Fahrzeugtest RENAULT ZOE: Elektro-Power in Weiß
Elektromobilität genießt in Deutschland noch immer keinen so überragenden Ruf. Durch die niedrig geredeten Reichweiten und die schlechten Lademöglichkeiten, scheint die Durchsetzung der Elektromobiliät in der Sackgasse zu stecken. Zu Recht? Ein weiterer Test von ecowoman beweist, dass Elektroautos besser sind als ihr Ruf, und zeigt, warum die Erwartungshaltung vielleicht nicht ganz so hoch sein sollte.
Mainz, August 2015: Wir bekommen von RENAULT den ZOE zum Test. 14 Tage wird er uns im Alltag begleiten und soll Schwachstellen aufzeigen, Erfahrungen bieten und die Alltagstauglichkeit beweisen. Schon bei der Lieferung des Testwagens lässt der kleine Flitzer bei uns Mädels einen leichten Glanz in den Augen zurück. Der kleine Weiße funkelt uns an und präsentiert sich als schicker, stilvoller Kleinwagen mit optischen Hinguckern. Von außen betrachtet, macht er ganz schön was her. Die Optik ist für viele Fahrzeugtests eine Nebensache, aber allgemein ein unterschätztes Kriterium für eine Kaufentscheidung. Auch wenn ein Elektroauto durch ganz andere Werte und Leistungen überzeugen soll, wird sich wohl kaum einer ein Auto für so viel Geld anschaffen, wenn es ihm nicht gefällt.
Stylischer Innenraum
Der zweite Blick bestätigt meinen Eindruck. Auch der Innenraum des ZOE bietet ein stimmiges Interieur Konzept. Sitze, Cockpit und Armaturen sind farblich aufeinander abgestimmt. Das Design wirkt edel, keineswegs billig und auch die Anordnung aller Bedienelemente wirken aufgeräumt und am richtigen Platz. Es ist doch, zugegeben, fast wie beim Essen: Die Optik fährt mit.
Ob sich dieser Eindruck auch in der Bedienung bestätigt, werde ich sehen.
Es ist ein Samstag, als ich den RENAULT zu einer Fotosession an der Redaktion abhole, bevor er mich die kommenden 6 Tage begleiten wird und ich ihn auf die ganz alltäglichen Fahrten und meinen ganz alltäglichen und nicht gestellten Bedingungen testen werde.
Wie so viele, halten wir im 2-Personen-Haushalt auch 2 Fahrzeuge. Einen Kombi und einen Kleinwagen. Mit dem Kleinwagen pendele ich sonst regelmäßig zur Arbeit, zum Sport und zum Einkaufen. Eher selten fahre ich mal weitere Strecken bis 100 km. Wenn es weiter weg geht, nehmen wir ohnehin meistens den Kombi. Ich bin gespannt, wie schnell ich mich an den ZOE gewöhne und wie ich ihn in meinen Alltag integrieren kann.
Durch die vorherigen Tests der beiden Nissan-Fahrzeuge, glaube ich zu wissen, was ich tun muss. Die Fahrzeuge lassen sich ähnlich bedienen, auch wenn die Aufteilung im Cockpit und die Anzeigetools ein wenig anders sind.
Der Kleinwagen hält, was der erste Eindruck verspricht
Der RENAULT ZOE bestätigt seinen Eindruck, den ich direkt ab dem Tag der Lieferung bekommen habe. Sehr übersichtlich, sehr einfach und doch ist alles da, was ich brauche. Aber was ist das? Gibt es wirklich noch Fahrzeuge, bei denen man den Sitz nicht in der Höhe verstellen kann? Das letzte Mal habe ich das in der schmalen Ausstattungsvariante bei DACIA erlebt. Ein wenig enttäuscht ziehe ich den Sitz in die richtige Position und versuche wenigstens das Lenkrad anzupassen, was durch die stufenlose Einstellung auch ganz wunderbar gelingt. Durch den Vorteil, dass man keine Kupplung braucht, reicht mir der Abstand und auch die Höhe des Sitzes ist dann, nun ja, ganz passabel. Mir ist es aber um einiges lieber, wenn ich mehr vom vorderen Teil des Fahrzeugs sehen kann. Dass die Sitzhöhe schnell vergessen ist, werde ich später merken.
Einfache Handhabung und stylisches Interieur
Wie bei den anderen Elektrofahrzeugen auch, schaue ich mir die Schaltvorrichtung der Automatik kurz an. P – R – N – D. Alles klar, das ist easy. Zum Starten trete ich die Bremse, unterlässt man das, erscheint ein Hinweis auf dem Display. Nach dem Drücken des Startknopfes ertönt ein angenehmes Geräusch, das mich wissen lässt, dass der Wagen läuft. Sehr nützlich, man hört ja keinen Motor aufheulen. Die übrigen Bedienelemente sind erstaunlich einfach. Ich bin sehr beeindruckt, wie stylisch hier die Einfachheit daherkommt. Sowohl die Anzeigetafel für Geschwindigkeit, Reichweite, Akkustand und Energie-Pegel, als auch alle anderen Bedienelemente sind so einfach integriert, komfortabel erreichbar und verständlich. Alles sitzt, wo ich es brauche und auch erwarte. Auch die Handbremse ist nicht mechanisch oder elektrisch irgendwo links, rechts, oben oder unten, sondern ganz klassisch in der Mittelkonsole und ich löse sie per Hand, so wie ich es gewohnt bin. Ohne Schnick schnack – das gefällt mir.
Fahrgefühl bleibt nicht auf der Strecke
Nach kurzem Einstellen der Spiegel, dem Lösen der Handbremse nehme ich auch langsam den Fuß vom Bremspedal. Das Fahrzeug rollt an – ich höre nichts. Lautlos rolle ich nun über die Breite Straße in Mainz Gonsenheim und die Lenkung läuft so leicht wie ein heißes Messer durch die Butter. Die Beschleunigung ist, wie ich erwartet habe, sehr gut. Trotz des Eco-Modus, in dem ich Ressourcen schonender unterwegs bin, muss ich mich zügeln. Auch elektrisch muss ich mich wohl oder übel und entgegen meiner Euphorie, an die Maximalgeschwindigkeit halten.
Außerhalb der Ortschaft teste ich den Kickdown und ohne Lösen des Eco-Modus, wird die Power freigesetzt. Der kleine ZOE beschleunigt enorm, drückt mich in den Sitz und im Rückspiegel wird das Fahrzeug hinter mir kleiner – so zaubert mir der kleine Wagen ein weiteres Mal ein Lächeln ins Gesicht. Mit 88 PS und den direkt zur Verfügung stehenden 220 Newtonmetern kommt auch der Fahrspaß nicht zu kurz. Maximal 135 km/h sind drin. Im Stadt-und Landverkehr braucht man die allerdings nicht. Im Eco-Modus ist bei 83 km/h Schluss. Größtenteils ist auf meiner Strecke sowieso nur 70 erlaubt, also fahre ich überwiegend im Eco-Modus.
Unterstützende Informationsanzeige zum Energieverbrauch
Die Anzeige im Cockpit verrät mir auch bei diesem Modell, wie hoch die aktuelle Reichweite ist. 123 km. Klar, der Wagen ist nicht voll, denn ich bin nicht die erste Testerin im Team. Lt. Herstellerangabe hat der ZOE eine Gesamtreichweite von 210 km. Ich überprüfe, wie realistisch diese Angabe von 123 km bleibt.
Die große Anzeigetafel mit Navi, Radio und Co. enttäuscht ebenfalls nicht und bietet mehr als erwartet. Ich möchte nicht behaupten, dass hier Funktionen enthalten sind, die man unbedingt braucht, aber wenn sie schon mal da sind, werden sie auch genutzt. Neben Navigation und Radio bietet der ZOE nämlich 3 sehr nützliche Anzeigevarianten, die ich über den Touchscreen ansteuern kann.
Zum einen ist hier eine Anzeige, die den Energiefluss zeigt, auch wenn ich durch Bremsvorgänge oder durch schlichtes Rollen keine Energie verbrauche und die Rückfuhrenergie wieder in die Batterie fließt. Wow, nur nicht ablenken lassen.
Die zweite Anzeige per Touchscreen zeigt übersichtlich die Gesamtdaten meiner Fahreigenschaft und den Verbrauch, Wegstrecke sowie den Durchschnittsverbrauch. Aktuell liegt der Ø-Verbrauch bei rund 14,2 kWh auf 100 km. Das entspricht etwa 3,55 Euro bei aktuellem Preis von rund 25 Cent pro kWh beim Grundversorger.
Passable Reichweite:
Die Reichweite des ZOE ist mit 210 km angegeben. Da sich diese Reichweiten, wie auch beim Benziner, an den optimalen Gegebenheiten orientiert, sollte aber nicht verunsichern. Immerhin schaffe ich es mit der Reichweite von 123 km seit der Fahrzeug-Übernahme auf 75 km und habe noch locker 30 km Reichweite im Petto, als ich mich auf den Weg zur Tanksäule mache. Das eigene Fahrverhalten, Nutzung von Klima & Co. beeinflussen die Reichweite natürlich erheblich.
Ich bin nicht alleine mit dem Eindruck, dass allein die Tatsache der Nutzung eines Elektrofahrzeuges das Fahrverhalten positiv beeinflusst! Nicht nur ich bekomme das Gefühl viel relaxter zu sein, gediegener und weniger aggressiv das Straßengeschehen hinzunehmen. Gestern hätte ich noch überholt, heute bleibe ich hinter den Schleichern. Einbildung oder sparsamer Umgang mit meiner Reichweite? Ich weiß es nicht, aber ich bin total gechillt und komme cool ans Ziel.
Ladesäule und Hausbox
Das einzige Problem, was ich erneut während meines Tests hatte, sind die verfügbaren Ladestationen in der Nähe. Weder auf dem Land, noch in der Stadt bieten sich mir wirklich erreichbare Möglichkeiten, das Auto aufzuladen.
Der ZOE ist aber mit einer mitgelieferten Wallbox inkl. Montage und Inbetriebnahme ausgestattet. Das bedeutet, dass ich mit meiner Garage enormen Vorteil habe, da ich unabhängig der Ladesäulen das E-Fahrzeug immer in der Garage laden kann, insofern ich den ZOE kaufe.
Auch gibt es im Zubehör ein Notladekabel für die Überbrückung an einer haushaltsüblichen Steckdose – für den Notfall versteht sich.
Auch für Städter bedeutet das keinen Verzicht auf Elektromobilität durch kurze Ladezeiten und den Ausbau der Ladestationen in den nächsten Jahren. Auf der Rheinallee in Mainz bieten die Stadtwerke rund um die Uhr, also 24 Stunden am Tag, 7 Mal die Woche eine kostenlose Lademöglichkeit.
Bei einer angegebenen Ladedauer von rund 1,5 Stunden bei 22 kWh Stromstärke teste ich diese Möglichkeit in meiner Mittagspause. Kurzerhand lade ich meine Kollegin auf eine Spritztour ein und wir fahren Richtung Rhein. Bei den Stadtwerken läuft alles problemlos. Die Säule ist frei und die Mitarbeiter bieten mir eine dauerhafte Nutzung an, mit der ich auch außerhalb der Öffnungszeiten das Fahrzeug laden kann.
Einfache Ladung in sehr kurzer Zeit
Das Fahrzeug an die Stromsäule anzuschließen ist äußerst einfach. Stecker rein – fertig. Auch wenn es immer schwer nachvollziehbar ist, gerade weil wir über eine hohe Spannung sprechen, aber auch hier kann man nichts falsch machen, die Logik ist selbst erklärend. Die Ladesäule fiebt etwas und da sich das Ladekabel am ZOE verriegelt und nur elektronisch (über einen Schalter im Innenraum oder der Fernbedienung am Schlüssel) wieder öffnen lässt, können wir das Fahrzeug unbeobachtet hier stehen lassen. So nutzen wir gleich die Mittagspause und erledigen unseren Einkauf im nahegelegenen Bio-Supermarkt.
Nach nur einer Stunde ist der ZOE zu 99% aufgeladen. Das überrascht äußerst positiv. Mit einer entsprechenden Ladevorrichtung kann man also in der Mittagspause schnell und unkompliziert aufladen. In diesem Fall sogar kostenlos. (Bei der Reichweite von realistisch und wetterbedingt vielleicht 120 - 130 km und meiner Wegstrecke also etwa 1-2 pro Woche) Damit könnte ich gut leben. Bei einem kleineren Fahrtweg reduziert sich sogar die Ladehäufigkeit.
Wenn jetzt die EWR auf dem Land und andere Anbieter ihre Konzepte umsetzen und Ladesäulen flächendeckender zur Verfügung stellen, ist dieses Elektro-Auto meine Wahl, denn finanziell kommt das Elektroauto nicht teurer als mein Benziner!
Kostenvergleich Kleinwagen (am Beispiel Skoda Fabia – Sonderausstattung MonteCarlo)
Im Vergleich hat mein kleiner Benziner einen Verbrauch von rund 7,5 Liter auf 100 km. Das sind bei einem Benzinpreis von 1,45 Euro (95) rund 11 Euro auf 100km.
Aufs Jahr gesehen fahre ich rund etwa 11.000 km. Das bedeutet für den Benziner etwa 1.200 Euro Benzinkosten. Für das E-Fahrzeug hingegen sind das Fahrtkosten von nur 390,50 Euro! Ich spare also rein theoretisch 819,50 Euro im Jahr, wenn die Benzinpreise im Durchschnitt bei 1,45 Euro blieben und ich nur die Tankladung rechne!
Für die Gesamtbetrachtung muss man jedoch die Batteriemiete zusätzlich berücksichtigen. Bei RENAULT liegt die Miete für die Batterie bei aktuell 79 Euro pro Monat bei den Jahreskilometern. Fährt man weniger, reduziert sich die Miete. Ein monatlicher Durchschnitt also aus den 11.000 km pro Jahr im Vergleich der zwei Fahrzeugtypen als Beispiel in der Tabelle (ohne Werkstattkosten)
Vergleichsdaten* RENAULT ZOE Skoda Fabia (Monte Carlo)
Fixe Kosten / Anschaffung 24.809,00 Euro 21.125,00 Euro
(vergleichbares Ausstattungs-
niveau inkl. Navigation)
Batteriemiete im Jahr 948,00 Euro 0,00 Euro
Versicherung pro Jahr 380,00 Euro 420,00 Euro
(Vollkasko 150/300)
KFZ-Steuern 0,00 Euro 95,00 Euro
Stromkosten / Benzinkosten Ø p.A. 390,50 Euro 1.200,00 Euro
Gesamtkosten Ø pro Jahr 1.718,50 Euro 1.715,00 Euro
Gesamtkosten Ø pro Monat 143,21 Euro 142,92 Euro
Allein auf Sicht der Kosten gibt es bei diesem Vergleich keinen spürbaren Unterschied. Für eine Kaufentscheidung sollte man sich bei dieser Erfahrung mit den Umweltkriterien auseinander setzen und sich allein aus der Betrachtung für sein Fahrzeug entscheiden.
Bei so viel Komfort, Optik, Handhabung und dem Umweltaspekt gibt es von mir eine klare Kaufempfehlung. Mein nächster Wagen könnte der ZOE sein.
Ausstattung und technische Daten des abgebildeten und getesteten Fahrzeugs als Übersicht:
Ausstattungsniveau Intens (Auszug)
• ESP mit Antriebsschlupfregelung (ASR) und Untersteuerungskontrolle (USC)
• Front-, Seiten- und Anti-Submarining Airbags für Fahrer und Beifahrer
(Zusatz: Erklärung Anti_Subarining = nicht nach vorne rutschen. Diese Airbags sin in den vorderen Sitzen des Fahrzeuges integriert und sind Sicherheits-Features im Falle eines Frontal-Crashs. Sie sollen verhindern, dass der Körper beim Frontalaufprall in das Sitzkissen eintaucht und durch den Hüftgurt hindurchrutscht)
• LED-Tagfahrlicht
• Geräuschsimulator Z.E. Voice
• Außenspiegel elektrisch einstell- und beheizbar
• Berganfahrhilfe Hill Start Assist
• Elektrische Fensterheber vorne und hinten
• Tempolimit mit Geschwindigkeitsregler
• Ein-Zonen-Klimaautomatik
• Multifunktionales Mediasystem Renault R-Link
• Radio „3D-Sound by Arkamys® mit 6 Lautsprechern und Doppelantenne
• Einparkhilfe hinten
• Keycard Handsfree
• Lenkrad und Schalthebelknauf aus Leder
• Licht- und Regensensr
• Rückfahrkamera
• My Z.E. Inter@ctive
• eBox Z.E. 3,7 kW inkl. Montage und Inbetriebnahme
Fahrzeugpreis: 23.500 Euro
mit Sonderausstattung: 24.809 Euro
(Notladekabel, Kartenmaterial Navigationssystem Carminat TomTom®, Perlmutt-Weiß)
Motor: Fremderregter Drehstrom-Synchron-Elektromotor
Stromart Dreiphasen-Wechselstrom
Nenndauer/Max. Leistung: 43 (58) / 65 (88) bei 3.000 – (kW/PS bei 1/min)
Max. Drehm. (Nm bei 1/min) 220 bei 250
Batterie Lithium-Ionen, luftgekühlt
Spannung(V) 400
Leistung (kWh) 22
Kapazität (Ah) 65
Anzahl der Module: 12
Anzahl der Zellen: 192
Fahrleistungen / Reichweite:
Höchstgeschwindigkeit (km/h) 135 (elektronisch abgeregelt – im eco-Modus: 83 km/h)
Beschleunigung (0-100/kmh) 13,5 Sekunden
Reichweite: 210 km (Abhängig von Klima, Fahrweise, Strecke!)
Stromverbrauch kombiniert: ca. 14.2 kw/h auf 100 km
Abmessungen/Gewichte, Lasten
Länge/Breite/Höhe in mm: 4.085 / 1.730 / 1.562
Radstand/Bodenfreiheit (mm) 2.588 / 120
Spurweite vorn / hinten (mm) 1.511 / 1.510
Gepäckraumvolumen (l) 338 bis 1.225
Leergewicht 1.503 kg (inkl. Füllmengen und 75kg Fahrer)
zulässiges Gesamtgewicht: 1.943 kg (Zuladung 440 kg)
*Daten basieren auf Schadensfreiheitsklasse des Autors und Internetvergleichsportale, sowie aktuelle Benzin- und Strompreise der Region.
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Autor: roe, Bilder: ecowoman / Renault
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