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Die Anti-Ökostrom-Propaganda!
Wie weit reichen die Arme der Stromkonzerne? Anscheinend tief in die Schaltzentrale einiger Presseorgane: Die Tageszeitung Bild startete eine Kampagne gegen die Energiewende. „Strom um 30 Prozent teurer – Macht uns die Energiewende arm?“, titelte die Blattmacher und untermalten die Schlagzeile mit einem Button „Ökostrom Nein Danke?
Den Anfang machte der Energieriese Vattenfall im Juli dieses Jahres. Gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ wies er darauf hin, dass Privatkunden bis 2020 voraussichtlich 30 Prozent höhere Stromkosten zahlen müssten als bisher. Schuld daran seien die Umlagen für die Förderung erneuerbarer Energien. Die Bild legte dann am 27.08. dieses Jahres nach: „Schockprognose - Strom wird bis zu 30 Prozent teurer“. Das Blatt berief sich dabei auf die Einschätzungen der Energiekonzerne RWE und Vattenfall. Im besagten Artikel schmetterte RWE-Chef Peter Terium den Vorwurf ab, die Energiekonzerne hätten in diesem Jahr bis zu drei Milliarden Euro zu viel von den Verbrauchern kassiert.
Eine Studie im Auftrag der Grünen hatte letzte Woche jedoch ergeben, dass in den letzten Jahren die Preise für den Einkauf von Strom gesunken sind, diese Einsparungen jedoch nicht an die Kunden weitergeben wurden. Glücklicher Weise scheint Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) nicht viel auf die Horrorprophezeiungen der Energiemultis zu geben. In der Bild warnte der Minister vor permanent neuen Prognosen und wies darauf hin, dass sich die Aussage des Vattenfall-Managers auf einen längeren Zeitraum beziehe und somit nicht seriös kalkuliert werden könne. Die Kosten der Energiewende hingen laut Umweltminister davon ab, wie sie in den nächsten Monaten organisiert werde. Altmaier rechnet mit einem Anstieg der Strompreise im nächsten Jahr von unter fünf Prozent.
Es herrscht Chaos!
Wie uneins sich die Politik beim Thema Energiewende ist zeigte ein Kommentar von Rainer Brüderle (FDP) im Mai diesen Jahres. „Es wird teuer für den Bürger“, äußerte er sich gegenüber der Hannoverschen Allgemein und warnte davor, die Solarenergie „auf Teufel komm raus“ zu fördern. Die bisherigen Energieriesen haben kein großes Interesse daran, dass die Energiewende erfolgreich umgesetzt wird. Der Hintergrund: Energiegenossenschaften und neue Versorger schneiden sich große Stücke ab vom Kuchen der Stromversorgung zu Lasten der Energiemultis.
Hildegard Müller vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft meinte im ZDF-Morgenmagazin: „Die erneuerbaren Energien sind das Leitsystem der Zukunft.“ Allerdings sei noch viel zu tun, damit der Strom bezahlbar bleibt.
Die Energiewende wurde nach dem Supergau in Fukushima zum Großprojekt der Regierung. Die Bundeskanzlerin Angela Merkel wollte Deutschland zur atomfreien Zone umfunktionieren. Die Mehrheit der Bürger stand hinter dieser Entscheidung. Nun machen die Bedenkenträger, allen voran die Energieriesen, Stimmung gegen das Projekt. Verbraucher werden verunsichert und notwendige Handlungen wie der Netzausbau stocken. Die leidigen Diskussionen um die Förderung der Solarenergie haben nicht nur dem Ruf der erneuerbaren Stromquellen geschadet, sondern auch einige Solarunternehmen in den Ruin getrieben. Bei bislang erfolgreichen Konzernen wie beispielsweise der Juwi AG droht Stellenabbau. Die Energiewende scheint momentan in einem Chaos zu verharren. Bleibt zu hoffen, dass Kanzlerin und Umweltminister kühle Köpfe bewahren und nicht auf die Propaganda der Energiekonzerne und einiger „Blätter“ im Pressedschungel hören.
Stichworte zur Strompreis-Diskussion:
EEG-Umlage: Seit 1. Januar diesen Jahres werden Erneuerbare Energien durch eine garantierte Vergütung für eingespeisten Strom gefördert. Je Kilowattstunde zahlen Stromkunden 3,592 Cent.
Netzausbau: Der Ausbau und die Wartung der Stromnetze werden über Netzentgelte finanziert und betragen etwa 20 Prozent des Strompreises. Diese Kosten dürften in den nächsten Jahren steigen, da neue Stromnetze benötigt werden.
Einkaufspreise: Laut n-tv.de sind die Strompreise an der Leipziger Strombörse um bis zu 20 Prozent gesunken. Diese Einsparungen wurden jedoch kaum an den Endkunden weitergegeben. Gunnar Harms, Energieexperte der Grünen erklärte, dass der Preis für eine Kilowattstunde zwei Cent niedriger sein müsste.
Text: Peter Rensch