Die Außendämmung aus Styropor-Produkten gerät mehr und mehr in Kritik. Doch, es gibt bereits Alternativen wie dieses Holzhaus, dass keinerlei der vielen Gefahren der konventionellen Fassadendämmung birgt. Leider ist für viele Baufirmen und Architekten alleine von Gesetzeswegen die Kunststoffdämmung noch das Allheilmittel. (c) Bittermann & Weiss Holzhaus
Wärmedämmung: Ein kostspieliges Dilemma, das auch noch krank macht
Sie benötigt 20 Jahre zur Amortisation, wird mit hohem Energieaufwand produziert und enthält das, dessen Verbrauch es vermindern sollte, Mengen an Öl. Die Rede ist von Wärmedämmungen aus Kunststoffen wie Styropor. Und, kaum hat sie sich amortisiert, muss sie erneuert werden. Schlimmer noch: Mediziner haben schon 2002 auf einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Wärmedämmungen und Krankheiten wie Asthma hingewiesen. Denn: Schimmel ist kaum zu vermeiden, auch wenn es viele Vermieter nicht gerne hören. Allenfalls durch hohen technischen Aufwand, der schnell die Baukosten um 35 % erhöht.
Es wird derzeit viel über die Energiewende diskutiert. Milliardenteure Stromtrassen um die Windenergie von Ost- und Nordsee in den Süden zu transportieren sei nötig, die EEG-Umlage steigt für den Verbraucher, weil die Energiewende sonst nicht vollziehbar ist oder Solar auf dem Dach wird immer weniger unterstützt. Und gleichzeitig steigen die Bauvorschriften, für Architekten und an die Energieeffizienz. Ergo: Wer heute ein zinsgünstiges Darlehen der KfW-Bank zum Sanieren möchte, kommt fast nicht mehr um die Dämmung seiner Fassade mit erdölbasierten Styropor (Wärmedämmverbundsystem, WDVS) umhin.
Schlimmster Fall: der Passivhausstandard
Gerade beim Passivhausstandard wird gedämmt was das Zeug hält. Manchmal sogar so vehement, dass die nun Schießscharten gleichenden Fenster nur noch ein Minimum an Licht in das Gebäudeinnere lassen, weiß Architekt André Kempe auf dem Blog BKult.de. „Mit der Steigerung der energetischen Anforderungen zum Passivhausstandard scheint … ein Wendepunkt erreicht“, ist der Freiberger Architekt vom niederländischen Atelier Kempe Till der festen Überzeugung. Denn „das Gebäude wird in einem Maß gedämmt, das vergleichbar ist mit einem Menschen, der auch im heißesten Hochsommer in dicken Wintersachen herumläuft – und sich darüber freut, sich so den Rest des Jahres nicht mehr umziehen zu müssen. Das „Passive“ des eingemummelten Hauses wird durch den Aufwand für eine „aktive“ Haustechnik (zum Teil bereits 35% der Baukosten) etwa für die Gebäudekühlung im Sommer konterkarriert.“
Immer mehr zum Stein des Anstoßes geworden: Luftdichte Fassadendämmungen. Die Kritik wird lauter und die mögliche Gefahr für die Gesundheit ist schon seit 10 Jahren bekannt. (c) iStockphotos/Thinkstockphotos
Der ‚Architekt des Jahres 2011‘ in den Niederlanden weiter: „Der steigende Energieverbrauch durch die zusätzliche Haustechnik geht in die Energiebilanz offiziell oft nicht ein. Der Energieverbrauch ist bereits bei einem nach ENEV-Standard gedämmten Haus sehr gering. Jede weitere „Verbesserung“ ist ein unverhältnismäßiger Kampf um lächerliche Margen. Schlussendlich liegt die Gesamtenergiebilanz häufig bei lediglich 30% der versprochenen Einsparungen. Dass die verwendeten Dämmstoffe, deren Lebensdauer auf 50 Jahre geschätzt wird, in der Realität bereits nach 35 Jahren ersetzt werden müssen, wird geflissentlich ignoriert – genauso wie die Frage, wer eigentlich die Entsorgungskosten dieses Sondermülls übernehmen wird. Last but not least wird durch die stetige Zunahme der Wanddicken auch die Grundstücksauslastung immer schlechter.“
Viele lehnen heute bereits den Passivhausstandard ab. Denn ein weiterer Grund: Die meist mit Wärmepumpen zwar effizient beheizten Passivhäuser werden mit Strom angetrieben. Und dessen Preis hat sich seit 1998 von 17,11 Cent pro Kilowattstunde auf 25,74 ct./kWh erhöht, in den letzten fünf Jahren alleine um 5,10 ct. Werden die EEG-Umlagen weiter steigen und weitere Kosten der Energiewende an den Verbraucher weitergegeben, kann sich dies in den nächsten Jahren deutlich steigern. Und baut ein Ehepaar etwa mit einem Erwachsenenalter von 35 Jahren ein Passivhaus, so muss es mit etwa 70 Jahren mit einer horrenden Rechnung für eine neue High-Tech-Außenfassade seines Passivhauses rechnen. Exklusive der Entsorgung der zu Recht als Sondermüll bezeichneten Fassade.
Viele Mieter bekommen die Kosten für die Fassadendämmung direkt übertragen. Abgesehen von der Schimmelgefahr, erhöhen sich so die Wohnungskosten und die Energieeinsparung wird zunichte gemacht. (c) iStockphotos/Thinkstockphotos
Auch der Mieter kann sich nicht über eine Fassadendämmung freuen
Millionen alter Gebäude in Innenstädten müssten von außen isoliert werden, geht es nach der Energieeinsparverordnung, kurz EnEV. In aller Regel wird dies an die Mieter weitergegeben. Angesichts der Tatsache, dass bereits heute 10 bis 15 Prozent Schwierigkeiten haben, ihre Strom- oder Gasrechnung zu zahlen, 600.000 jährlich sogar den Strom wegen ausstehender Forderungen abgestellt bekommen, eine beängstigende Tatsache. Städtischer Wohnraum, dessen Kosten ohnehin schon immens steigen, könnte bald für viele unerschwinglich sein.
Nebenbei: Hat sich die Standarddämmung nach EnEV wahrscheinlich in 20 Jahren aufgelöst, beginnt das Spiel von Neuem. Hohe Investitionen von durchschnittlich 25.000 Euro für ein durchschnittliches Einfamilienhaus inklusive. Was die Entsorgung kostet, und wie die Preisentwicklung ob steigender Ölpreise aussehen wird, ist noch nicht abzusehen.
Verlust ‚solarer Gewinne‘ durch Wärmedämmung?
Die FAZ schrieb unlängst, dass die Raubritter des Mittelalters kaum Energieprobleme hatten. Der Grund: Die massiven Steinwände speicherten so die Wärme, dass eine Burg selbst in ungeheizten Räumen im Winter schnell mal 16 Grad Celsius hatte. Strenggenommen genial, bedenkt man, dass dies ohne weitere Energiezufuhr geschah. Diese Aufheizung des Mauerwerks – selbst im Winter – wird ‚solarer Gewinn‘ genannt. Ein wenig ausgeglichen wird dies heute durch große Fensterfronten mit High-Tech-Scheiben, gasversiegelt, ohne Brücken nach außen, in dreifachverglaster Form. Doch das Mauerwerk, die größte Fläche des Hauses, wird nicht mehr dank Wärmedämmung der Fassade in die kostenlose Arbeit des wärmenden Planeten mit einbezogen. Und die Investitionskosten sind ungleich höher, als ein reines, massives Mauerwerk zu errichten, welches kostenlos vom solaren Gewinn profitiert.
Doch das heutige Problem ist: Ein gängiges Mauerwerk ist viel zu dünn konstruiert, um Sommer- und Wintertemperaturunterschiede gut zu handhaben. Dicke, massive Wände sind übrigens die beste Klimatisierung für den Sommer und wären viel günstiger zu errichten, als eine Wärmedämmung der Fassade, die häufig leider unsachgemäß angebracht wird.
Keine Seltenheit: Schimmel in der Wohnung. Nachweislich ist meist die luftdichte Außendämmung der Hauptgrund, selbst wenn der Mieter oder Hausbesitzer alle Regeln einhält. (c) iStockphotos/Thinkstockphotos
Alles Schimmel, oder was? Am Ende ist immer der Mieter schuld
„Sie lüften nicht oder nicht ausreichend und haben darum Schimmel in Ihrer Wohnung“ – ein Standardspruch, den viele Mieter in gut beziehungsweise weniger gut isolierten Mietshäusern und –Wohnungen, also mit Standard-WDVS-Systemen, zu hören bekommen. Nach unserem Artikel zur Schimmelprävention schrieb der Redaktion unter anderem Leserin Julia P. aus der Metropolregion-Rhein-Neckar. „Ich Lüfte wirklich richtig und gut, bin zugegebenermaßen sehr verfroren und heize dadurch meine Wohnung richtig ein, habe nicht einmal die Möbel ganz an der Wand stehen und dennoch hatte ich zwei Mal dieses Jahr Schimmel in der Wohnung.“ Es ging sogar so weit, dass nach einer einwöchigen Geschäftsreise eine Baumwolljacke, die über einem Stuhl hing, Stockflecken hatte. Und der Schimmel war auch wieder an einer Ecke im Schlafzimmer. ‚Sie lüften nicht richtig‘ hieß es auch hier lapidar von Vermieterseite. Und der Schimmel musste selbst entfernt werden. Die Konsequenz: Umzug in eine neue Wohnung, älteren Baujahrs, ohne Fassadendämmung. Und: Selbst Stoßlüften – also mit weit aufgerissenen Fenstern, die richtige Raumtemperatur und was es noch zu beachten gilt, reichen offensichtlich nicht aus, um dem Schimmel in so gedämmten, so luftdicht gedämmten Gebäuden Paroli zu bieten.
Dies bestätigte auch Markus Brecht, Geschäftsführer der Energiewerkstatt-Rhein-Neckar und zertifizierter Energieberater, der Frau P. beraten hatte. „Wenn die Bausituation ungünstig ist, meistens bei mit WDVS gedämmten Fassaden, dann hat der Mieter kaum eine Chance einem Schimmelproblem Herr zu werden“. Die Energiewerkstatt Rhein-Neckar lehnt WDVS-Systeme gänzlich ab und ist auf ökologische Gebäudesanierungen spezialisiert und Innovationspreisträger für eine rein ökologische, atmende Innenraumdämmung mit integrierter Wandheizung. Noch ein Tipp vom Fachmann Brecht: Kalkputz, noch besser jener aus Sumpfkalk ist ideal im Kampf gegen Schimmel. Denn er atmet, nimmt Feuchtigkeit auf und gibt diese bei Bedarf ab. Es ist eine schöne Art der Wandgestaltung und gängiger Kalkputz hat einen basischen pH-Wert von 11, Sumpfkalk sogar von 16. Da hat Schimmel keine Chance.
Ärzte warnen vor hohem Gesundheitsrisiko durch stark gedämmte Häuser
Das Deutsche Ärzteblatt warnte bereits 2002 vor einer Zunahme von Allergien bis hin zum Asthma, alles nachweislich durch Wärmedämmungen der Hausfassade und dem fast unausweichlichem Schimmelproblem, berichtete die Welt.
In den USA zeigt man sich konsequent. Wird die Dämmung von Wohnimmobilien mit Polystyrol (Styropor), Polyurethan, und anderen luftdichten Materialien bei uns politisch nach wie vor als ‚Non-Plus-Ultra‘ propagiert, haben einige US-amerikanische Staaten diese Dämmstoffe bereits gesetzlich verboten. Oregon und North Carolina gehören dazu. Initiiert wurde dies durch eine Senatorin, die nach der Dämmung ihres Hauses mehrfach Lungenentzündungen hatte, deren Mann an chronischen Magendarmstörungen litt und ihr Kind an einem Hirntumor erkrankte. Alles eine Ursache des Schimmelbefalls, urteilten ihre Ärzte.
Frisch gebackener Bauherr mit Fassadendämmung aus Polystyrol oder Ähnlichem? Leider muss die Außendämmung voraussichtlich in 20 Jahren erneuert werden. (c) iStockphotos/Thinkstockphotos
Wie sieht die Zukunft der Architektur von Wohnhäusern, Wohnkonzepten und für WDVS aus?
„Zukünftig werden einfaches Bauen und intelligente Konzepte an Bedeutung gewinnen, denn die erhöhte Komplexität in Haustechnik und der Bauelemente ist nicht nur teuer, sondern auch energieintensiv in der Erstellung“ so Architekt Mathias Heinz von pool Architekten. Heinz weiter: „Beim Bestand gilt es bei guter Bausubstanz teure Totalsanierungen zu vermeiden und mit gezielten Eingriffen die Energieeffizienz der Gebäude zu erhöhen.“
Eine Wärmedämmung der Fassade mit Styropor muss in diesem Konzept nicht vorkommen. Denn auch eine atmende Innendämmung, die Optimierung der Heizung und die Unterstützung mittels regenerativen Energien kann selbst eine ‚alte Hütte‘ schnell zum Energiesparschwein machen; selbst ohne kostspieligen Fenstertausch. Dieser benötigt auch etwa 20 bis 25 Jahre Amortisationszeit und ist laut Energiefachmann Markus Brecht völlig inneffektiv, sind zumindest doppelverglaste Fenster bereits vorhanden.
Auch im Neubau gibt es bereits genügend Alternativen. Wie wäre es beispielsweise mit einem baubiologisch völlig unbedenklichen „atmungskativen“, also diffusionsoffenen Haus aus Holz, dessen Rohstoff noch dazu aus nachhaltiger, heimischer Forstwirtschaft stammt? Es gibt bereits einige Architekten und Baufirmen, die unbedenklich bauen und dämmen. Selbst in der kostengünstigen Fertighauskategorie.
Die gesetztlich bevorzugte Dämmungsform kann nicht die Zukunft sein, da sind sich viele Kritiker einig und belegen dies. Das die WDVS auch noch sehr gut brennt, ist längst kein Geheimniss mehr. Das die Chemikalien zum Schutz vor Schmutz oder Algenbildung auf ihrer Oberfläche der Umwelt schaden, leider auch nicht...
Neben Holz gibt es übrigens auch weitere, natürliche Dämmstoffe. Eine Auswahl.
Quellen: www.bkult.de, FAZ.net, Welt.de, energiewerkstatt-rn.de, Leserzuschrift Julia P., www.bw-holzhaus.de
Text: Jürgen Rösemeier