Ist Bio wirklich Bio? Diesen Bio-Siegeln kannst du noch trauen!
Immer wieder werden Bio-Richtlinien nicht eingehalten und Verbraucher getäuscht. Zu allem Überfluss lockert die Politik nun auch noch die Bedingungen – zu Gunsten des Großhandels. Kann man Bio noch trauen? Wir versuchen diese Frage zu beantworten und geben eine Übersicht der wichtigsten Bio-Siegel.
Vor wenigen Wochen machte ALDI Süd Schlagzeilen als Undercover-Aufnahmen ans Licht kamen, die zeigten, dass ALDI’s Bio-Eier gar nicht bio sind. Zwar sind die Bio-Eier von ALDI mit dem europäischen Bio-Siegel gekennzeichnet, doch die Richtlinien, die für Bio-Eier gelten, wurden von den Betrieben nicht eingehalten. Was Tierschützer auf den Hühnerfarmen vorfanden, war ein Bild des Grauens: Zu viele Hühner auf zu kleinem Raum, kein Auslauf, kein Tageslicht, Stromleitungen in der Nähe der Auslaufklappen und tote Tiere.
Doch das, was im Fall von ALDI Süd noch als Verstoß gegen die Bio-Richtlinien gilt, könnte schon bald zur legalisierten Norm werden. Denn die Politik hat die Bedingungen für Bio-Betriebe in den vergangenen Jahren immer mehr gelockert. In Deutschland dürfen bereits mehrere Herden mit jeweils 3000 Hühnern in einem Gebäude gehalten werden, das durch Trennwände abgegrenzt ist. Außerdem ist es erlaubt, statt sechs - bis zu zwölf Bio-Hennen pro Quadratmeter im Stall zu halten, wenn Volieren und Stahlgestelle vorhanden sind, die zur nutzbaren Fläche dazu gerechnet werden können. Das hat mit idyllischen Bio-Betrieben, wie man sie sich vorstellt, nicht mehr viel zu tun.
Künftig mehr als 12.000 Tiere legal
Und es soll noch weitergehen, denn am 28. Juni hatten sich Vertreter des EU-Parlaments, der Kommission und des Ministerrats auf einen gemeinsamen Reform-Text geeinigt, der die Haltung von maximal 12.000 Hennen pro Bio-Betrieb legalisiert.
„Das hat mit der Kommerzialisierung des Biobereichs zu tun, wo tatsächlich Strukturen eingerissen sind, wo Großbetriebe zusammen mit dem Großhandel das Geschäft zunehmend bestimmen“, sagt Martin Häusling von den Grünen. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt sieht in der Neuregelung der EU-Öko-Verordnung kein Problem, da „die Tierhaltungskriterien entscheidend seien und nicht allein die Besatzungsgröße“, so Schmidt. 12.000 Hennen zusammengepfercht in einem Stall – kann das noch Bio sein?
Ist Bio wirklich noch Bio?
Bio hat eine Trendwelle ausgelöst, auf die auch der Großhandel immer mehr aufspringt.
Nach dem Motto „ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt“ dreht die Politik an den Zahlen und spielt der Industrie damit in die Tasche. Der gute Gedanke, den Bio-Produkte eigentlich verfolgen, verliert dadurch seinen Sinn. „Auch die biologische Produktion ist eine Wirtschaftstätigkeit“, sagt Branchenbeobachter Martin Rücker von Foodwatch. „Da gibt es ebenfalls Probleme, und auch da wird versucht, Verbraucher zu betrügen“, meint der Verbraucherschützer. Bio-Waren seien zwar in mancher Hinsicht die bessere Wahl. Aber: „Auch der Bio-Markt ist ein System, das Lücken hat.“
Die Kritiker sehen in der neuen EU-Öko-Verordnung ebenfalls Betrug am Verbraucher und an den Bio-Bauern. Die kleinen Bio-Bauern, so ihre Befürchtung, würden dadurch in den Ruin getrieben.
Besser auf Bio verzichten?
Also lieber auf Bio verzichten? Nein! Ökologische Produkte sind nach wie vor die bessere Wahl. Wer aber auf Nummer Sicher gehen und Produkte kaufen will, die unter strengeren ökologischen Richtlinien produziert werden, sollte unbedingt auf die unterschiedlichen Bio-Siegel achten und auf Produkte aus privaten Bio-Verbänden zurückgreifen.
Damit du den Überblick im Siegel-Dschungel nicht verlierst, haben wir die fünf wichtigsten Siegel aufgelistet:
Die unterschiedlichen Bio-Siegel
EU-Bio-Siegel | Biokreis | Bioland | Demeter | Naturland | |
Ökologische Herkunft | 95% | 95% | 95% | 95% | 95% |
Teilumstellungen erlaubt, d.h. ein und derselbe Betrieb kann halb konventionell und halb bio sein | Ja | Nein | Nein | Nein | Nein |
Chemische Pflanzenschutz- und Düngemittel | Nein | Nein | Nein | Nein | Nein |
Blutmehl/ Tiermehl/ Knochenmehl | Ja | Nein | Nein | Nein | Nein |
Geschmacksverstärker | Nein | Nein | Nein | Nein | Nein |
Künstliche Aromen | Nein | Nein | Nein | Nein | Nein |
Künstliche Farbstoffe | Nein | Nein | Nein | Nein | Nein |
Nitritpökelsalz | Ja | Ja | Ja | Nein | Ja |
Anzahl Mastschweine (pro ha) | 14 | 10 | 10 | 10 | 10 |
Anzahl Milchkühe/ Mastkälber (pro ha) | 2/5 | 2/5 | 2/5 | 2/5 | 2/5 |
Anzahl Masthühner/ Legehennen (pro ha) | 580/ 230 | 280/ 140 | 280/ 140 | 280/ 140 | 280/ 140 |
Maximale Anzahl der Legehennen pro Stall | Seit dem 28.06.2017 12.000 | 3.000 | 3.000 | 3.000 | 3.000 |
Weidegang/ Auslauf | Ja | Ja | Ja | Ja | Ja |
Anbindehaltung bei Rindern | ist in kleineren Beständen möglich, wenn die Tiere sowohl Sommerweidegang als auch zwei Mal pro Woche Winterauslauf haben, wenn die Boden- und Witterungsbedingungen dies erlauben. | ist in kleineren Beständen möglich, wenn die Tiere sowohl Sommerweidegang als auch zwei Mal pro Woche Winterauslauf haben, wenn die Boden- und Witterungsbedingungen dies erlauben. | ist in kleineren Beständen möglich, wenn die Tiere sowohl Sommerweidegang als auch zwei Mal pro Woche Winterauslauf haben, wenn die Boden- und Witterungsbedingungen dies erlauben. | ist in kleineren Beständen möglich, wenn die Tiere sowohl Sommerweidegang als auch zwei Mal pro Woche Winterauslauf haben, wenn die Boden- und Witterungsbedingungen dies erlauben. | ist in kleineren Beständen möglich, wenn die Tiere sowohl Sommerweidegang als auch zwei Mal pro Woche Winterauslauf haben, wenn die Boden- und Witterungsbedingungen dies erlauben. |
Enthornung von Rindern | Nicht „routinemäßig“ vorgesehen, kann jedoch genehmigt werden und ist damit im Prinzip zulässig | Nicht „routinemäßig“ vorgesehen, kann jedoch genehmigt werden und ist damit im Prinzip zulässig | Nicht „routinemäßig“ vorgesehen, kann jedoch genehmigt werden und ist damit im Prinzip zulässig | Nein | Nicht „routinemäßig“ vorgesehen, kann jedoch genehmigt werden und ist damit im Prinzip zulässig |
Kupieren der Schwänze/ Abkneifen der Zähne/ Einziehen von Nasenringen | Ist nicht routinemäßig erlaubt, kann aber fallweise genehmigt werden | Ist nicht routinemäßig erlaubt, kann aber fallweise genehmigt werden | Ist nicht routinemäßig erlaubt, kann aber fallweise genehmigt werden | Nein | Ist nicht routinemäßig erlaubt, kann aber fallweise genehmigt werden |
Antibiotikagabe | Nur in Ausnahmefällen | Nur in Ausnahmefällen | Nur in Ausnahmefällen. Eine umfassende Liste mit Arzneimitteln, deren Anwendung verboten ist, führt nur Bioland | Nur in Ausnahmefällen | Nur in Ausnahmefällen |
Silagefutter | Ja | erlaubt (nicht ganzjährig & nur anteilig) | erlaubt (nicht ganzjährig & nur anteilig) | Nein | erlaubt (nicht ganzjährig & nur anteilig) |
Konventionelles Mischfutter | Ja | Nein | Nein | Nein | Nein |
Futterzukauf | Ja, max. 80% | Ja, max. 50% | Ja, max. 50% | Ja, max. 50% | Ja, max. 50% |
Entfernung zum Schlachthof | Unter 6 Stunden | Max. 4 Stunden & max. 200km | Max. 4 Stunden & max. 200km | Max. 200km | Max. 4 Stunden & max. 200km |
Ja = erlaubt; Nein = verboten
Anmerkung: Das sechseckige deutsche Bio-Siegel wurde zwar offiziell durch das grüne EU-Bio-Siegel abgelöst, es werden aber weiterhin oft beide Siegel auf den Produkten und Verpackungen verwendet, da das deutsche Bio-Siegel hierzulande großes Vertrauen genießt.
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Quellen: Bilder: Depositphotos/photoraidz, Text: Meike Riebe
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