Grausame weibliche Genitalverstümmelung nimmt seit Corona zu
Traurige Tradition
Bereits 1999 wurde von Karlheinz Böhm, Schauspieler und Gründer der Stiftung Menschen für Menschen, eine Anti-Beschneidungskonferenz im afrikanischen Äthiopien veranstaltet. In einer von den Teilnehmern gemeinsam verfassten Resolution wurde der sofortige Stopp des grausamen Rituals zum Ziel erklärt. Trotzdem ist diese Praktik auch jetzt, über 20 Jahre später immer noch nicht ausgestorben.
Weltweit sind etwa 200 Millionen Frauen und Mädchen in 31 Ländern von dieser traumatischen Tradition betroffen, die meisten von ihnen leben in Ägypten, Äthiopien und Indonesien.
„Das Ausmaß kann dabei variieren: Vom Abtrennen eines Teiles oder der ganzen Klitoris bis zum Entfernen der äußeren und inneren Schamlippen und dem anschließenden Zunähen der Vagina. Der Eingriff wird oft unter unhygienischen Bedingungen durchgeführt, ohne Betäubung und mit einfachsten Werkzeugen wie Rasierklingen oder Dornen,“ erklärt Elyane Schwarz-Lankes, Mitarbeiterin der Stiftung Menschen für Menschen im Bereich Entwicklungszusammenarbeit. Neben extremen Schmerzen müssen die Frauen also auch eine Prozedur erleiden, die bei einer Verunreinigung der Wunden potenziell tödlich enden kann.
Die weibliche Genitalverstümmelung ist in Äthiopien seit 2004 strafbar und staatliche Aufklärungskampagnen und Umschulungsmaßnahmen für Beschneiderinnen sollen diese Praktik stoppen. Bis 2025 soll diese extrem gefährliche Tradition in Äthiopien ganz gestoppt werden. All dies konnte aber unglücklicherweise immer noch nicht zur vollständigen Abschaffung führen. Die grausame Tradition ist für viele Menschen immer noch Teil ihrer Kultur und noch heute ist Äthiopien das Land mit den meisten verstümmelten Frauen. Seit den 1970er konnte zwar ein leichter Rückgang festgestellt werden, aber das Ziel, sie bis 2025 ganz abschaffen zu können, wird wohl unerreicht bleiben.
Das sind die schlimmen Auswirkungen der Corona-Pandemie
Was noch hoffnungsloser macht: Seit Beginn der Corona-Pandemie wird sogar wieder ein Anstieg der Frauen verzeichnet, die unter den Verstümmelungen zu leiden haben. Die Bekämpfung der tödlichen Pandemie macht den Kampf gegen die weibliche Genitalverstümmelung in Ländern wie Äthiopien noch schwieriger als ohnehin schon. Denn wichtige Aufklärungsveranstaltungen in den ländlichen Gebieten können gar nicht oder nur unter sehr schwierigen Bedingungen durchgeführt werden. Genauso sieht es auch bei den Umschulungsmaßnahmen für Beschneiderinnen aus, ihnen fehlt somit die Alternative für eine Erwerbsarbeit. Ein weiterer Faktor: Wegen Corona waren auch in Äthiopien viele Schulen lange geschlossen. In dieser Zeit wurden alte Traditionen wieder verstärkt aufgegriffen, wie die Verheiratung minderjähriger Mädchen. Bildung wird somit nicht mehr möglich und Lehrer sowie Sozialarbeiter haben keinen Einfluss mehr auf ihre Schützlinge.
Der Internationale Tag für Nulltoleranz der weiblichen Genitalverstümmelung am 6. Februar ist somit ein wichtiges Werkzeug, um auf die dramatischen Auswirkungen der Corona-Pandemie für die jungen Frauen aufmerksam zu machen. Die Gesundheit von Frauen und Mädchen wird derzeit nicht nur durch den Virus gefährdet, sondern auch durch die überaus gefährlichen Beschneidungen. Denn die schlimmen Folgen sind großes psychisches und physisches Leid, ein Leben lang. Außerdem überleben viele den brutalen Eingriff nicht oder versterben später bei der Geburt ihrer Kinder.
Hier erfahren Sie mehr über die Arbeit der Stiftung Menschen für Menschen.
Sie brauchen deswegen dringend unsere Aufmerksamkeit und Hilfe, damit weibliche Genitalverstümmelung endlich ein für alle Mal abgeschafft wird. Organisationen wie die Stiftung Menschen für Menschen setzten sich mit ihrer Entwicklungszusammenarbeit mit Äthiopien für dieses Ziel ein.
Quelle, Bild: Menschen für Menschen, Text: Fatma Cevik