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Leitungswasser im Glas
Leitungswasser

Was macht die Qualität von Leitungswasser aus?

Einhundertdreißig – diese Zahl rauscht täglich durch unseren Wasserhahn pro Person. Im Vergleich zu den Vorjahren ist der Trinkwasserkonsum in Deutschland deutlich gestiegen. 2019 waren es noch 125 l, 2022 schon 130 l. Konsumieren wir lieber Leitungswasser statt Sprudel und Co. aus Glas und PET-Flaschen? Ja, sagen viele Experten, denn unsere Leitungswasser-Qualität ist gut. Welche Parameter diese Aussage unterstützen, zeigen aktuelle Zahlen und das Abtauchen ins klare Nass.

Wo kommt unser Trinkwasser her?

Circa 70 % des Trinkwassers werden aus Quell- und Grundwasser gewonnen. Die fehlenden 30 % kommen aus Talsperren, Flusswasser oder künstlich generiertem Grundwasser. Regional zeige sich viele Unterschiede, denn in Bayern kommen ca. 75 % des Trinkwasserbedarfes aus Grundwasser, während es in Nordrhein-Westfalen ca. 50 % sind.

Durch die verschiedenen Quellen und Gewinnungsmöglichkeiten unterliegt das Trinkwasser einem nie enden wollenden Kreislauf. Wird es beispielsweise zur Körperpflege genutzt, kommt es aus dem Hahn und wird über den Abfluss in die Kanalisation und von dort aus zur weiteren Aufbereitung geleitet. Laut Wasserexperte Marco Fabian von Vitalhelden.de stehen Kläranlagen und Wasserversorger heutzutage durch Veränderungen im Wasserkreislauf vor großen Herausforderungen, die geforderte Qualität in vielen Regionen einzuhalten.

Was ist im Trinkwasser eigentlich drin?

Grundsätzlich darf das Wasser aus der Leitung knapp 50 festgelegte Grenzwerte für diverse Inhaltsstoffe nicht überschreiten. Hierfür sorgt die Trinkwasseraufbereitung öffentlicher Wasserversorger. Trinkwasser muss demnach rein und genusstauglich sein. In einem Liter Wasser dürfen beispielsweise nicht mehr als 0,01 mg Blei oder 50 mg Nitrat enthalten sein.

Doch Mikroplastik, Nitrat, Pestizide, Arzneimittel und andere Schadstoffe wie polyflourierte Chemikalien aus moderner Industrie, Landwirtschaft und Medizin stellen die öffentliche Wasserversorgung vor Probleme, die herkömmliche und veraltete Aufbereitungstechnik nicht beheben kann. Hinzu kommt das es für nachfolgende regelmäßig nachgewiesene Verunreinigungen es zum Beispiel noch gar keine Grenzwerte in der Trinkwasserverordnung gibt:

  • Falsche Entsorgung oder normale Ausscheidungen (Anti-Baby-Pille in weiblichem Urin) sorgen für Medikamentenrückstände gerade in Ballungsgebieten.
  • Feine Plastikteilchen treten durch polyester-anteilige Kleidung beim Waschen oder durch Abrieb von Produktverpackungen in die Umwelt und somit in den Wasserkreislauf.
  • Hochleistungslandwirtschaft sorgt in einigen Gegenden regelmäßig für eine Überdüngung und den Eintrag von diversen Pflanzenschutzmitteln in das Grundwasser.

Wasser in Händen

Es sieht klar und rein aus, doch Leitungswasser kann durch Rückstände schädlicher Substanzen belastet sein.

Nitratwerten in Deutschland steigen: EU fordert Handlungen

In den letzten Jahren sind vor allem die Nitratwerte im Trinkwasser in vielen Regionen rasant gestiegen. Immer wieder erreichten sie das Niveau der Richtwerte und lagen sogar vereinzelt darüber. Brüssel rügte die Bundesrepublik bereits dafür und forderte sie zum aktiven Handeln gegen die hohe Nitratbelastung im Grundwasser auf.

Woher kommt der plötzliche Anstieg? Vor allem Dünge- und Pflanzenschutzmittel sind Ursache dafür, warum der Nitratgehalt im Boden und im Grundwasser steigt. Um ihre Ernte für Getreide, Gemüse und Obst möglichst effizient zu gestalten und den wachsenden Wetterkapriolen zu trotzen, nutzen viele Landwirte verstärkt solche Hilfsmittel. Mittlerweile gab es sogar ein Verbot für phosphat- und stickstoffhaltige Dünger. Ziel ist es, die Schadstoffbelastung im Boden zu minimieren, da aus dem EU-Parlament sonst eine Klage gegen Deutschland droht.

Immer mehr Arzneimittelrückstände im Grundwasser

Experten beobachten mit großer Sorge auch immer mehr Rückstände von Arzneimitteln in unserem Grundwasser. Einige Stoffe, häufig aus Rheuma- und Schmerzmitteln, sind wasserlöslich und halten sich deshalb deutlich länger. Sie aus dem Trinkwasser herauszufiltern, ist für Aufbereitungsanlagen äußerst schwierig. Flüssige Arzneimittel oder unbenutzte Tabletten, die unbedacht in der Toilettenspülung entsorgt werden, gelangen ungehindert in das Grundwasser. Auch sie können nur dank innovativer Technik aufgespürt und gefiltert werden.

Alte Rohrleitungen bedrohen unsere Trinkwasserqualität

Neben den Dünge- und Arzneimitteln gibt es noch einen natürlichen Feind des Trinkwassers, den viele gar nicht kennen: Bleirohre. Sie wurden vor allem in Immobilien am Anfang des 19. Jahrhunderts verbaut und waren auch bis 1973 in Deutschland völlig gebräuchliches Baumaterial. Immer noch sind viele Häuser mit ihnen ausgestattet und bringen unbemerkt Schadstoffe in das Trinkwasser. Fließt es durch die Leitung, können sich Schwermetalle aus den Rohren darin anreichern und als Blut- und Nervengift fungieren.

Solche Schwermetallbelastungen im Trinkwasser durch Blei (aber auch Kupfer) sind vor allem für Schwangere, Kleinkinder und Säuglinge besonders gefährlich. Laut Gesetz müssen Gebäudeeigentümer die Rohre bei Überschreitung der Grenzwerte (maximal 0,01 mg Blei/1 l Trinkwasser) austauschen.

Wasser aus Plastik- und Glasflasche

Wasser aus Plastikflaschen gilt es zu vermeiden. Besser ist Mineralwasser aus Glasflaschen oder Leitungswasser. 

Radioaktivität im Trinkwasser: Keine ernsthaften Gefahren

Auch Uran kann sich im Trinkwasser wiederfinden, regional ebenfalls unterschiedlich. Das Bundesinstitut für Risikobewertung legte 2006 einen Uran-Grenzwert für das Trinkwasser fest: 2 μg/l. Wird diese Hürde überschritten, sind die örtlichen Trinkwasserversorger zum Handeln gezwungen und müssen es melden und ihre Filterbemühungen verstärken.

Experten sehen den Grenzwert als unbedenklich, denn die gesamte natürliche Strahlenbelastung in der Bundesrepublik liegt bei ca. 2,1 Millisievert jährlich. Für den menschlichen Körper sind solche geringen Mengen unbedenklich, trotzdem sollten vor allem vorgeschädigte Personen beim Trinkwasserverzehr achtgeben. Patienten oder Säuglinge beispielsweise können schon bei einer geringen Uranbelastung im Wasser (schwerwiegende) Schäden davontragen.

Selbst für eine verbesserte Trinkwasserqualität sorgen: 4 Tipps für den Alltag

1. Wir alle bestimmen mit unserem Verhalten die Qualität des Trinkwassers maßgeblich mit. Zu viel Waschmittel beispielsweise erhöht die Anzahl der in das Grundwasser gespielten Tenside und erschwert den Filtervorgang. Meist reicht es aus, nur eine geringe Waschmittelmenge einzufüllen, statt die Kappe bis oben hin vollzumachen.

2. Die Toilette sollte niemals als Abfalleimer für Medikamente, Chemikalien oder Farbreste dienen. Besser ist eine Entsorgung beim örtlichen Wertstoffhof für eine fachgerechte Entsorgung.

3. Strahlregler an Wasserhähnen sollten mehrmals im Jahr von Kalk befreit und gereinigt werden. Hygienische Handhabung kann Wachstum von schädlichen Keimen vermeiden.

4. Leitungsgebundene Wasserfilter können viele Verunreinigungen sowie störende Geruchs- und Geschmackstoffe entnehmen und so den Trinkgenuss deutlich erhören.

Ist Mineralwasser Lösung gegen alle Verunreinigungen im Leitungswasser?

In Deutschland kann das Leitungswasser in den meisten Regionen bedenkenlos getrunken werden. Trotzdem möchten viele Verbraucher darauf nicht vertrauen und bevorzugen Mineralwasser. Wer das Tragen der Laschen in Kauf nimmt, sollte auch an die Klimabelastung denken, denn sie ist bei Mineralwasser bis 1.000-fach höher als beim Leitungswasser.

Außerdem können Plastikflaschen, insbesondere wenn Sie Wärme und Sonnenlicht ausgesetzt sind, bedenkliche Stoffe abgeben, die dann beim Trinken aufgenommen werden. Besser sind Glasflaschen, auch weil sie sich wiederverwenden lassen.

Quellen: Bilder: Pixabay.com © drfuenteshernandez, Depositphotos/SonSam, april_89, Text: red