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E10, Biodiesel und Co.: Eher umweltschädlich als umweltfreundlich
Biokraftstoffe sind umstritten und haben auch Nachteile. Die aktuelle Diskussion um den Biokraftstoff E10 bestätigt dies. Fachleute sehen in E10 sogar die größte Gefahr für die Regenwälder. Nur wenn Biobenzin nachhaltig produziert wird, kann er ein Baustein einer umweltverträglichen Mobilität sein.
Einst als Ausweg aus der Erdöl-Abhängigkeit gepriesen, stehen Biokraftstoffe immer stärker in der Kritik. Viele Studien zeigen, dass der Kraftstoff nur geringe Klimaschutz-Effekte hat. Doch nicht nur das: Die Förderung von Biokraftstoffen führt zu einer Vielzahl von Problemen. Die aktuelle Debatte um E10 zeigt dies mehr als deutlich. Die Erhöhung des Ethanol-Anteils im Superbenzin von fünf auf zehn Prozent findet breite Kritik und wird vom Autofahrer abgelehnt. Mehr noch, Organisationen wie Rettet den Regenwald e.V. sprechen mittlerweile von der größten Gefahr für die Regenwälder dieser Erde. Als eines der vielen Negativbeispiele gilt Borneo. Dort sind in wenigen Jahre 10 Prozent der Wälder und ein Drittel der wertvollen Torfmoore für Palmöl-Plantagen zerstört worden. Das hier gewonnene Palmöl wird zur Biodiesel-Produktion verwendet.
Trotzdem werden sie heute in vielen Ländern gefördert. In der EU wurden 2008 knapp zehn Millionen Tonnen Biodiesel und Biobenzin hergestellt. Und es besteht das Ziel, bis 2020 sieben Prozent des Treibstoffverbrauchs durch Biosprit zu ersetzen. Hierbei sind Biokraftstoffe ein riesiges Geschäft. Doch nicht nur in Deutschland, sondern auch in den USA und der EU werden Mineralölkonzerne dazu verpflichtet, dem Treibstoff einen gewissen Anteil an Biodiesel beizumischen. Mittlerweile setzt die Biospritindustrie weltweit 76 Milliarden Dollar um und diese Zahl soll bis 2020 auf 247 Milliarden ansteigen.
Biosprit - Leider kaum nachhaltig
Die Nachhaltigkeit in der Produktion lässt noch immer zu wünschen übrig. «Bei der Nutzung von Biomasse muss immer darauf geachtet werden, dass diese nachhaltig ist», sagt Uwe Fritsche vom Institut für angewandte Ökologie. Es besteht die Gefahr, dass für den Anbau von Energiepflanzen Urwald gerodet wird oder dass der Energiepflanzenanbau den Nahrungsmittelanbau verdrängt. Wenn gar Nahrungsmittel zur Produktion von Biokraftstoffen verwendet werden, lässt dies die Nahrungsmittelpreise steigen. Deshalb warnt Fritsche, man dürfe nicht nach dem Motto «Zuhause alles fein, woanders das Chaos» handeln. Die Ökobilanz wird dadurch natürlich schlechter. Schon Realität ist diese Tatsache in vielen Ländern. Brasilien baut auf mittlerweile 9 Millionen Hektar Zuckerrohr für Biosprit an, gleichzeitig schrumpfen die Flächen für Bohnen und Reis, den Hauptnahrungsmitteln, um jährlich zehn Prozent. Denkt man noch an die übliche Praxis der Brandrodung benötigter Flächen, dann sind die nachhaltigen Effekte von Biosprit endgültig dahin. Dann, so Rettet den Regenwald, sind Biokraftstoffe wie E10 oder Biodiesel sogar doppelt so schädlich, als rein fossiler Kraftstoff.
Weizen wird für die Herstellung von Biobenzin der ersten Generation verwendet.
Algen im Tank - Die wirklich nachhaltige Lösung
Es wird daran gearbeitet, Biokraftstoff ökologischer herzustellen. Derzeit werden für die Produktion vor allem Nahrungsmittel verwendet. Für die Herstellung von Biobenzin benutzt man Weizen, Mais, oder Rohr- und Rübenzucker, während Biodiesel meist aus Soja-, Raps- oder Palmöl hergestellt wird. Dabei handelt es sich noch um die Biokraftstoffe der ersten Generation. «Biokraftstoffe der ersten Generation sind nicht gut geeignet, um in nachhaltiger Weise das Klima zu schützen», sagt Renate Schubert, Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats der deutschen Bundesregierung «Globale Umweltveränderungen» (WBGU). Doch in E10 und Biodiesel nach wie vor Realität.
Der WBGU hat in einem Gutachten die Chancen und Risiken von Bioenergie analysiert. Die nächste Generation soll nachhaltiger werden. So sollen in Zukunft auch aus Landwirtschafts- und Forstabfällen oder aus speziellen noch effizienteren Energiepflanzen Biotreibstoffe hergestellt werden. Eine Versuchsanlage testet bereits Algen für die Produktion von Bioenergie, die auch für die Produktion von Biogas eine Alternative sind. Denn Algen sind die am schnellsten wachsenden Pflanzen und entnehmen der Umgebung CO2. Somit wäre die Energie- und Kraftstoffproduktion aus Algen nachhaltig und klimaneutral. (Quelle: www.heizungsfinder.de) «Die Biokraftstoffe der zweiten Generation sind schon nachhaltiger als die der ersten Generation», sagt Rainer Zah, Leiter der Gruppe Ökobilanzierung der Schweizer Empa.
Und die Forschung geht voran. Auch die Nutzung von Algen wird intensiv erforscht. Bereits großtechnisch nutzbar ist Biogas. Hier zersetzen Bakterien Pflanzenreste, Gülle, Klärschlamm oder einfach Müll und setzen dabei Methan frei. Dieses Methan kann man absaugen und anstelle von Erdgas zur Stromerzeugung oder zum Kochen nutzen. Gerade beim Biosprit könnte ein Label zur nachhaltigeren Nutzung führen. «Es sollten Mindeststandards definiert werden, die Biokraftstoffe erfüllen müssen», sagt auch Schubert. Erst bei sehr guten Werten in Punkto Nachhaltigkeit könnte es dann auch eine staatliche Unterstützung geben.
Biokraftstoffe - Ideale Ergänzung zur Elektromobilität
Die Biotreibstoffe werden auch in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen. «Doch die Produktionsmenge der Agrokraftstoffe ist begrenzt», sagt Zah. Aber immerhin: Laut Solarverein München könnte die deutsche Landwirtschaft 45 % des benötigten Biodiesels produzieren, wenn der Verbrauch nur noch bei drei Litern auf 100 Kilometer läge. Ohne Einschränkung in der Erzeugung von Nahrungsmitteln. Und: «Biokraftstoffe können die Elektromobilität sehr gut ergänzen», sagt Zah. Somit wäre viel möglich, um die Umwelt wirklich zu schonen, Regenwälder zu erhalten und nachhaltige Mobilität zu sichern.
Text: Raphael Corneo und Jürgen Rösemeier-Buhmann
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