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Essen & Lebensmittel lokal selbst herstellen: Craft Food - Kampf gegen das Fließband
Craft Food ist der neue Essenstrend aus den USA, bei dem es um lokale und handgemachte Lebensmittel geht. Das Essen wird dabei aus regionalen Produkten gekocht und dann auch lokal vertrieben.
Immer mehr Menschen legen Wert auf lokale, nachhaltige Lebensmittel, die abseits der großen Lebensmittelproduzenten wie Nestlé oder Kraftfoods hergestellt werden. Essen wird neuerdings aus lokalen Produkten selbst hergestellt und lokal vertrieben – Craft Food eben.
Hochburg der Craft-Food-Bewegung ist Brooklyn, wo es für zunehmend kritische Kunden immer mehr Delis und Lebensmittelmanufakturen gibt, die sich dem Konzept verschrieben haben, wie Ariane Garrison, Besitzerin des Deli Dépanneur, erklärt: „Eine Vielzahl an kleinen Läden mit selbst gefertigten oder vor Ort gewonnen Produkten eröffneten dort in den letzten Jahren und sind mittlerweile ziemlich erfolgreich.“
Die Auswahl an lokalen Produkten ist groß. © U.S. Department of Agriculture (Commons.Wikimedia, Public Domain)
Das Problem mit dem Essen in der heutigen Zeit
Im 20. Jahrhundert hat sich Essen zusehends von lokaler, ländlicher Produktion und individueller Herstellung direkt am Bauernhof hin zu einer mechanisierten Lebensmittelindustrie verschoben: Zum Beispiel legte Ende des 19. Jahrhunderts ein Großteil der Lebensmittel etwa 80 Kilometer zurück, bis sie auf den Teller kamen, heute hingegen sind es durchschnittlich 2.500 Kilometer bis das Essen beim Endverbraucher angelangt. Und das, was ankommt, wird produziert von riesigen Lebensmittelkonzernen aus aller Welt.
Diese völlige Loslösung der Lebensmittelproduktion vom Verbraucher – vom Esser – ist einer der Kernkritikpunkte der Craft-Food Bewegung!
Man will wissen wo genau das, was man isst, herkommt!
Und man will, dass es aus der Nähe kommt!
Hier gibt es lokales Essen. © kris.layon (Commons.Wikimedia, Public Domain)
Die Bewegung argumentiert, dass Essen, das lokal, in kleineren Mengen produziert wird, gesünder, nachhaltiger – und letztlich menschenfreundlicher ist. Gleichzeitig aber sind die Anhänger überzeugt, lehrt dieser andere Umgang mit Essen auch eine neue Art des Genusses. 'Regional' und 'nachhaltig' sind dabei zu Schlagworten geworden, die für gesundes, umweltverträgliches und auch experimentierfreudiges Essen stehen. Und nicht zuletzt ist die Craft-Food-Bewegung auch ein Ausdruck des 'Zurück zum Ursprung', zur vorindustrialisierten Essensherstellung, die sich in einer sozialkritischen Geste gegen die Vorherrschaft von Konzernriesen wehrt.
Mit dieser Einstellung hat die Bewegung großen (auch ökonomischen) Erfolg – gerade in urbanen Räumen mit ihren allgegenwärtigen Konsumtempeln ist der Bedarf an hochwertigen, unabhängig produzierten Produkten groß. Einer der größten Erfolge aber ist wohl, dass sich die Essens-Hierarchie verschoben hat: 'Importiert' ist kein Qualitätsmerkmal mehr, sondern Lebensmittel mit Bio- und Nachhaltigkeitssiegeln haben den Siegeszug angetreten.
Selbstgemacht schmeckt besser. © Ra Boe / Wikipedia (Commons.Wikimedia, Public Domain)
DIY - Do it yourself
Ihren Namen hat die Bewegung vom Englischen 'Craft' bzw. 'Craft Art' also (Kunst-)Handwerk – und das trifft es ziemlich gut, ist doch das Ziel nicht nur das Selbermachen, sondern auch ein kreativer Umgang mit Essen: Ungewöhnliche Geschmackskombinationen, liebevoll gestaltete Verpackungen und neue Verkaufskonzepte sind die Grundpfeiler der nicht selten aus dem Kunstsektor stammenden (Jung-)Unternehmer.
Genauso wichtig aber ist das gründliche Erlernen des 'Handwerks' – sei es das Herstellen von Ricotta, Honig oder Kaffee: Gut Ding braucht Weile. Die häufig autodidaktisch dem Trial-and-Error-System folgenden Handwerker legen Wert auf die umfassende Aneignung ihrer Kunst – auch wenn das manchmal etwas länger dauert.
Selbst Getränke brauen © Ra Boe / Wikipedia (Commons.Wikimedia, Public Domain)
Besonders populär ist das Craft-Movement auch im Spirituosen Bereich: Wurden zunächst besonders in den USA vor allem Biere in sogenannten 'Micro-Breweries' hergestellt – im Kampf gegen langweilige Import-Massenware – werden heutzutage alle möglichen alkoholischen Getränke von unabhängigen Brennern und Brauern aus lokalen Getreiden und Obst hergestellt: In Berlin gibt es inzwischen sogar das alljährliche Craft-Spirits-Festival 'Destille', bei dem man sich durch alles mögliche Selbstgebrannte durchprobieren kann.
Der Weg zur sozialen Verantwortung
Sei es Craft-Food, Urban-Gardening oder Farm-To-Table: Alle diese Bewegungen haben eines gemeinsam – sie proben den Aufstand gegen die industrialisierte Herstellung von Lebensmitteln, die unseren Alltag bestimmen. Seelenlose Massenprodukte sollen mit beseelten Einzelstücken ersetzt werden und die Gesellschaft zu einem neuen Umgang mit dem täglichen Brot führen.