Fahrzeugtest: Lautlos übers Land und durch die Stadt!
Seit Jahren reden und schreiben wir über Elektromobilität und die Herausforderungen der Branche, doch die Spezifikationen der Fahrzeuge gehen irgendwie an mir vorbei. Da es mir wie vielen geht, teile ich mit euch meine Erfahrungen und die ersten Eindrücke mit dem Nissan e-NV 200.
Ich habe zwar in der Vergangenheit viel tiefere Einblicke in die kleinsten Details über die Elektromobilität erhalten, aber verstanden habe ich für mich nur das Nötigste. Geduldig haben mir die Ingenieure seinerzeit alles erklärt und gezeigt. Verzeiht, aber ich als Frau verstehe das nur Ansatzweise, deshalb schreiben den Löwenanteil dieser Themen auch die männlichen Kollegen. Ihr versteht, was ich meine.
Der Nissan e-NV 200 vor einer Wiese.
Die männlichen Testfahrer schwiegen über das Fahrgefühl
Im Mai war es nun soweit. Nissan hat sich bereit erklärt, uns aus Ihrer Flotte die zwei Elektromodelle zur Verfügung zu stellen. Den Nissan e-NV 200 als Familien-Van und den Nissan Leaf. Beides reine Elektrofahrzeuge. Die Männer hier im Haus testeten zuerst, verharrten in Sachen Erfahrung und Fahrgefühl aber in einem tiefen Schweigen. Was ich aber sofort erfuhr, waren die Emotionen und Erfahrungen zur Beschleunigung. War zu erwarten. Männer!
„Ich brauche diesen ganzen Schnick schnack nicht!“
Nach der ersten Aufregung, es war schließlich meine Premiere, folgte ernsthaftes Verzweifeln. Das Cockpit ist übersäht mit Informationen, Knöpfen und Anzeigetools, natürlich war kein Mann in der Nähe. Mein kleiner Skoda Fabia ist da eher übersichtlich und pragmatisch. Ich brauche diesen ganzen Schnick schnack nicht. Ich taste mich langsam vor und das Fahrzeug hilft mir ein wenig dabei. Er sagt mir nach dem Einsteigen, dass ich zum Starten die Bremse treten muss. Es startet fast lautlos und schon habe ich das Gefühl in einem Raumschiff statt einem Fahrzeug zu sitzen. Begeisterung.
Der Nissan e-NV 200 in Bildern:
Ecowoman Testmobil der Nissan e-NV 200
Der Nissan e-NV 200 vor dem Schloss Waldthausen in Mainz Finthen.Ecowoman Testmobil Nissan e-NV 200
Nissan e-NV 200 beim TankenEcowoman Testmobil Nissan e-NV 200
Nissan e-NV 200 von hintenEcowoman Testmobil Nissan e-NV 200
Nissan e-NV 200 mit BlumenEcowoman Testmobil Nissan e-NV 200
Nissan e-NV 200 FrontEcowoman Testmobil Nissan e-NV 200
Nissan e-NV 200 KofferraumEcowoman Testmobil Nissan e-NV 200
Nissan e-NV 200 rechte Seite von vorneNissan e-NV 200 Ecowoman Testmobil
Mit dem Nissan e-NV 200 kann man auch bei Hofe vorfahren.Ecowoman Testmobil Nissan e-NV 200
Nissan e-NV 200 FahrrerraumEcowoman Testmobil Nissan e-NV 200
Nissan e-NV 200 im WaldEcowoman Testmobil Nissan e-NV 200
Nissan e-NV 200 vor WieseEcowoman Testmobil Nissan e-NV 200
Nissan e-NV 200 seitlich vor BaumEcowoman Testmobil Nissan e-NV 200
Nissan e-NV 200 seitlich auf WieseNissan e-Nv 200 Testmobil von Ecowoman
Nissan e-NV 200 Frontansicht schrägNissan e-NV 200 Testmobil für Ecowoman
Nissan e-Nv 200 von vorne vor Schloss Waldthausen
Gute Rundumsicht
Überraschender Weise hat der Familien-Van eine gute Rundumsicht. Das habe ich von außen nicht erwartet. Die Seitenspiegel sind groß und er hat eine Rückfahrkamera. Bei der Größe des Vans und meiner kleinen Körpergröße natürlich optimal. Die Sitze lassen sich wunderbar für mich verstellen. Ich sitze mit meinem 158 cm wirklich gut und habe alles im Blick. Nur die Spiegel-Verstellung ist etwas gewöhnungsbedürftig. Die Anordnung ist etwas unpraktisch und ich muss eine Zeit nach dem richtigen Knopf suchen. An die Außenmaße muss ich mich wohl auch erst gewöhnen, aber das ist ja bei jedem Fahrzeug so, das man noch nicht gefahren ist.
Easy zu fahren
Der e-NV ist als Elektromobil genauso easy zu fahren, wie ein Automatik-Fahrzeug. Ich stelle also meinen linken Fuß so weit von den Pedalen weg, wie es nur geht – vorsichtshalber. Man weiß ja nie, ob der nicht aus Gewohnheit versucht, die Kupplung zu treten und mit voller Kraft die Bremse reinhaut. Fast lautlos düse ich los. Aus der Stadt übers Land und ständig meine Kontrollinstrumente im riesigen Cockpit im Blick. Über große leuchtende Balken bekomme ich visuell eindrucksvoll gezeigt, wie intensiv meine Fahrweise gerade an der Energie zerrt, wie viel Energie mir noch zur Verfügung steht und auch, wie lange es jetzt dauern würde, bis die Batterie wieder komplett geladen ist. Die Batterieladezeit wird mir sogar für den Hausstrom und die Starkstromsäule separiert angezeigt. Rund 110 km Reichweite habe ich. Zugegeben, bei meinem Benziner weiß ich, dass ich demnächst tanken sollte, aber hier kann ich es zurzeit gar nicht beurteilen. Meine Fahrstrecke bis nach Hause beträgt etwa 16 km. Das schaffe ich wohl auf jeden Fall – hoffe ich.
Der Nissan e-NV 200 vor dem Schloss Waldthausen in Mainz-Finthen.
Leise Fahrgeräusche
Auffällig ist das Verhalten der Passanten, wenn ich an Ihnen vorbeirolle. Die Mehrheit dreht sich um und schaut mir und meinem aktuellen Gefährt nach. Das liegt jetzt vielleicht nicht zwingend an meiner persönlichen Ausstrahlung, sondern vielmehr an den leisen Fahrgeräuschen, die keiner erwartet. Schade eigentlich – fast wäre mir ersteres lieber. In meinem kleinen Dorf nahe Mainz ist das Fahrzeug fast eine kleine Attraktion in der Nachbarschaft. Ich komme mit vielen ins Gespräch und bin beeindruckt, wie viele sich in meinem Umfeld bereits bewusst mit der Thematik auseinandergesetzt haben. Schnell wechseln die Gesprächsthemen auch auf Nachhaltigkeit, Klimaschutz und den eigenen ökologischen Fußabdruck. Fast jeder besitzt hier einen Zweitwagen, manche sogar drei. Die Überlegung zu einem Elektrofahrzeug ist da durchaus berechtigt. Der nächste Morgen ist ein frischer Mai-Morgen mit Temperaturen unter 8 Grad, also enorm frisch und ich möchte gerne die Heizung meines Elektromobils anschalten, was kläglich scheitert. Egal, was ich am großen Bedienfeld auch drücke, das Fahrzeug bringt trotz eingestellter 22 Grad keine Wärme in das Fahrzeug. Bedienungsfehler? Ich weiß es nicht.
Beachtliche Beschleunigung
An das Fahren habe ich mich längst gewöhnt und wer behauptet, dass der Fahrspaß verloren geht, der irrt. Die Beschleunigung ist beachtlich und trete ich das Gaspedal über die eingebaute kleine Blockierung durch, werde ich gewaltig in meinen Sitz gedrückt. Herrlich. Für mich ist das durchaus Fahrspaß! Zum Geschäftstermin am Nachmittag bei Werner & Mertz in Mainz, also bei „FROSCH“ fahre ich natürlich auch mit dem e-NV 200. Werner & Mertz hat im Rahmen seiner Nachhaltigkeitsstrategie sowohl Elektrofahrzeuge im Firmenfuhrpark, als auch eigene Tanksäulen. Wunderbar. Hier lade ich während der 2 Stunden, die wir zusammen sitzen, den Van auf dem Mitarbeiterparkplatz auf. Den Mitarbeitern stehen vor dem Haupteingang, aber auch auf dem großen Mitarbeiterparkplatz 6 Ladestationen zur Verfügung. Das ist beachtlich, wenn ich bedenke, dass sich in Mainz selbst gerade mal 5 oder 6 öffentliche Möglichkeiten bieten. Wäre ich nicht in der guten Lage auf dem Land im Umkreis von Mainz in einem Einfamilienhaus zu wohnen und das Fahrzeug in der Garage zu platzieren, hätte ich vermutlich ein echtes Problem, da sich im Umkreis von Mainz und in der Stadt einfach zu wenig Lademöglichkeiten bieten.
Der Nissan e-NV 200 im Wald.
Mich überrascht meine eigene Einstellung gegenüber der Reichweite
Die Ladezeit von 4-6 Stunden, je nach Energiestatus der Batterie, lässt sich am Rande der Stadt wohl nur schwer überbrücken. Ich selbst bin in der vorteilhaften Lage auf dem Land meine Garage zu nutzen und kann den Van problemlos über Nacht hier laden. Das ist natürlich ein enormer Vorteil gegenüber den Städtern.
Mich überrascht allerdings meine eigene Einstellung gegenüber der Reichweite. Bis zum Test war ich überzeugt, dass mir die Reichweite des Fahrzeuges nicht reichen würde. 170 km ist ein Witz, wer soll so ein Auto kaufen. Jetzt bin ich anderer Meinung. Während der 4 Tage habe ich das Auto nur einmal geladen, und das nur, weil ich das Auto mit voller Reichweite übergeben wollte. An 4 Arbeitstagen habe ich es nicht geschafft, das Fahrzeug zwischen Arbeit und Zuhause, Einkäufen und zum Sport leer zu fahren.
Das Ecowoman Fazit
Mein Fazit: Gutes Konzept, echter Fahrspaß und großer Nutzen durch den geräumigen Innenraum. Die Ausstattung ist top, aber einiges kann man haben, muss man aber nicht. Als Zweitwagen für die kurzen Strecken zur Arbeit, zum Einkaufen und Ausflüge in der Region würde ich ihn sofort kaufen, wenn da nicht die noch der Preis wäre…
Unsere Redakteure haben das Fahrzeug für Sie getestet, hier folgt die Benotung:
Die Werte unserer Redakteure
Fragestellung Stichworte Schulnoten 1 bis 6
Gesamtkonzept | 2 | |
Bedienung, Türen, Schalter Sitze usw. | Pragmatisch, problemlos, intuitiv, Erreichbarkeit okay | 2 |
Tanken, Laden | Simple, unproblematisch, praktisch | 2 |
Komfort | Angemessen, ausgewogen, vergleichbar mit anderen Fahrzeugen | 2 |
Fahrgefühl, Beschleunigung Geräusche | Ruhig und angenehm, leise, beschleunigt gut | 1 |
Alltagstauglichkeit | Ideal für Stadtverkehr und kurze Strecken | 3 |
Raumangebot, Transport Einkaufen | Großzügig, mehr als ausreichend, viel Platz | 1 |
Fahrspaß | Stadt ja, Autobahn bedingt, entspannend aber wenig Reichweite | 2 |
Sitze und Fahrerposition | Komfortabel, gute Übersicht, sehr bequem | 1 |
Helferlein | Cockpit gut, Hauskabel bringt Vorteile | 2 |
Technik | okay | 2 |
Klima | Ausreichend, schränkt Reichweite ein, Heizung schlecht einstellbar | 3 |
Fensterheber | Gut, normale Bedienung | 2 |
Türöffner | Bestens, gibt Warnhinweis wenn etwas nicht stimmt | 2 |
Kommunikation, Radio Navi usw. | Umfangreich, alles gut bedienbar, lenkt etwas vom Fahren ab | 2 |
Bremsen | Gut | 1 |
Persönliche Bewertung | Gutes Konzept, angenehmes Fahrzeug, sehr gut als Stadtfahrzeug | 2 |
Empfehlung | Zweitwagen für den Stadtverkehr |
Autor: Sabine Röck, Bilder: Ecowoman