Leben in den Baumwipfeln: Die Waldbesetzung im Hambacher Forst
Einst galt er unter Naturliebhabern als letzter Urwald Mitteleuropas. Inzwischen sind von dem ursprünglich 5.500 Hektar großen Wald nur noch 1.100 Hektar übrig. Schuld daran ist die Braunkohleindustrie, die seit 1978 immer mehr Flächen rodet.
Was der Wald so alles kann
Im Westen unseres Landes ist der Hambacher Forst ein beliebtes Ausflugsziel. Lange Zeit vor allem aus dem Grund, dass er über eine unermessliche Flora und Fauna verfügt. Unter den Bäumen stechen Hainbuchen und Stieleichen hervor, bei den Tieren sind es die vom Aussterben bedrohten Bechsteinfledermaus - Kolonien. Doch sie sind nur ein kleiner Teil von unzähligen geschützten Arten, die in diesem Wald ihr Zuhause finden.
Naturfreunde kennen die Vorteile, die ein großer Wald mit sich bringt: Er strahlt Ruhe aus und lässt den lauten, stressigen Alltag für kurze Zeit vergessen. Man kann in ihm joggen oder spazieren gehen, Blätter sammeln, Tiere beobachten oder meditieren. Ein schöner Wald schafft Lebensraum für Pflanzen und Tiere – und manchmal auch für Menschen.
"second occupation" ©Hambi Info / flickr CC BY 2.0
Umweltaktivisten besetzen den Wald im Hambacher Forst "postmogleecleanup" ©Hambi Info / flickr CC BY 2.0
Die Waldbesetzung
Seit April 2012 treiben Umweltaktivisten im Hambacher Forst ihr Unwesen – so zumindest aus der Perspektive des Braunkohlekonzerns RWE. Schaut man sich die andere Seite genauer an, wird schnell deutlich, wie verzwickt die Lage für alle Beteiligten ist. Aus juristischer Sicht hat RWE die Erlaubnis, jedes Jahr zwischen Oktober und April Rodungsarbeiten vorzunehmen, die übrigen Monate sind für die Brut-und Nistzeit der dort lebenden Tiere vorgesehen. Nach Meinung der Aktivisten dürfte es gar keine Rodungsarbeiten geben, damit nicht noch mehr Wald zerstört und der Braunkohleindustrie geopfert wird.
Daher wird protestiert bis die Polizei kommt. Aber die Zeiten klassischer Demos oder Sitzstreiks sind vorbei. Hier werden Baumhäuser in Baumwipfeln gebaut, Barrikaden und Fallen auf größeren Wegen errichtet - und auch ein autarkes Dorf wurde gegründet, das von Spenden und selbst angepflanzten Lebensmitteln lebt. Einige der Baumhäuser sind so gut miteinander verbunden, dass man tagelang dort oben leben kann ohne etwas zu vermissen. Wenn etwas fehlt, klettert man einfach zum Nachbarn herüber.
"banneraction" ©Hambi Info / flickr CC BY 2.0
Allein 2012 gab es 27 Verfahren gegen die Waldbesetzer, die allesamt eingestellt wurden, da laut Staatsanwaltschaft keine Straftaten begangen worden waren. Nach der ersten großen Waldbesetzung von Mitte April bis November 2012 folgten regelmäßig weitere Besetzungen mit unterschiedlicher Dauer und Beteiligungsgröße. Dabei kann es durchaus vorkommen, dass ein Aktivist von mehreren Spezialkräften fortgebracht werden muss oder die aufgebauten Barrikaden auf den Wegen zumindest für eine mehrstündige Verzögerung der Rodungsarbeiten sorgen.
Leider kommt es bei den Auseinandersetzungen der beiden Lager gelegentlich auch zu Gewalt, was die ganze Sache so ambivalent macht. Die meisten werden sicher verstehen können, warum der Erhalt des Waldes so wichtig ist. Und arbeitet man sich erst einmal in die gesamte Thematik ein, möchte man am liebsten gleich mitdemonstrieren. Doch wie so oft im Leben hat alles zwei Seiten, sodass nur zu hoffen bleibt, dass es irgendwann eine Einigung geben wird, die allen Beteiligten und allen voran dem Wald, gerecht wird.
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Quellen: Titelbild: "Hambacher Forst Baumhaus" Flickr/©glasseyes view - CC BY-SA 2.0, Text: Jasmine Barendt
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