Investieren Sie ihr Geld nachhaltig
Da nachhaltiges Investieren immer mehr an Interesse auch bei Anlegereinsteiger:innen gewinnt, steigt auch die Zahl und Vielfalt entsprechender Fonds. Mit nachhaltigen Investments wollen Anleger:innen positive Auswirkungen auf Gesellschaft und Umwelt erzielen. Wie funktioniert das konkret? Kann ich als Privatanleger:in bereits mit einem vergleichsweise geringen Betrag in grüne Kapitalanlagen investieren? Ulrike Stöckle, Herausgeberin von ecowoman, hat bei der Triodos Bank, Europas führender Nachhaltigkeitsbank, nachgefragt.
1. Wieso ist das Thema nachhaltiges Investieren gerade so präsent in den Medien und erfährt einen regelrechten Boom?
Das Thema nachhaltiges Investieren ist schon länger in der Gesellschaft angekommen, so dass sich natürlich auch viele Privatanleger:innen damit beschäftigen. Denn, um etwa der Klimakrise etwas entgegenzusetzen, braucht es sehr viel Kapital, das nachhaltig investiert wird. Allerdings wird so langsam auch klar, dass es in diesem Bereich eine sehr große Bandbreite an Anlageangeboten gibt, die von Greenwashing über hellgrüne Ansätze bis zu tiefgreifenden dunkelgrünen Ansätzen gehen. Die Menschen interessieren sich immer mehr für das Thema und möchten genau wissen, wie sie erkennbar nachhaltig Geld anlegen können. Dabei möchten sie in vielen Fällen nicht schablonenartig nach ESG-Kriterien ihr Kapital anlegen, sondern schauen genau nach, was der Impact, also die Wirkung der Geldanlage, dann auch in der realen Wirtschaft sein wird/kann.
Als Standard nachhaltiger Anlagen hat sich die Begrifflichkeit „ESG“ etabliert. Diese drei Buchstaben beschreiben drei nachhaltigkeitsbezogene Verantwortungsbereiche von Unternehmen. ESG steht für Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung). Diese Kategorisierung kann helfen, in einem ersten Schritt zu schauen, welche Fonds darauf Wert legen. Wenn es einen Fonds gibt, dessen Kapital nach diesen Kriterien angelegt wird, dann ist das ein erstes Indiz dafür, dass es sich um einen nachhaltigen Fonds handeln könnte. Aber wie nachhaltig dieser dann im Detail ist, sollte man sehr genau analysieren und prüfen.
Bei der Zusammenstellung eines nachhaltigen Investmentportfolios geben die ESG-Kriterien eine erste Orientierung, da dadurch bestimmte Unternehmen oder gar Branchen mit schlechten ESG-Werten ausgeschlossen werden (sog. Negative Screening). Dieses Ausschlussprinzip ist eine gängige Form der Umsetzung von ESG-Kriterien. Zu den in Deutschland am häufigsten genannten Ausschlusskriterien zählen z.B. die Produktion und der Handel von Waffen, Menschenrechts- und Arbeitsrechtsverletzungen, Glücksspiel, Korruption und Bestechung, Tabak, Alkohol, Kernenergie und Umweltzerstörung.
2. Welche Hilfestellung gibt es bei der Auswahl einer nachhaltigen Kapitalanlage?
Zunächst ist es wichtig Vorbehalte zu überwinden und nach der Lektüre von Prospekten und weiteren Informationsmaterialien, die gemäß den gesetzlichen Regelungen Anleger:innen zur Verfügung gestellt werden, anzufangen zu investieren - denn von nichts kommt nichts. Dabei sollte man sich darüber klar werden, was genau man unter dem Begriff Nachhaltigkeit versteht. Es gilt für sich selbst zu entscheiden, welcher Aspekt der Nachhaltigkeit einem persönlich wichtig ist. Ist mir etwa die soziale Komponente wichtiger als die ökologische?
Noch gibt es am Kapitalmarkt keine allgemein gültige Definition von Nachhaltigkeit. Immerhin gibt es bereits Hinweise und Siegel zur besseren Orientierung, wie zum Beispiel das FNG-Siegel, das ein Qualitätsstandard für nachhaltige Geldanlagen ist und Anlagen nach dem Sternen-Prinzip bewertet. Das FNG-3-Sterne-Rating ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass es sich hier um einen besonders nachhaltigen Fonds handelt. Das FNG-Siegel gibt eine gute Orientierung auf dem deutschsprachigen Finanzmarkt und kann als Entscheidungsgrundlage dienen.
Bei vielen Anleger:innen beliebt sind sog. Exchange Traded Funds (ETFs). Es gibt sie inzwischen auch in nachhaltigen Varianten. Doch insbesondere bei ETFs sollte man ganz genau hinsehen. Denn die meisten von ihnen sind nur auf den ersten Blick nachhaltig. Ein Beispiel: Um als nachhaltig zu gelten, wird bei ETFs oft das sog. Best-in-Class-Verfahren angewendet, das die schlechtesten Unternehmen einer Branche aussiebt, unabhängig davon wie nachhaltig der verbleibende Rest ist. Hand aufs Herz – ist ein ETF, der in den „besten“ Ölkonzern investiert, wirklich nachhaltig?
3. Wie groß ist das Risiko beim nachhaltigen Investieren und wie kann eine Risikostreuung gelingen?
Risiken beim Anlegen in jegliche Wertpapiere, ob Aktien oder Fonds, sind immer da. Im schlimmsten Fall kann man sein investiertes Geld komplett verlieren. Deshalb ist es sinnvoll, nur den Anteil des Vermögens zu investieren, auf den man längerfristig verzichten kann.
Was das Risiko betrifft, unterscheiden sich nachhaltige Investments nicht von konventionellen Geldanlagen. Die Vergangenheit hat jedoch öfter gezeigt, dass das Risiko-Rendite-Verhältnis im Vergleich bei nachhaltigen Investments etwas geringer sein kann. Ursache dafür sind die sog. transitorischen Risiken, also Risiken, die eine indirekte und/oder verzögerte Wirkung auslösen. Denn, um die Klimakrise zu stoppen, müssen viele Unternehmen ihre Art des Wirtschaftens umstellen und klimafreundlicher produzieren.
4. Weitersparen oder investieren?
Zunächst ist es wichtig, sich einen Notgroschen für unvorhersehbare Kosten zurücklegen. Darüber hinaus kann es nützlich sein, ein Haushaltsbuch zu führen, um zu schauen, wo genau das Geld hinfließt und wo Einsparpotentiale liegen, die Gelder für Investitionen freigeben können. Übrigens: Die Deutschen sparen in der Corona-Krise so viel Geld an wie nie. Da ein Giro- und/oder Tagesgeldkonto jedoch momentan wenig bis keine Zinsen bringen, oder gar u.U. Negativzinsen anfallen, kann es sinnvoll sein, das Ersparte zu investieren. Da aber mit dem Investieren je nach Anlageform erhebliche Risiken einher gehen können, sollte man nur das Geld investieren, das im Alltag nicht gebraucht wird. Etabliert hat sich die Faustformel, nach der man zunächst drei bis vier Nettomonatsgehälter auf einem Tagesgeldkonto als Notgroschen „parken“ sollte. Das Geld dient als Puffer für unerwartete Kosten – etwa, wenn die Waschmaschine kaputt geht oder das Auto nicht mehr anspringt.
Alles, was neben den laufenden Lebenshaltungskosten und dem Notgroschen übrigbleibt, könnte investiert werden. Fondssparpläne lohnen sich dabei auch schon mit kleinen Summen. Die meisten Anbieter verlangen lediglich ein Mindestinvestment von 25 bis 75 Euro pro Monat. Im Rückblick hat sich dies oftmals gelohnt, wie das folgende Beispiel zeigt: Aus 50 Euro monatlichem Dax-Investment seit 1991 wären bis heute 64.735,59 Euro geworden – 72 Prozent davon Rendite. Die Vergangenheit lässt jedoch nie Rückschlüsse auf die Zukunft zu. Aber sie hat gezeigt, dass Anleger:innen mit einem langen Anlagehorizont auch wirtschaftliche Krisen überwinden konnten, weil die Kurse sich danach wieder erholten.
Unter www.nachhaltiger-warenkorb.de/themenbereiche/sparen-und-finanzen/ziele/alle-ziele finden sie eine sehr hilfreiche Serviceseite zum Thema Sparen & Finanzen.
Quellen: Bilder: Depositphotos/phoomrat2012@gmail.com, megaflopp, BiancoBlue, Text: Ulrike Stöckle
- Finanzen
- Geld
- Geldanlage