immunsystems.
Wie sich die entdeckten Wirkstoffe letztendlich auf die Darmflora und damit auch auf das Wohlbefinden auswirken, ist noch nicht bekannt. Schlimmstenfalls könnten die Medikamente die Entwicklung von Antibiotikaresistenzen fördern.
Auch die Pille schlägt auf den Darm
Was kaum einer weiß, auch die Anti-Baby-Pille gehört zu den Medikamenten, die die Darmflora stören. Das zeigt eine amerikanische Studie aus dem Jahr 2013. Wissenschaftler stellten fest, dass Frauen, die die Pille nehmen, ein weitaus höheres Risiko haben, eine chronische Darmerkrankung, wie Colitis Ulcerosa und Morbus Crohn zu entwickeln.
Außerdem stellt die Pille eine dauerhafte Belastung für die Leber dar, denn eine überlastete Leber sorgt für weniger Gallenflüssigkeit, wodurch der Nahrungsbrei schlechter verarbeitet werden kann. Zum anderen füttert das enthaltene synthetische Östrogen schädliche Hefepilze, wie den Candida albicans.
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Quellen: Bilder: Depositphotos/benschonewille, mirusiek, filmfoto, Text: Meike Riebe