Bio-Eier von ALDI Süd entsprechen nicht den Richtlinien für Bio-Produkte
Wo Bio drauf steht ist nicht unbedingt Bio drin. Das zeigen neue Undercoveraufnahmen von Hühnerfarmen in den Niederlanden, die den Lebensmitteldiscounter ALDI Süd mit angeblichen Bio-Eiern beliefern. Auf den Bildern sind riesige Ställe mit unzähligen Hühnern, toten Tieren und verbotene Elektroleitungen zu sehen, die die Tiere am Auslauf hindern.
Bio-Eier sind bei ALDI Süd mehr als doppelt so teuer, wie die Eier aus Bodenhaltung. Viele Kunden zahlen den höheren Preis gerne, denn sie hoffen den Tieren dadurch ein leidfreies Leben mit Auslauf ermöglichen zu können.
Sind ALDI’s BIO-Eier wirklich bio?
Um herauszufinden ob die Bio-Eier von ALDI wirklich bio sind, haben Reporter des SWR den Test gemacht und in zehn zufällig ausgewählten ALDI Süd-Filialen die Eier gekauft. Anhand der Codes wollten die Reporter zurückverfolgen woher die Eier stammen. Und tatsächlich, die riesigen Betriebe aus den Undercover-Aufnahmen der Tierschützer waren dabei.
Bilder des Grauens
Die Bilder sind erschütternd: In einer Hühnerfarm in Maarsbergen stehen ca. 24.000 Hühner dicht gedrängt auf mehreren Etagen. Die Auslaufklappen sind geschlossen, so dass kein einziges Huhn im Freien zu sehen ist. Vermutlich aus Bequemlichkeit. Denn die Tiere am Ende des Tages zurück in den Stall zu bringen und die Eier zu suchen, die dann draußen abgelegt werden würden - das ist vielen Betrieben zu aufwendig und zu personalintensiv.
Der Maasberger Hühnerfarmer bestätigt, dass es sich bei seinem Betrieb ausschließlich um Hühner für die Bioeier-Produktion handelt. Zirka 15 Cent kriegt der Betrieb von ALDI Süd pro Ei, der Kunde zahlt im Laden 26 Cent pro Ei. Gut 12.000 Eier wandern täglich vom Hof in die Filialen von ALDI Süd.
Zahlreiche Verstöße gegen KAT-Richtlinien
Damit verstößt der Betrieb gegen die Richtlinien des Kontrollverein KAT (Verein für kontrollierte alternative Tierhaltungsformen e.V.), der die Eiercodes vergibt und die Betriebe kontrolliert. Laut KAT muss den Tieren täglich ein Auslauf von 10 Uhr morgens bis zum Sonnenuntergang zur Verfügung stehen.
Zu den weiteren Verstößen, die das Team vom SWR an diesem Tag festgestellt hat, gehört die fehlende Schutzkleidung der Mitarbeiter, sowie Anschlüsse für Stromleitungen in der Nähe der Auslaufklappen. Der Hühnerfarmer beteuert, dass die Stromleitungen schon lange stillgelegt seien, doch die Aufnahmen der Tierschützer vom Mai 2017 zeigen eindeutig funktionsfähige Leitungen, die Strom führen.
Dass die Tiere nicht mal in die Nähe der Auslaufklappen gehen, als diese endlich aufgemacht werden, spricht dafür, dass sie durch Stromschläge darauf konditioniert wurden, die Klappen zu meiden.
Tote Hühner auf Bio-Farm
Auf einer weiteren Hühnerfarm im niederländischen Lunteren, entdecken Tierschützer und SWR-Reporter volle Mülltonnen mit verwesenden Tierkadavern. Die Chefin der Farm verrät, dass alle 10.000 Hühner wegen des Verdachts auf Vogelgrippe geschlachtet werden mussten, nun sollen bald neue kommen. Den Reportern wird verboten, den Stall von innen zu filmen.
Auffällig ist zudem, dass die Auslauffläche vor dem Stall vollständig begrünt ist. Hier waren offenbar schon länger keine Hühner mehr im Freien. Der Hühnerbauer begründet das mit der Vogelgrippe und bestätigt, dass er die Tiere ein halbes Jahr lang nicht raus gelassen hat.
Bio-Eier von Hühnern zu verkaufen, die seit einem halben Jahr die Sonne nicht gesehen haben, ist zwar unglaublich, aber nicht verboten: Laut KAT dürfen Bio-Landwirte ihre Hühner monatelang in den Ställen lassen, wenn die Gefahr droht sich mit der Vogelgrippe zu infizieren.
Was sagt ALDI Süd dazu?
Als ALDI Süd mit den Verstößen in den angeblichen Bio-Farmen konfrontiert und um Stellungnahme gebeten wird, versichert der Handelsriese, "... dass die geschilderten Auffälligkeiten ... nicht den KAT-Anforderungen und somit auch nicht den von ALDI SÜD geforderten, verbindlichen Richtlinien entsprechen." Der Discounter wolle die Betriebe erneut prüfen und bei Bedarf entsprechende Konsequenzen ziehen.
Können Verbraucher Bio-Siegeln noch vertrauen?
Da der Bio-Markt boomt, werden sich sicherlich auch weiterhin viele schwarze Schafe unter den sogenannten Bio-Bauern finden lassen. Denn Bio ist leider nicht gleich Bio – auf das Siegel kommt es an. Die Bio-Eier von ALDI Süd werden beispielsweise nur nach den schwachen Richtlinien des EU-Öko-Siegels vertrieben. Dieses beinhaltet gerade einmal "Mindestanforderungen", die von Organisationen wie Foodwatch als zu lasch kritisiert werden. Darunter sind zudem kaum Regelungen zum Tierschutz zu finden, so dass die Zustände in viele Bio-Betrieben denen der industriellen Massentierhaltung ähneln.
Wer sichergehen will, dass seine gekauften Eier wirklich von glücklichen Hühnern stammen, der sollte besser auf Lebensmittel aus einigen privaten Bio-Verbänden zurückgreifen, deren Standards weitaus strenger sind als die der EU-Öko-Verordnung. Dazu zählen beispielsweise Demeter oder Bioland.
Info: Folgende Haltungsbedingungen für Hühner müssen gegeben sein, um die KAT-Anforderungen für Biohaltung zu erfüllen:
Besatzdichte: Die Besatzdichte für Legehennen in ökologischer Erzeugung beträgt 6 Hennen/m2 Nutzfläche. Mindestens 1/3 der begehbaren Fläche muss als Scharrraum ausgewiesen sein. Die maximale Größe einer Stalleinheit beträgt 3.000 Tiere.
Wintergarten (Kaltscharrraum) obligatorisch
In der KAT-Biohaltung ist der Anbau eines Wintergartens mit einer Größe von 50% der von den Tieren genutzten Stallinnenraumfläche an den Stall obligatorisch.
Auslauf: Der Freilandauslauf und die Stallöffnungen sind so anzulegen, dass eine Nutzung durch die Tiere gefördert und sichergestellt wird. Er muss in unmittelbarer Umgebung des Stalles gelegen sein und für die Hennen tagsüber uneingeschränkt zugänglich und direkt erreichbar sein.
Sitzstangen: Die Gesamtfläche der Sitzstangen muss so bemessen sein, dass alle Tiere gleichzeitig darauf sitzen können. Mindestens 18 cm Sitzstangenlänge/Tier sind vorgeschrieben. Die Sitzstangen müssen so geformt sein, dass Verletzungen an den Fußballen und Krallen nicht auftreten.
Nester: Verwendung finden können Einzelnester (1 Nest/7 Hennen) oder Familiennester (83 Hennen/m2 Nestfläche).
Futter: Es darf ausschließlich ökologisch erzeugtes Futter aus gentechnisch unveränderten Erzeugnissen verwendet werden.
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Quellen: Bilder: Depositphotos/branex, zhuzhu, Text: Meike Riebe